Inhalt: KINDS OF KINDNESS erzählt drei unterschiedliche Geschichten: Von einem getriebenen Mann, der versucht, die Kontrolle über sein Leben zu erlangen; von einem beunruhigten Polizisten, dessen auf See vermisste Frau nach ihrer Rückkehr ein anderer Mensch zu sein scheint; und von einer entschlossenen Frau, die jemanden finden muss, der dazu bestimmt ist, ein großer spiritueller Führer zu werden.
Der griechische Filmemacher Yorgos Lanthimos baut mit Kinds Of Kindness, seinem neunten Spielfilm, seinen Ruf als einer der großen Regisseure des modernen Kinos weiter aus. Dieses dreiteilige Filmprojekt – gespickt mit dem für Lanthimos typischen skurrilen Humor, Gewaltspitzen und den sexuellen Themen – ist der Versuch, zu seinen Wurzeln zurückzukehren.
Die Zusammenarbeit mit Emma Stone, die nun schon zum dritten Mal in Folge stattfindet, ist vielleicht die nüchternste von allen. Sie ist nicht geschmückt mit dem aufwendigen historischen Drumherum von The Favourite oder dem viktorianisch angehauchten Produktionsdesign von Alasdair Grays Adaption Poor Things.
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Kinds of Kindness wurde im modernen New Orleans gedreht und spielt dort auch. Allerdings ist er weit davon entfernt, die typischen kreolischen Gebäude des French Quarter zu präsentieren: Im Mittelpunkt stehen eher langweilige Büros, kleine Straßen und Vorstadthäuser. Wie so oft bei Lanthimos ist die Handlung allerdings alles andere als alltäglich.
Der Film beginnt mit dem Song „Sweet Dreams“ von der Band Eurythmics. Noch bevor das erste Bild auf der Leinwand erscheint, wird durch die Zeilen des 80er-Jahre-Hits für die Zuschauer eine „Andeutung“ geschaffen, die das weitere Geschehen auf der Leinwand perfekt zusammenfasst: „Some of them want to use you, Some of them want to get used by you, Some of them want to abuse you Some of them want to be abused- Sweet dreams are made of this – Who am I to disagree?“
Bizarre Sportgeschenke und schräger Humor
Wir beginnen mit Jesse Plemons als Firmen-Lakai Robert, der von seinem übermächtigen Chef Raymond (Willem Dafoe) in allen Lebensbereichen unter Kontrolle gehalten wird. Es zeigt auch sehr deutlich den Verlauf der anschließenden Dysfunktionen anhand von abstrusen Szenarien, die bei genauer Überlegung gar nicht einmal so Abstrus sind. Dabei werden Themen wie Abhängigkeit vom Arbeitsplatz, Macht Gefälle, Selbstbestimmung, Hörigkeit und Sicherheit aufgegriffen.
Da er Raymonds Anweisung, sein Auto mit hoher Geschwindigkeit in ein anderes Fahrzeug zu rammen, nur teilweise erfüllt hat, lehnt er eine Wiederholung des Zusammenstoßes ab und wird daraufhin fallengelassen und ignoriert. Sämtliche bizarren Sport-Geschenke von Robert, wie etwa ein zertrümmerter John McEnroe-Tennisschläger, werden aus seiner Wohnung entfernt; seine Frau Sarah (Hong Chau) trennt sich auf der Stelle von ihm.
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In seiner Trauer trifft Robert auf Rita (Emma Stone) und gibt schließlich Raymonds Wünschen nach. Mit dem Titel „Der Tod von R.M.F.“ ist dieser Auftakt der stärkste der drei Filme und gibt dem durchweg überzeugenden Plemons eine ungewöhnliche, aber sehr wohl verdiente Hauptrolle. In jedem Kapitel übernimmt ein Darsteller eine andere Rolle – mit Ausnahme von Lanthimos-Stammgast Yorgos Stefanakos, der in jedem Kapitel kurz als stiller, unbeteiligter R.M.F. auftaucht und das Bindeglied zwischen den einzelnen Geschichten bildet.
Der Grundton ist das Verbindende Element der Trilogie: Der schräge, schwarze Humor, das Gefühl für ruhige Momente und das behäbige Tempo erinnern eher an Lanthimos‘ frühere Werke. Dazu gehören Dogtooth und The Lobster (wie diese wurde Kinds gemeinsam mit Lanthimos von Efthimis Filippou geschrieben).
Der Mittelteil schwächelt ein wenig
Das Erzähltempo mag für manche zu träge sein. Aber dank des gemächlichen Ablaufs hat man die Möglichkeit, sich von den gruseligen Überraschungsmomenten etwas zu erholen. Stone, die im ersten Kapitel kaum zum Einsatz kommt, wird im zweiten Teil als Liz, die Frau von Plemons‚ Daniel (und Tochter von Dafoes George), in den Vordergrund gerückt. Und zwar als Meeresbiologin, die seit einiger Zeit auf See verschollen ist
Wir sehen Schwarz-Weiß-Rückblenden von einer einsamen Insel, auf der sie ein menschliches Bein isst. Es kommt zum Supergau, da Daniel vermutet, dass „Liz“ in Wirklichkeit eine Doppelgängerin ist. Wie das bei Anthologie-Filmen meist der Fall ist, schwächelt der Mittelteil ein wenig, auch wenn man einiges davon durchaus anerkennen muss.
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Die Darstellerleistungen sind nach wie vor ausgezeichnet, wobei Margaret Qualley und Mamoudou Athie als Liz und Daniels sympathische Freunde eine wertvolle Stütze sind. Speziell eine besonders anstößige Sequenz ist sehr überraschend – und für einen Studio-Film überraschend explizit. Auch wenn man sie nur kurz auf der Leinwand sieht.
Im Schlussteil erscheint Dafoe als Sektenführer Omi. Für diese Rolle ist er wie geschaffen, da er sicherlich einer der intensivsten und eindringlichsten Hollywood-Schauspieler ist.
Yorgos Lanthimos legt hier einen weiteren schrägen, aber leider nur mäßig gelungenen Film vor
Plemons und Stone hingegen bilden ein Paar auf der Suche nach einer Frau, die Tote erwecken kann. Makabre Ereignisse in einem Leichenschauhaus und eine böse Szene zwischen Stone und einem Hund gehören zu den Höhepunkten des letzten Abschnitts.
Lanthimos, der sich wieder mit dem Kameramann Robbie Ryan zusammengetan hat, hat eine hemmungslose, fordernde Welt geschaffen, in der sich seltsame, arrogante Menschen auf brutalste Art und Weise begegnen, wie es der ironische Titel verrät.
Obwohl es nicht sein bestes Werk ist und mit 165 Minuten etwas zu lang, ist es doch von tiefer Emotionalität geprägt. Es ist beruhigend, dass er so ungewöhnliche, umfangreiche Filme mit hochkarätigen Darstellern wie Stone machen kann, die wieder in spielfreudiger, risikobereiter Form ist.
Lanthimos‘ langjähriges Engagement für fröhlich-schräge Filme hat sich nicht geändert, aber der Mainstream scheint ihn stattdessen erreicht zu haben. Letztendlich ist es eine Yorgos-Welt, in der wir grinsend zusehen und eine menge Sitzfleisch mitbrigen müssen. Hier und da wird der Zuschauer auf die Uhr schauen und die Augen rollen – für Lanthimos Fans wird sich das skurille Gebilde lohnen.
Fazit: Yorgos Lanthimos legt hier einen phasenweise sehr unterhaltsamen und weiteren schrägen, aber etwas sperrigen Film vor, mit dem er nach The Favourite und Poor Things zum Stil seiner früheren Werke zurückkehrt.
Film Bewertung 6.5 / 10