Wann sollte man über Horror-Filme sprechen, wenn nicht an Halloween? Unser Autor Jan gibt sich der Lust am Grusel hin und stellt seine Top 10 Horrorfilme vor.
Bevor wir loslegen eine kleine Definition des Horrorbegriffes. Denn diese ist entscheidend für die Frage, welche Filme hier überhaupt in Betracht gezogen werden. Kennzeichnend für das Horror-Genre ist natürlich in erster Linie, dass die Werke beim Zuschauer Angst und wahlweise auch Ekel, Schauer oder Schrecken evozieren sollen.
Doch nicht alles, was gruselig, brutal oder ekelerregend ist, ist automatisch Horror. Das zweite Kriterium ist daher für diese Auswahl, dass Protagonisten und damit auch Zuschauer mit einer Bedrohung konfrontiert werden, die mysteriös ist, die man nicht einschätzen kann und die nach fremden, uns nicht zugänglichen Motiven handelt. Dies kann ein Killer, ein Monster oder ein Dämon sein.
Paradebeispiel: „Das Schweigen der Lämmer“ wäre nach meiner Definition kein Horror, da wir den
Täter sehr früh verfolgen können und seine Motive sogar noch erklärt bekommen. Das Genre wäre hier Thriller oder auch Krimi. „Halloween“ hingegen ist eindeutig ein Horror-Streifen, da Michael Myers‘ Vorgehen für Zuschauer und Protagonisten nicht zu ergründen sind.
Und damit geht es nun auch schon los. Viel Spaß mit dem Ranking!
10. A Quiet Place (2018)
Wir starten mit dem neusten Film in diesem Ranking. Diese Idee war echt mal frisch: Ein Horrorfilm,
der die Angst in den Fokus stellt, ein Geräusch zu verursachen, wenn man sich vor etwas fürchtet. Mittel der Wahl sind blutrünstige Aliens, die einen Großteil der Menschheit ausgelöscht haben, über deren Hintergrund aber ansonsten nicht viel bekannt ist.
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Sie sind anscheinend unzerstörbar und rasend schnell. Sie sind blind, haben aber dafür das absolute Gehör. Nachvollziehbar daher, dass eine Familie zu den Überlebenden zählt, die die Gebärdensprache beherrscht.
Das bedeutet, unsere Protagonisten um Emily Blunt schweigen über die meiste Zeit des Films. Der erste Akt zeigt, wie die Familie ihren Alltag in Zeiten der erforderlichen Geräuschlosigkeit organisiert hat. Das Evelyn (Blunt) hoch schwanger ist, macht die Situation nicht einfacher.
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Wie gestaltet man Niederkunft und Wochenbett, wenn man beim kleinsten Geräusch von Monstern gekillt wird? Der Nährboden ist also bereitet für jede Menge Adrenalin. Ach ja: Die Aliens sind hervorragend designt.
9. 10 Cloverfield Lane (2016)
Geniale Entscheidung von J.J. Abrams, acht Jahre nach dem bemerkenswerten ersten Cloverfield-Film eine lose Anknüpfung zu produzieren, die nicht im Found-Footage- sondern im konventionellen Stil gedreht ist und eine unabhängige Geschichte aus dem gleichen Film-Universum erzählt.
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Von dem Ungetüm, das Manhattan verwüstet, bekommen wir diesmal nichts zu sehen. Dafür aber viel von John Goodman, der uns diesmal nicht zum Lachen bringt, sondern uns als tyrannischer Prepper Howard einschüchtert.
Und so auch seine beiden Mitinsassen Michelle (Mary Elizabeth Winstead) und Emmett (John Gallagher Jr.). Sie hegen zunehmend Zweifel an Howards Erzählungen von der radioaktiven Verseuchung, trauen sich jedoch nicht, seinen Bunker zu verlassen. Zu stark, zu brutal und zu unberechenbar wirkt der ältere, fettleibige Howard.
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Im Schlussdrittel erlebt dieses vormalige Kammerspiel noch eine harte Zäsur und Fans des Action- und Monster-lastigen Horror-Subgenres kommen noch auf ihre Kosten. Eine ganze Menge drin in diesem Überraschungsei, das Mitte der Nuller-Jahre recht kurzfristig angekündigt wurde.
8. Blair Witch Project (1999)
Dieser Film hat das Found-Footage-Stilmittel quasi erfunden, das in der Folge jahrelang der letzte
Schrei war und bis heute so manch starken Ableger hervorgebracht hat. Allein deshalb gebührt ihm
ein Platz in dieser Liste.
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Darüber hinaus muss man die schier geniale Marketing-Kampagne loben, mit der zwei Filmstudenten damals einen Großteil des Publikums lange glauben ließen, es handle sich tatsächlich um die Camcorder-Aufnahmen dreier vermisster junger Leute, die sich auf die Suche nach der sagenumwobenen Blair Witch gemacht haben.
Der Grusel entsteht hier vor allem durch die Unmittelbarkeit und verdankt dies natürlich in erster Linie der überzeugenden Darstellung der drei Schauspieler. Würde man ihnen die langsam aufkeimende und immer größer werdende Panik nicht abkaufen, dann würde diesen Film heute kein Mensch mehr kennen.
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Darüber hinaus ist die Kulisse das entscheidende Stilmittel, deren Wirkung die Regisseure effektiv einzusetzen verstehen: Den Wald. Wer sich einmal im November in den Abendstunden hinaus begibt, der kann die Atmosphäre nachspüren, die „Blair Witch Project“ verbreitet.
7. Der Nebel (2007)
Der von mir hoch verehrte Stephen King hat einen schier unendlichen Fundus an großartigen Geschichten vorzuweisen, doch nur von wenigen gibt es gute Verfilmungen. „Der Nebel“ ist eine davon. Frank Darabont hatte bereits die beiden großartigen, auf King-Vorlagen basierenden Gefängnis-Dramen „Die Verurteilten“ und „The Green Mile“ verfilmt. Die Kombination passt also offensichtlich.
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„Der Nebel“ zieht in der für Fans nur allzu bekannten Kleinstadt Castle Rock in Maine auf. Warum auch immer beherbergt er abscheuliche, riesenhafte Kreaturen, die der Bevölkerung richtig übel mitspielen. Die Überlebenden verschanzen sich in einer Mall, doch schon bald kommt die Bedrohung nicht nur von außen.
Denn King weiß genau: Wann immer Menschen sich bedroht fühlen, schlägt die Stunde der Fundamentalisten und der Radikalen. Sie nutzen die Unsicherheit, um Zwietracht zu sähen und Nährboden für ihre kranken Ideen zu bereiten.
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Das Haupt-Augenmerk liegt dennoch auf Monstern, bei deren Anblick einem schlecht wird. Der Film liefert ebenso wie die Literatur-Vorlage, bestenfalls Andeutungen aber keine Erklärung, warum der Nebel sie ausspuckt. Und er tut gut daran.
6. Ring (2002)
Ein Videoband, das dich tötet, wenn du es anschaust – das war die einzige Information, mit der ich damals ins Kino gegangen bin. Das japanische Original habe ich erst viele Jahre später gesehen. Es sollte kein gewöhnlicher Kinobesuch werden. „Ich kann einfach ihr Gesicht nicht vergessen“, sagt ein Charakter über die erste Leiche.
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Und selbst nach 20 Jahren kann es auch der Rezensent nicht. Sei es das verstörende Video oder der gruselige Auftritt des wie immer großartigen Brian Cox als Samaras Vater – „Ring“ riss einen damals mit in einen mentalen Abwärtsstrudel, aus dem es kein Entkommen zu geben schien.
Und dann ist da natürlich noch das schockierende Finale. In einer Zeit, als überraschende Plot-Twists
noch nicht zum Standard-Handgepäck eines jeden Gruselfilms gehörten, hat uns das damals tatsächlich kalt erwischt. Schließlich war man doch dankbar über ein vermeintlich versöhnliches Ende eines ohnehin schon nervenaufreibenden Films.
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Oft genug fröne ich auf kinomeister ja meiner Ressentiments gegenüber digitalen Effekten. Aber nur, weil sie eben in den meisten Fällen nicht derart grandios aussehen, wie in dieser 20 Jahre alten Szene.
5. The Witch (2015)
An dieser Stelle muss der geschätzte Kollege Ilija Glavas zitiert werden, der treffend feststellte, dass Robert Eggers Filme wirken, „als wären sie aus der Epoche, in der sie spielen, ausgegraben worden, und das Zelluloid sei vom Schmutz unter den Fingernägeln und Salzlauge durchtränkt.“
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Diese Authentizität kreiert auch die einzigartig schaurige Atmosphäre in The Witch, der im englischen
Original mit zwei VV geschrieben und um den stimmungsvollen Beinamen „A New-England Folktale“ ergänzt wird.
Eine streng gläubige Pioniers-Familie wird an der noch kaum erschlossenen amerikanischen Ostküste aus der Gemeinde verstoßen und errichtet ihre Unterkunft direkt am Waldrand.
Ohne jeglichen Beistand der Wildnis ausgesetzt, muss man bald erkennen, dass nicht alle dort lebenden Kreaturen derart Gottesfürchtig sind.
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Hat man eine gewisse Szene von markerschütternder Brutalität verdaut, so leidet man im Folgenden eher bei dem subtilen Possenspiel mit, das wer auch immer mit der bemitleidenswerten Familie zu treiben scheint. Natürlich ist auch untereinander nicht alles im Reinen.
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In kurzer Erzähldauer lernen wir einige Familienmitglieder gut kennen, andere bleiben mysteriös. Verschiedene Beziehungsgeflechte und Themen wir Eifersucht, Adoleszenz und der Kontrast letzterer zum puritanischen Lebensentwurf ergeben dieses vielschichtige und stimmungsvolle Meisterwerk.
4. Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (1979)
Die letzten vier Filme dieses Rankings – das sei versprochen – sind allesamt Klassiker, die das Kino über die Genre-Grenzen hinaus bewegt haben. Innerhalb des Alien-Franchises bevorzugen manche Fans den zweiten Teil von James Cameron. Klar, der Boss-Fight zwischen Ripley und der Königin ist episch. Für mich geht trotzdem nichts über den Ur-Titel.
In dieser Mutter des Sci-Fi-Horrors hat Ridley Scott nicht nur mit Ripley (Sigourney Weaver) die erste weibliche Actionprotagonistin der Kinogeschichte erschaffen, sondern auch die einzigartige klaustrophobische Atmosphäre, an der sich seither alle düsteren Weltraum-Filme messen lassen müssen.
Im ersten Akt lernen wir die Crew der Nostromo kennen und schon hier ist es ein Erfolg von Scott,
Charaktere zu etablieren, die dem Zuschauer eben nicht egal sind. Das Herzklopfen beginnt aber natürlich mit der Landung auf LV-426. Wie sich herausstellt, war das Signal kein Hilferuf, sondern eine Warnung: „Kommt nicht hierher“.
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Gleichzeitig steckten wirtschaftliche Interessen der Weyland Corporation dahinter, die Crew eben doch dort landen zu lassen. Der Film benötigt nur wenige Story- Elemente, doch diese sind eben stimmig. Was der Film auch nicht benötigt, sind digitale Effekte oder ein gewaltiges Budget. Scott sagte mal, dass das Alien deshalb nur so wenig Screentime hat, weil viele Szenen mit dem verkleideten Darsteller lächerlich ausgesehen hätten.
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Doch wir müssen das Biest gar nicht öfter sehen, um Angst vor ihm zu haben – im Gegenteil. Visuell hat allerdings HR Giger den Oscar, den er für seine Arbeit an diesem Film erhielt, mehr als verdient. Die ikonische bio-maschinelle Ästhetik, die sowohl die Alien- Spezies als auch das mysteriöse Raumschiff kennzeichnet, das von ihr befallen wurde, ist mittlerweile unverkennbarer Teil der Populärkultur.
3. Der weiße Hai (1975)
Von der beklemmenden Weltraumatmosphäre ins wunderschöne Strand-Setting der US-Atlantikküste. Unterschiedlicher könnten die Voraussetzungen nicht sein, doch wie Scotts außerirdischer Lebensform hat auch Spielbergs Meeresungeheuer recht wenig Screen Time in seinem eigenen Film. Da die technischen Mittel begrenzt waren, mussten beide Regisseure ihre Fantasie gebrauchen – etwas, was in heutigen Produktionen allzu oft auf der Strecke bleibt.
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Und beide wussten, was das Wort „Suspense“ bedeutet. Spielberg hatte dafür noch einen riesigen Trumpf im Ärmel: Den fantastischen Score von John Williams. Der Großmeister der Filmmusik erlebte hier seinen Durchbruch. Außerdem macht sich der Film eine Urangst von Menschen zu Nutze: Nicht zu wissen, was in der Tiefe lauert. Und dass, obwohl man doch eigentlich eine erholsame Zeit erleben möchte.
Dieser Kontrast zieht sich auch durch den gesamten Film und zwar bis in die gesellschaftliche Ebene. Nachdem der Hai seine ersten Opfer zerfleischt hat, drängt Polizeichef Brody (Roy Scheider) – der trotz seines Einsatz- und Lebensortes Angst vor Wasser hat – auf die Schließung der Strände. Und das mitten in der Saison. Dagegen regt sich Widerstand, denn hier geht es um eine Menge Geld.
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Ohne die „Sommerdollars“ läuft nicht viel im fiktiven Badeörtchen Amity. Die Situation muss natürlich erst eskalieren, bis das so heterogene Gespann aus Brody, dem grimmigen Haijäger Quint (Robert Shaw) und dem Meeresbiologen Hooper (Richard Dreyfuss) aufbricht, um das scheinbar übernatürliche Monstrum zur Strecke zu bringen. Die finale Konfrontation streckt sich über mehrere Tage und ist in all ihren Bestandteilen bis heute unerreicht.
2. Shining (1980)
Stephen King zum Zweiten. Bis heute ist es mir unverständlich, warum der Großmeister der Horror-
Literatur die ohne Zweifel beste Verfilmung zumindest seiner Horror-Romane nicht mag. Die wenigen, kryptischen Aussagen, die dazu von ihm zu lesen waren, überzeugen in ihrer Argumentation nicht.
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Der Transparenz halber muss hier aber noch angeführt werden, dass der gleichnamige Roman nach wie vor auf meiner Pipeline der noch zu lesenden King-Romane steht. Nicht so ganz einfach, wenn man den Film bereits kennt. Ein Blick ins Internet verrät, der Autor sei unter anderem unzufrieden über die Dominanz von Jack Nicholson, die das Overlook-Hotel, das ja eigentlich die maximal böse Instanz sei, in den Hintergrund dränge.
In der Tat, Nicholsons Darbietung in diesem Film ist geradezu epochal. Aber wie könnte man es Stanley Kubrick übelnehmen, dass er diese Leistung aus dem Hauptdarsteller herausgekitzelt hat? Im Zweifel muss die Treue zur Vorlage hier eindeutig zurückstehen. Darüber hinaus verbreitet das entlegene Hotel und alles, was sonst so da drinnen geschieht, sehr wohl Angst. Und sieht dabei einfach grandios aus.
Optisch passt hier einfach alles – jede Szene, jeder Effekt. Wie etwa kann ein One-Shot eines Dreirad fahrenden Jungen derart verstörend wirken? Oder natürlich Nicholson himself, der durch die Türsplitter schaut – legendär. Auf der Handlungsebene ist insbesondere die Tatsache, dass es auf viele Fragen einfach keine Antwort gibt, besonders effektvoll. Wer den Film gesehen hat, weiß was ich meine.
1. Der Exorzist (1973)
Über allen thront dieses Meisterwerk von William Friedkin.
Schon das Filmplakat gehört genreübergreifend zu den großartigsten Plakaten überhaupt. Und auch im Bewegtbild passt einfach alles zusammen. Sowohl Pater Karras (Jason Miller) als auch die bemitleidenswerte Regan (Linda Blair) bieten ein hohes Identifikationspotential.
Karras‘ Hintergrund-Story um seine pflegebedürftige Mutter lässt sich sehr gut nachvollziehen und wie Regan sukzessive von dem Dämon vereinnahmt wird, ist meisterhaft aufgebaut. Obwohl dies der älteste Film der Liste ist, sind Optik und Akustik so furchterregend wie nie mehr ein
anderer Film.
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Der dramatische Auftritt von Pater Merrin (Max von Sydow) ist ein echter Hoffnungsschimmer in dieser scheinbar ausweglosen Situation. Einer der epischeren Momente der Filmgeschichte. Doch der Dämon verspottet die geistlichen, die mit so großer Überzeugung ihre Rituale vollziehen.
Dieser Film verbreitet eine schaurige Atmosphäre wie kein zweiter und spielt nebenbei ganz leichtfüßig mit der Adoleszenz-Thematik. Was könnte Menschen mehr Angst einjagen?
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