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Poster zum Film Titane

Produktion: Frankreich 2021 Genre: Horror/Thriller | Regie: Julia Ducournau | Mit: Agathe Rousselle, Vincent Lindon u.a | Laufzeit: ca. 108 min | Erscheinungsdatum: 7. Oktober 2021 (Deutschland) |


Inhalt: Die Erotiktänzerin Alexia (Agathe Rousselle), ausgestattet mit einem Autofetisch, vergnügt sich in der französischen Region Martigues mit einem Auto und lebt ihre schlimmsten Mordgelüste aus. Um einer Verhaftung zu entgehen, begibt sie sich auf eine bizarre Reise, die sie in die Welt eines einsamen Feuerwehrmanns (Vincent Lindon) führt, mit dem sie eine eigenartige Beziehung eingeht.

„Titane“ © Koch Films

Das Thema Objektsexualität, die romantische Anziehung zu unbelebten Objekten, ist nicht gerade das konventionellste Thema für filmische Erkundungen, aber 2021 sind zwei Filme in die Kinos gekommen, die ein Licht auf dieses Tabu werfen.

Während Zoé Wittocks Jumbo einen süßen, zärtlichen Ansatz für die Liebesgeschichte zwischen einer jungen Frau und einem Fahrgeschäft wählt, stürzt sich Julia Ducournaus mit der Goldenen Palme ausgezeichneter Film Titane mit voller Wucht in den Cronenberg-esken Body Horror.

Eine wenig überraschende Richtung für die französische Filmemacherin, die fünf Jahre zuvor mit dem kannibalistischen Coming-of-Age-Drama Raw ihre Horrorqualitäten unter Beweis gestellt hat. Aber dieser Film war nur ein Vorgeschmack auf das, wohin ihr kühn verquerer Sinn für Geschichten das Publikum führen würde. Und die Drehungen und Wendungen von Titane sind ein düster-spannendes und doch seltsam ergreifendes Vehikel ihrer wildesten Fantasien.

„Titane“ © Koch Films

One – Car – Stand mit Folgen

Debütantin Agathe Rousselle ist unsere Protagonistin Alexia, die als erotische Tänzerin und Fahrzeugmodell nicht ohne Stolz die spiralförmige Narbe einer chirurgisch implantierten Titanplatte trägt, welche durch einen Autounfall in der Kindheit verursacht wurde.

Rousselle ist die perfekte Besetzung für eine Frau, die nur wenige Worte verliert. Ihr strenger Blick und ihre androgynen Gesichtszüge schaffen eine Atmosphäre der Ungewissheit, während die Kamera von Kameramann Ruben Impens ihren verschlungenen Weg durch eine Autoausstellung verfolgt und sich dann erhebt, um ihre rhythmischen Bewegungen auf einem Oldtimer-Cadillac vor den Augen lüsterner männlicher Zuschauer einzufangen.

Es ist das Vorspiel zu einem sexuellen Pakt, der auf die verrückteste und ausschweifendste Art und Weise zustande kommt. Allerdings findet dieser Fahrzeugsex erst dann statt, nachdem Alexia einen aggressiven männlichen Fan mit einer Haarnadel getötet hat, die in die Ruhmeshalle für Filmwaffen aufgenommen werden sollte.

Anschließend kommt es zu einer wilden Mordserie, die mit schwarzem Humor gespickt ist und Alexia dazu zwingt, die Flucht zu ergreifen, indem sie die Identität von Adrien annimmt, einem Jungen, der ein Jahrzehnt zuvor verschwunden ist.

„Titane“ © Koch Films

Mit der Ankunft von Vincent (Vincent Lindon), der Vater des verschwundenen Jungen, der sich als Feuerwehrmann ausgibt und Alexia ohne zu fragen als sein Kind willkommen heißt, ändert sich der Tonfall.

Diese Entscheidung ist sicherlich fragwürdig, trägt aber zur Spannung und Intrigenbildung bei. Wie lange kann Alexia ihre Tarnung noch aufrecht erhalten, trotz ihres frisch rasierten Kopfes, einer gebrochenen Nase, die sie sich selbst zugefügt hat, und der schmerzhaften Abbindung ihrer Brüste sowie ihres wachsenden Babybauchs (ja, sie ist schwanger von ihrem One-Car-Stand!)?

Mit diesen neuen Ansätzen werden die Themen Identität, Trauer, Isolation, Trauma, Vaterschaft und die Lügen, die wir uns zur Selbsterhaltung auftischen, eingehender untersucht. Die beunruhigende Bindung zwischen Vater und „Sohn“ wird visuell durch die gemeinsame Erfahrung verstärkt, dass ihre Körper sie verraten: Vincents durch das Alter und Alexias durch diesen künstlichen Fötus, der bereit ist, ihren Körper zu sprengen.

Das Make-up und die Spezialeffekte, die ein Schaudern hervorrufen, zeigen, wie ihr Körper durch den Druck dieser Täuschung physisch verwüstet wird, was den schieren Wahnsinn, das Misstrauen und die Unruhe unterstreicht, mit denen man die Geschichte zu ihrem grausamen Ende führt.

„Titane“ © Koch Films

Ein holpriger zweiter Akt

Die Erzählstränge im zweiten Akt sind nicht ganz so stimmig; im Mittelteil ist das Tempo schleppend, und die Geschichte braucht eine Weile, um wieder Fuß zu fassen, nachdem noch mehr absurde Handlungselemente eingestreut worden sind.

Doch Ducournau füllt diese Welt mit so lebendigen Bildern, Schrecken und Farbtönen, dass Titane zu einem äußerst unterhaltsamen Vehikel für ihre schräge Sichtweise wird. Macht euch auf eine holprige Fahrt gefasst.

Fazit: Titane ist ein schriller Körper-Horror mit intensiven Hauptdarstellern, der den Zuschauer angesichts eines solch riskanten filmischen Unterfangens mit großen Augen und schlaffen Kinnladen zurücklässt, der allerdings an manchen Stellen etwas konfus und zunehmend absurd ist. Film Bewertung: 7 / 10

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