Film: Pelikanblut
Regie: Katrin Gebbe
Im Kino ab: 24. September
Länge: 127 min
FSK: 16
Story: Wiebke (45) lebt zusammen mit ihrer Adoptivtochter Nikolina (9) auf einem idyllischen Reiterhof. Nach vielen Jahren des Wartens, bekommt sie nun die Chance ein weiteres Mädchen, Raya (5), aus Bulgarien zu adoptieren. Nikolina freut sich sehr über das lang-ersehnte Geschwisterchen. Die ersten gemeinsamen Wochen als Familie verlaufen harmonisch und die frischgebackenen Geschwister verstehen sich prächtig. Aber schon bald merkt Wiebke, dass die – anfänglich charmante Raya – etwas verbirgt.
Sie wird immer aggressiver und stellt eine zunehmende Gefahr für sich und andere dar. Vor allem Nikolina leidet unter ihren Übergriffen, aber auch Wiebkes Beziehungen und Freundschaften werden auf die Probe gestellt. Um ihre Familie zu retten, muss Wiebke schließlich über Grenzen gehen und eine extreme Entscheidung treffen.
Film Kritik:
von Nicola Scholz
Wiebke hat einen eigenen Reiterhof, eine Adoptivtochter und bewerkstelligt ihren Alltag komplett alleine. Da sie alleinerziehend ist darf sie in Deutschland keine Kinder adoptieren. Somit begibt sie sich auf die Suche im osteuropäischen Raum nach Kindern die eine Obhut brauchen, weil sie zum Beispiel keine Eltern mehr haben.
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Ihre erste Adoptivtochter hat sich gut bei ihr eingelebt und so beschließt Wiebke ein zweites Kind zu adoptieren. Raya ist gerade 5 Jahre alt als Wiebke sie bei sich aufnimmt. Doch schnell wird klar das es mit Raya nicht so einfach wird. Das Kind hat einen eigenen Kopf und wirkt allen gegenüber sehr feindselig.
Sie steckt das Kuscheltier ihrer Schwester in Brand und bemalt die Wände ihres Kinderzimmers mit gruseligen Gestalten, von welchen sie behauptet das sie ab und an auch anwesend sind. Wiebke besucht mit ihr mehrere Ärzte bis einer ihr mitteilt das Raya durch ihr Traumata scheinbar keine Emotionen mehr zeigen kann und auch kein Mitgefühl.
Dann ruft die Kita von Raya an und erzählt Wiebke das sich Raya an mehreren Kindern vergangen haben soll. Von nun an muss Wiebke Raya mit in ihren Alltag integrieren. Zwischen dem Training mit Polizeipferden, dem Flirt mit einem Polizisten und Raya, welche sie versucht durch die Gabe von künstlich herbeigeführter Muttermilch in ihren Brüsten, an sich zu binden, verzweifelt Wiebke immer mehr.
In Deutschland steigen die Zahlen von Kindern in Kinderheimen immer weiter an. Eltern scheinen überfordert mit der Erziehung und ihrem Nachwuchs, Plätze in Heimen sind rar. Doch die Auflagen zur Adoption sind sehr streng. Oftmals werden Kinder im Babyalter vermittelt. Kinder im Vorschulalter verbleiben häufiger in den Heimen bis sie erwachsen sind.
Denn Probleme die zum Beispiel durch eine Vernachlässigung der leiblichen Eltern entstanden sind, können, je älter die Kinder werden, nicht mehrausgemerzt werden. Den wenigsten Adoptiveltern werden diese Kinder noch in Obhut gegeben. Das Thema umfasst einen großen Diskussionsgrad.
Katrin Gebbe gibt diesem Thema Raum, wenn auch auf andere Art und Weise. Während in vielen Dokus das Thema Adoption doch eher positiv behandelt wird, ist „Pelikanblut“ sehr düster. Unerwartet rutscht der Film in ein Art Horrorszenario ab, obwohl er unter dem Genre Drama aufgeführt wird. Raya wirkt wie eine Version von Helena Zengel aus Systemsprenger, genauso wütend und unbändig.
Doch während Helena Zengel in Systemsprenger auch ihre wahrlich liebevollen Momente hatte, schaut man bei Raya auf eine Art Maske die sie zu tragen scheint. Nie weiß man was in dem Kind vorgeht und das spielt die kleine Darstellerin so überzeugen und beängstigend zugleich, dass man vor diesem sonst so süßem Gesicht plötzlich Angst bekommt.
Immer wieder erzählt der Film nicht alles, lässt den Zuschauer Mutmaßungen anstellen: Als Zuschauer bekommen wir gewisse Dinge einfach nicht zu sehen und das ist vom Gefühl her so, wie früher das „Monster unterm Bett“, dass man nicht gesehen hat, sondern das man sich nur vorstellen konnte.
Raya ist dieses „Monster“ von dem man nicht weiß was es gesehen hat oder zu glauben sieht, was sie durchgemacht haben muss und was sie geprägt hat. Nina Hoss als Wiebke spielt ihre Rolle zwar überzeugend, aber mit der gewissen Schwerfälligkeit einer Figur eines deutschen Dramas, sodass man ihrem „Untergang“ kaum zusehen mag, der sich schon früh im Film angekündigt.
Dafür ist Murat Muslu ein wahrer Lichtblick in der Geschichte, genauso wie das andere Adoptivkind welches durch Blicke und Gesten das Spiel besser zu beherrschen scheint als Nina Hoss. Ein dunkles Drama das gegen Ende immer verworrener wird und dem man die Wendung hin zum Horror doch auch irgendwo übel nimmt.
Fazit: Das Thema so schwierig wie es schon ist, in eine derart dunkle Ecke zu drängen ist meiner Meinung nach fehlplatziert. Als spannendes düsteres Drama allerdings ist der Unterhaltungswert doch stark im Vordergrund und wiegt die Schwächen des ernstes Themas auf. Die Nachwuchsdarsteller spielen die Erwachsenen an die Wand und projizieren vielleicht auch mehr das Horrorszenario herauf als es Gebbe vorgesehen hat. Vielleicht ist aber genau diese Wendung auch so erfrischend und anders als man es eben von dem typischen deutschen Drama gewöhnt ist.
Wertung: 8/10
Trailer: Pelikanblut
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