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Peter Pan und Wendy Posster

Inhalt: Kurz vor ihrer Abreise ins Internat werden Wendy Darling (Ever Anderson) und ihre beiden jüngeren Brüder von Peter Pan (Alexander Molony) nach Nimmerland mitgenommen, wo sie die verlorenen Jungs treffen, auf Feenzauber treffen und gegen den Piraten Captain Hook (Law) antreten müssen.

Szene aus Disneys Live-Action Film Peter Pan & Wendy
Szene aus Disney’s live-action PETER PAN & WENDY, nur auf Disney+. Photo courtesy of Disney. © 2023 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Film Kritik:

Von den vielen Dingen, die Regisseur David Lowery bei Peter Pan richtig macht, ist das mit Abstand wichtigste: Es ging nie wirklich um Peter selbst. Während der Junge, der nie erwachsen wird, in Disneys Verfilmung von 1953 die Hauptperson ist, lautet der Titel der Romanfassung von J.M. Barrie aus dem Jahr 1911 „Peter und Wendy“ – und in Lowerys Disney-Realverfilmung erhält Wendy Darling endlich ihren Status als Hauptfigur.

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Peter Pan & Wendy ist also weniger eine Neuinterpretation als vielmehr eine Anerkennung der Tatsache, dass dies immer schon Wendy’s Geschichte war: die eines Mädchens, das sich darauf vorbereitet, den ersten Schritt aus dem Kinderzimmer zu machen, und dann für eine Nacht ein Riesenabenteuer erlebt, nachdem Peter Pan an ihrem Fenster auftaucht und sie und ihre Brüder in ein Fantasieland entführt.

Lowery hat bereits das emotionsgeladene Remake von Disney’s Elliot, der Drache gedreht, wird aber eher mit metaphysischen Odysseen wie The Green Knight und A Ghost Story in Verbindung gebracht; dies ist vielleicht die angesagteste Regie-Kinderfilm-Paarung seit Spike Jonze mit Wo die wilden Kerle wohnen.

Tinkerbell (Yara Shahidi) in Peter Pan & Wendy

Nimmerland als überdimensionaler Spielplatz

Der Regisseur hat den thematischen Kern von Barries Geschichte erkannt und sich nicht nur auf Wendys bevorstehendes Erwachsenwerden konzentriert, sondern auch auf die einschneidende Bedeutung der Kinder, die nicht erwachsen werden wollen, und von Erwachsenen, deren inneres Kind schon längst gestorben ist.

Diese Überlegung überträgt sich auch auf das filmische Konzept an sich. Schon zu Beginn steigt Lowerys Filmkamera in einer schwungvollen Fahrt durch das Gewusel des Darling-Haushalts nach oben; der Flug der Kinder nach Nimmerland wird lebhaft eingefangen, wobei die Kinder halb schwebend, halb im Schwimmflug auf den Big Ben zusteuern und in einer experimentellen Aufmachung in eine „zeitlose Leere“ stürzen.

Bei der Neuinszenierung bekannter Bilder – Peter, der seinen Schatten durch das Kinderzimmer jagt; Hook, der sich einem monströsen (jetzt kaijugroßen) Krokodil entgegenstellt – wird sehr bewusst darauf geachtet, wie das Ganze in Szene gesetzt wird.

Und obwohl Nimmerland selbst nicht die Farbenpracht der Version von 1953 besitzt, werden die Weiten und die Kulissen des überdimensionalen Spielplatzes von Bojan Bazellis bodenständiger Kamera wunderbar eingefangen.

Käpt`n Hook (Jude Law) in Peter Pan & Wendy

Jude Law ist als Captain Hook nicht so spaßig, wie er sein sollte

Ironischerweise mangelt es Peter Pan & Wendy jedoch an jugendlichem Elan. Während Lowery eindeutig mit den melancholischen Elementen der Erzählung umgehen kann, ist sein Gespür für gute Laune nicht annähernd so stark.

Anstatt in den Abenteuermodus zu schalten, nachdem die Kinder in Nimmerland angekommen sind, verliert sich der Film in einem langweiligen, ermüdenden Mittelteil.

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Erschwerend kommt hinzu, dass Jude Laws Kapitän Hook eine enttäuschend schwache Figur ist. Trotz eines aufsehenerregenden Auftritts – er ballert sich buchstäblich seinen Weg in den Film – ist er einfach nicht lustig genug: Er ist weder der aufgeblasene Schurke des Films von 1953, noch die Pantomimenversion eines Dustin Hoffman in Hook.

Ebenso wie sein schlaffes Haarteil fällt auch Laws Darstellung merkwürdig flach aus, und er hat Mühe, so köstlichen Sätzen wie „Ich habe dich für schuldig befunden, ein Kind zu sein!“ die nötige Wirkung zu verleihen.

Sobald ein dramatischer Handlungsstrang einsetzt, der Hook und Peter auf interessante Weise miteinander verbindet, ist Law exzellent; weniger gut ist er beim Juhu-Huh.

Wendy Darling (Ever Anderson) in Peter Pan & Wendy

Peter Pan & Wendy verstrickt sich in seinen eigenen Ideen

Traurigerweise kann auch Neuzugang Alexander Molony die grünen, spitzen Stiefel von Peter nicht ganz ausfüllen. Es ist eine enorme Herausforderung, die grenzenlose, überschwängliche Energie zu verkörpern und gleichzeitig den Schmerz zu verspüren, dass er nie erwachsen werden wird.

Molony macht das Letztere besser, aber seiner Darstellung fehlt die Leichtigkeit, die jungenhafte Unverschämtheit, die Peters rücksichtslosen Geist ausmacht.

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In Kombination mit Laws Darstellung fühlt sich das alles ein wenig schwach an – Zeuge eines Kapitels im ewigen Kampf der beiden zu sein, ist selten so fesselnd, wie es sein sollte, und dürfte die Spannung bei Kindern nicht aufrecht erhalten.

Deutlich überzeugender ist dagegen Ever Andersons Wendy – sie ist nicht nur das Herzstück der Geschichte, sondern tritt auch mit Spielfreude als Actionheldin auf, sobald der Film in seinem turbulenten Finale endlich einen verspielteren Gang einlegt.

Sie verkörpert perfekt den Moment des Erwachsenwerdens, in dem sie zwar noch nicht bereit ist, das Holzschwert niederzulegen, aber gleichzeitig spürt, dass sich ein neues Kapitel ankündigt. Diese Message wird in zwei Daumenkino-Montagen, die den Film abrunden, auf schöne Art und Weise transportiert – die gefühlvolle Landung gelingt sogar vollkommen.

Die emotionale Note ist durchaus vorhanden. Sie steht für eine Verfilmung, die trotz all ihrer gut ausgearbeiteten Ideen zu sehr darauf bedacht ist, erwachsen zu werden.

Fazit: Die zweite Disney-Neuinterpretation von David Lowery ist zwar gekonnt angelegt und steckt voller interessanter Ideen. Aber bei einem Film über den Tatendrang und die Fantasie von Kindern und Jugendlichen wirkt er oft so, als sei er in seinem „eigenen Kopf“ gefangen.

Film Bewertung: 5 / 10

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