Inhalt: 1944 entreißt der Archäologe Indiana Jones (Harrison Ford) dem Nazi-Wissenschaftler Jürgen Voller (Mads Mikkelsen), eine Hälfte der Antikythera, einer antiken, von Archimedes konstruierten astronomischen Uhr. Im Jahr 1969 schließt sich Indys Patentochter Helena (Phoebe Waller-Bridge) mit dem Abenteurer zusammen, um die andere Hälfte ausfindig zu machen – und damit möglicherweise die Geschichte für immer zu verändern.
Film Kritik
Indiana Jones spürt schon seit seinem ersten Abenteuer, „Jäger des verlorenen Schatzes“ (1981), dass er in die Jahre gekommen ist. Auch in „Das Rad des Schicksals“ – angeblich sein letzter Film – merkt man ihm die zunehmenden Lebensjahre an. Und genau das scheint die treibende Kraft hinter dem fünften Teil der beliebten Abenteuerserie zu sein: Was passiert, wenn selbst den unverwüstlichsten Helden die Straße ausgeht?
Von all den ikonischen Charakteren, die Harrison Ford in den letzten Jahren entstaubt hat, war Indiana Jones, Professor für Archäologie, der sich nie die Hände schmutzig machen wollte, offenbar derjenige, den er am liebsten spielte. In seinen mittlerweile fünf Auftritten ist ein echtes, schroffes Grinsen zu spüren, und es ist eine wahre Freude, ihn wieder mit Hut und der Lederjacke zu sehen.
Vielleicht war sich Ford auch bewusst, dass sein früherer Versuch eines Abgesangs, „(Königreich) Der Kristallschädel“ von 2008, nicht ganz ins Schwarze getroffen hat. Es gab zwar genug Positives zu sehen, sodass er sich fast unterbewertet anfühlt, aber auch genug Blödsinn (die Erdhörnchen, die Außerirdischen, der Kühlschrank), um das Bedürfnis nach einem letzten Peitschenhieb zur Kurskorrektur zu verspüren.
Wie zu erwarten, sind in diesem ersten Spielberg-losen Film alle Markenzeichen der Reihe vorhanden und werden liebevoll wie archäologische Schätze gepflegt: Es gibt ein raffiniertes und ausgeklügeltes, mit Fallen versehenes Höhlensystem, es gibt eine Landkartensequenz, und natürlich jede Menge Nazis. Doch es gibt auch eine gewisse Schwermut, schließlich läuft diesem Mann die Zeit davon, und er betrachtet die Ruinen seines Lebens; ein Grundton, der manchmal ungewöhnlich düster für einen derartigen Blockbuster wirkt.
James Mangolds Handschrift ist deutlich spürbar, ohne dabei den Fokus zu verlieren
Das mag die Handschrift von Regisseur James Mangold sein, einem Filmemacher, der es versteht, ein bittersüßes Genre-Spektakel zu drehen, in dem es um eine geliebte Popkultur-Ikone im Spätsommer ihres Lebens geht (siehe auch: Logan). Dabei bewegt er sich souverän und in rasantem Tempo von Action-Einlage zu Action-Einlage – ist aber sichtlich bemüht, den Mann unter dem Hut im Fokus zu behalten.
Doch zunächst gibt es einen Rückblick auf den jüngeren, selbstbewussteren Indy. Der Film beginnt, wie es sich für einen guten Indiana-Jones-Film gehört, im Jahr 1944, am Ende des Zweiten Weltkriegs, mit einem ( nur leicht unheimlich) gealterten Harrison Ford, der es mit den Nazis aufnimmt. Dabei wird er von seinem Akademiker-Kollegen Basil Shaw (Toby Jones, in der Rolle des schusseligen Briten, die vorher Denholm Elliott spielte) unterstützt, während sie versuchen, die Lanze des Longinus zu finden, der Klinge, die Jesus durchstochen hat.
Allerdings fällt ihnen ein anderes, noch viel faszinierenderes Artefakt in die Hände: das Antikythera, an dem die Nazis wegen seiner gottähnlichen Kräfte besonders interessiert sind. (Kommt euch das bekannt vor?)
Indiana Jones und die erscheckend gut wirkende Verjüngungskur
Diese Eröffnungssalve ist großartig und bewegt sich in einem rasanten Tempo, was den Zeitsprung ins Jahr 1969 umso eindringlicher macht. Dr. Jones lebt jetzt in einer schäbigen New Yorker Wohnung, steht kurz vor der Pensionierung und betäubt sich mit Alkohol. Er hält immer noch Vorlesungen, allerdings nur gerade so. Im Gegensatz zu den verliebten, rehäugigen Studenten in „Jäger des verlorenen Schatzes“ und „Der letzte Kreuzzug“ sind seine Studierenden eher gelangweilt und desinteressiert.
In diese triste Situation gerät seine Patentochter (und Basils Tochter) Helena (Phoebe Waller-Bridge), die ihn auf eine letzte Suche nach der anderen Hälfte der Antikythera schickt, um vielleicht den Funken von Abenteuer wiederzufinden, den er einst hatte. („Das ist kein Abenteuer!“, betont Jones an einer Stelle). Waller-Bridge ist ihrerseits einfach großartig. Wenn Ford der schrullige, schlecht gelaunte Held ist, ist sie die witzige, scharfzüngige Zynikerin; wie Karen Allens Marion im ersten Film.
Natürlich sind auch die Nazis an der Sache dran. Als Jürgen Voller ist Mads Mikkelsen ein unterhaltsam fauchender Charakter – selbstverständlich mit Hollywoods Lieblingsakzent. Aber er ist ein durch und durch fieser Nazi, dessen Rassismus und Arroganz nicht verharmlost wird und der immer noch sehr verbittert über vergangene Ereignisse ist. „Ihr habt den Krieg nicht gewonnen“, knurrt er an einer Stelle einen Amerikaner an. „Hitler hat verloren.“
Die Rückkehr von John Rhys-Davies, eines weißen Walisers, in der Rolle des ägyptischen Charakters Sallah wirkt im Jahr 2023 wie eine unbedachte Entscheidung, die der Reihe schon des Öfteren vorgeworfen wird. Und die Weltreise fühlt sich zuweilen an wie eine MacGuffin-Nummer: Wir müssen das Teil finden, das uns zu der Karte führt, die uns hilft, das andere Dings zu finden.
Ein irres Finale, dass die Fans spalten könnte
Im letzten Akt des Films sind dann aber plötzlich alle Fesseln gelöst. Das Drehbuch deutet von Anfang an etwas ziemlich Verrücktes an, obwohl man sich nie ganz sicher ist, wie verrückt es wirklich werden wird. Bitte glaubt uns, wenn wir euch sagen, dass es so richtig ausartet. Es ist ein regelrechter Befreiungsschlag aus den Indy-Genre-Schranken.
Das Finale von Das Rad des Schicksals präsentiert einen Showdown, der das Finale von Das Reich der Kristallschädel vergleichsweise harmlos erscheinen lässt. Ist es dennoch ein gelungener Abschluss – auf eine Art und Weise, wie es der Höhepunkt von „Kristallschädel“ nicht geschafft hat? Mehr oder weniger! Es kommt darauf an, ob man bereit ist, sich darauf einzulassen. Diese Filmreihe hat schon immer einen Hang zur Fantasy gehabt.
Film Kritik – „Tyler Rake: Extraction 2“ ist ein Frontalangriff auf alle Sinne
Sie wurde von Spielberg und Lucas als Hommage an ihre Lieblings-Serien aus den 1940er Jahren, sprich das Kino im Pulp-Format, konzipiert. In diese Tradition fügt sich dieses gewagte Endspiel nahtlos ein. Und vor allem ist es der Filmfigur Indiana Jones treu geblieben. Am Ende, so scheint es, wird deutlich, dass es nie um Reichtum und Ruhm ging, sondern darum, seinen Platz in der Geschichte zu finden. Und Dr. Henry „Indiana“ Jones Jr. hat ihn, so oder so, längst gefunden.
Fazit: Indys letzte Verabredung mit dem Schicksal hat ein überdrehtes Finale, das das Publikum spalten könnte – aber wenn man sich darauf einlässt, fühlt es sich wie ein passender Abschied für den beliebtesten Grabräuber der Filmgeschichte an.
Film Bewertung: 7 / 10