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Das Plakat zur Berlinale 2024

Berlinale: Sektion Generation – Weltpremiere

Inhalt: Sieger sein, das möchte die Mädchenfußballmannschaft der 7. Weddinger Schule. Doch es hapert an der wichtigsten Sache: Teamgeist. Da stößt Mona zu der Mannschaft dazu, welche vielleicht noch nicht perfekt deutsch sprechen kann, dafür umso treffsicherer den Ball vor dem Tor hält. Die anderen Mädchen jedoch betrachten sie als Außenseiterin.

Mona hat zu kämpfen mit den typischen Vorurteilen gegen Flüchtlinge und geht damit auf ihre Art um. Sie zeigt Respekt vor ihren Lehrern, sie begegnet jedem Mitschüler freundlich und hilfsbereit und lässt sich aber nichts sagen. Vor allem nicht das sie nicht in die Mannschaft gehöre. Doch das Konfliktpotenzial ist da und plötzlich steht die Frage im Raum, ob die Mädchenmannschaft überhaupt noch beim Turnier antreten darf.

© DCM

FILM KRITIK

Eine Nachwuchsregiearbeit, wie man meinen könnte, doch Soleen Yusef war bereits 2012 mit ihrem Debüt auf der Berlinale vertreten. Und seitdem hat sie auch an internationalen Produktionen gearbeitet. „Sieger Sein“ ist ein multikultureller Film, der Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur zusammenbringt und ihre unterschiedlichen Geschichten beleuchtet. Doch schon zu Beginn des Films wird klar, dass Yusef, als ausgesprochen junge Frau, bereits in der Filmbranche arbeitet.

Mit coolen Schnitten und einem taffen Tempo, das stark an den letztjährigen Berlinale-Beitrag „Sonne und Beton“ erinnert. Auch die 4. Wand wird durchbrochen und das konsequent. Das verschafft vor allem dem jüngeren Publikum einen Zugang zur Hauptfigur, den viele Filme in dieser Form nicht hinbekommen. Man hat das Gefühl, dass Yusef ihre Hauptfigur Mona den Film tragen lässt, vergleichbar mit einem Social-Media-Star.

Berlinale 2024 „A Different Man“

Es sind nicht nur die direkten Ansprachen an das Publikum, die sich durch den Film ziehen, sondern auch einzelne Gesten wie das Wegschieben der Kamera mit der Hand als Übergang zur nächsten Szene. Leider verfällt Mona in ihren Monologen an das Publikum immer wieder in einen starken Erklärungsmodus.

Man hat das Gefühl, in einer Unterrichtsstunde zum Thema Demokratie zu sitzen, während nicht nur der Konflikt in Syrien, sondern auch die Konzepte von Diktatur und Anarchie diskutiert werden. Für ein junges Publikum ist das sehr anschaulich, aber als Film, der auch Erwachsene ansprechen mag, eher schwierig.

SIEGER SEIN
© DCM

Zwischen „Sonne und Beton“ und „Bibi und Tina“

Im weiteren Verlauf des Films bekommt man das Gefühl, dass Detlev Buck als Produzent mehr Einfluss auf das Werk genommen hat, als ihm gut getan hätte. Denn während wir die „harte“ Komponente des Films nur in wenigen Szenen erleben dürfen, besitzt der andere Teil einen starken „Bibi und Tina – Mädchen gegen Jungs“ Charakter.

Berlinale 2024 Film Kritik „Small Things Like These“

Aber das Thema des Films ist eigentlich zu ernst für diese Erzählweise, selbst um in der jugendfreien Sphäre zu bleiben. Also fangen die Jungs an, den Mädchen Streiche zu spielen und umgekehrt. Die Streiche nehmen dann ein Ausmaß an, das sehr unrealistisch ist. Yusef scheint sich ein wenig von ihren eigenen Ideen mitreißen zu lassen, was den Film leider manchmal lächerlich wirken lässt.

Ganz zu schweigen von drei Jungs, welche scheinbar eine eigene Mannschaft haben, jedoch nur im dreier Gespann auftauchen. Hier versucht der Film, typisch einer deutschen Komödie, durch dumme Sprüche und Witze, lustig zu wirken. Das wiederum nur die Figuren dämlich erscheinen lässt.

BERLINALE 2024
© Internationale Filmfestspiele Berlin

Wendungen funktionieren nicht

Das ist schade, denn selbst Figuren wie Jasmin, die wirklich gut gespielt wird, wirken nicht ihrem Alter entsprechend und sind eher der Chantal aus „Fuck Ju Göhte“ nachempfunden. Und dann gibt es noch einige besonders überflüssige Auftritte. Allen voran Ceci Chu, die die Turniere als Kommentatorin begleitet.

Doch der für sie geschriebene Dialog entspricht leider dem Leitfaden, den auch Bora Dagtekin für „Fuck Ju Göhte“ verwendet hat. Die Sprechchöre, die Chu in voller Lautstärke durch die Turnhalle brüllt, sind leider sehr unangenehm, wenn nicht sogar nervig. Man kann die Tränen verstehen, die Andreas Döhler als Mr. Che, der Trainer der Mannschaft, vergießt.

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Und während die Jugendlichen im Film zunächst rebellisch die Schule ins Chaos stürzen, bringt das drohende Verbot des Turniers sie dazu, ihre Meinung zu ändern. Plötzlich sind sie die nettesten Schüler. Leider funktioniert auch diese Wendung nicht.

SIEGER SEIN
© DCM

Als reiferes Drama hätte der Film besser funktioniert

Schließlich haben die Schauspieler von „Sonne und Beton“ die gestohlenen Computer auch nicht in ihre Schule zurückgebracht. Wenn man sich für einen Weg entschieden hat, muss man ihn konsequent zu Ende gehen. Leider ist Yusef überhaupt nicht konsequent.

Auch nicht, wenn es darum geht, ob Mona perfektes Hochdeutsch oder gebrochenes Deutsch spricht. Die Erklärung, dass alle in Monas Kopf perfektes Deutsch sprechen, funktioniert, aber dann hätte der Film bei dieser Aussage bleiben müssen. So versteht man nicht wirklich, was der Wechsel einem sagen möchte. Der Film würde wahrscheinlich besser als reifes Drama für ein älteres Publikum funktionieren, hätte man die weichgespülten Teile für einen kinderfreundlicheren Film gestrichen.

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Fazit: Yusef gibt sich viel Mühe und hat einige coole Ideen, aber leider scheitert „Sieger Sein“ gewaltig bei seiner Umsetzung. Der Film berührt viele Themen und will politisch korrekt, multikulturell und lehrreich für ein junges Publikum sein. Themen wie Krieg, Rassismus, Flüchtlinge, Identitätskrisen und Teamgeist lassen sich nicht in 119 Minuten abhandeln. Schon gar nicht, wenn der Film vor allem eines sein will: ein Abenteuerfilm für Kinder. Leider ist das Ergebnis kein starker Kinderfilm.

Film Bewertung 3 / 10

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