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She Said Filmposter

Genre: Drama / Biografie | Produktion: USA 2022 | Laufzeit: ca. 129 Minuten| Regie: Maria Schrader

Mit: Zoe Kazan, Carey Mulligan, Ashley Judd, Gwyneth Paltrow, Samantha Morton, Jennifer Ehle, Patricia Clarkson, Maren Heary, Angela Yeoh u.a.


Inhalt: Die New York Times-Journalistinnen Jodi Kantor (Zoe Kazan) und Megan Twohey (Carey Mulligan) beginnen mit einer neuen Recherche: Mehrere Frauen sprechen inoffiziell über den jahrelangen sexuellen Missbrauch durch den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein. Aber was wird sie dazu bringen, öffentlich darüber zu erzählen?

© 2022 Universal Studios. All Rights Reserved

Ein Journalist ist selten interessant genug, um im Mittelpunkt eines Films zu stehen. Es gibt einen Grund, warum wir die Geschichten anderer Menschen erzählen – wir beleuchten unglaubliche, einzigartige Menschen, die Dinge vollbringen, die die Welt zuvor für unmöglich hielt.

Aber wie bei Spotlight oder Die Unbestechlichen (All The President’s Men-1976) werden manchmal die Journalisten selbst zu der Geschichte. So wie vor fünf Jahren, als die New York Times-Journalisten Jodi Kantor und Megan Twohey die Missbrauchsfälle und das Fehlverhalten von Harvey Weinstein in Hollywood aufdeckten.

Aus diesem Grund ist She Said so etwas wie eine Anomalie. Es handelt sich weder um einen Standardfilm über Journalisten noch um eine gewöhnliche Anprangerung der Hollywoodindustrie. Er ist beides und sogar noch mehr – ein Meta-Kommentar zu den herrschenden Missständen im Journalismus und im Filmgeschäft und ein aufrüttelndes Porträt von zermürbten Frauen, die die Kraft finden, um weiterzumachen.

(von links) Hywel Madden (Wesley Holloway), Laura Madden (Jennifer Ehle) und Iris Madden (Justine Colan) in She Said.
(von links) Hywel Madden (Wesley Holloway), Laura Madden (Jennifer Ehle) und Iris Madden (Justine Colan) in She Said. © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved

Zwei außergewöhnliche Journalistinnen und überarbeitete Mütter

Es gibt weder heroische Sentimentalität noch epische Herausforderungen: die kalte, harte Realität dessen, was passiert ist, ist völlig ausreichend. She Said vermeidet geschickt die Fallen eines potenziellen Vorzeigefeminismus – die Art von Filmen unter weiblicher Führung, die sich gut für das Marketing der Girlboss-Kultur eignen, oder die Schubladen, in die alle interessanten Frauen als „starke Frauencharaktere“ gesteckt werden.

Kantor und Twohey sind zwei außergewöhnliche Journalistinnen, aber sie sind auch beide überarbeitete Mütter: Carey Mulligan stellt Twoheys Erschöpfung und unerwartete postnatale Depression als frischgebackene Mutter wunderbar dar, und das nur wenige Wochen, bevor sie Kantor bei den Weinstein-Ermittlungen unterstützte.

Menschliche Dinge schafft es leider nicht seine Ideen vollständig auszubauen

Und es ist schön zu sehen, dass Zoe Kazan wieder eine Hauptrolle spielt (ihre letzte große Hauptrolle war in The Big Sick, der etwa zur gleichen Zeit erschien, als die Weinstein-Story bekannt wurde). In ihrer Rolle als die ewig kämpfende jüdische Zweifachmutter Kantor versucht sie sich immer wieder zu beweisen; niemand, so scheint es, schafft es, hinter ihr sanftmütiges Auftreten zu blicken.

Die Stärken des Films liegen vor allem darin, dass er sich um die jungen Frauenfiguren kümmert – indem das Drehbuch diejenigen schützt, die Angst haben, sich zu äußern, und gleichzeitig die richtige Stimme für unaussprechliche Taten findet. Wie kann man sich selbst schützen, ohne sein eigenes Leben zu ruinieren?

(von links) Megan Twohey (Carey Mulligan), Jodi Kantor (Zoe Kazan) und Rebecca Corbett (Patricia Clarkson) in She Said
(von links) Megan Twohey (Carey Mulligan), Jodi Kantor (Zoe Kazan) und Rebecca Corbett (Patricia Clarkson) in She Said © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.

Mulligan und Kazan erden diesen Film mit immenser Energie

Regisseurin Maria Schrader hat bereits in der Miniserie Unorthodox über eine Jüdin, die ihre religiöse Gemeinschaft verlässt, gezeigt, dass sie Frauen, die in ihren Umständen gefangen sind, geschickt in Szene zu setzen weiß. Hier richtet sie ihr Augenmerk auf die Frauen aus der Filmindustrie, die Angst haben, die Wahrheit zu sagen, und das mit viel Fingerspitzengefühl und Sensibilität.

Kurz blitzt etwas auf, das an ein Hollywood-Biopic erinnert, vor allem bei der Filmmusik von Nicholas Britell, die eher an seine düstere Arbeit an Succession als an das zarte und emotionale Gefühl erinnert, das in seiner Filmmusik für Barry Jenkins` Moonlight steckt.

„Anatomie eines Skandals“ ist eine scharfsinnige und zeitgemäße Drama-Serie

Allerdings erden Mulligan und Kazan diesen Film mit immenser Energie. Es gibt keine gespielte Unverschämtheit oder manipulatives Drama, sondern nur die Wahrheit: nüchterne, seriöse Ermittlungen, die den Frauen, die zu lange gelitten haben, Gerechtigkeit verschaffen.

Fazit: Es braucht keinen Schnickschnack, um diese beispiellose Geschichte zu erzählen. Alle Bedenken hinsichtlich eines Films über die weniger glamouröse Welt des Journalismus werden dank der starken Leistungen, der einfühlsamen Regie und einer unwiderlegbaren Wahrheit ausgeräumt: Die Frauen haben gewonnen.

Film Bewertung: 8 / 10

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