Inhalt: Grace (Nia Long), alleinerziehende Mutter, und ihr neuer Freund Kevin (Ken Leung) fahren in den Urlaub nach Kolumbien und lassen dabei Graces Teenager-Tochter June (Storm Reid) allein zu Hause. Als sie verschollen bleiben, muss June alle ihr zur Verfügung stehenden Online-Tools nutzen, um die beiden aufzuspüren – und kommt dabei unerwarteten Geheimnissen auf die Spur.
Film Kritik:
Der 2018 veröffentlichte Film Searching schien die natürliche Filmreaktion auf die Generation von Menschen zu sein, die mit Monitoren aufgewachsen sind und diese als Lebensgrundlage betrachten.
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Der von Aneesh Chaganty inszenierte Film stützt sich auf die Filmsprache, die 2014 in „Unfriended“ etabliert wurde, einem Subgenre, welches der Produzent Timur Bekmambetov als „Screenlife“ bezeichnet hat. Dabei wird die gesamte Handlung innerhalb der Grenzen eines Computer- oder Smartphone-Browserfensters dargestellt, wobei sich das Drama in FaceTime-Anrufen, Textnachrichten und hektischen Google-Suchen abspielt – man könnte auch sagen: die „mise-en-screen“. Ein raffinierter, origineller und sehr zeitgemäßer Thriller.
Bei Missing, dem Nachfolger von Searching, handelt es sich um eine völlig neue Geschichte und – abgesehen von einer kleinen Referenz auf John Chos Figur im Vorspann – auch um eine völlig neue Besetzung, die jedoch die Filmsprache und Philosophie des Originalfilms beibehält.
„Missing“ ist so unglaublich unterhaltsam und rundum erfrischend
Die Autoren und Regisseure Will Merrick und Nick Johnson, die schon bei Searching als Cutter fungierten, waren maßgeblich an der Konzeption des neuen Filmstils beteiligt. Sie wissen genau, wie dieses ungewöhnliche Format am besten funktioniert, wie es gestaltet sein sollte und wie die visuellen Anforderungen an das Tempo und die Dramatik einen Gegenpol bilden.
So findet sich auch hier unter dem lebhaften Schnitt im Musikvideo-Stil eine leichtfüßige Erzählung, ein Mysterium, das aufgebaut wird und sich weiterentwickelt, Wendungen, Finten und tief verborgene Geheimnisse mit jedem neuen Browser-Fenster. Somit ist die Grundlage für eine erfolgreiche Neuauflage vorhanden. Und doch ist „Missing“ so unglaublich unterhaltsam und rundum erfrischend, dass er in einigen Bereichen seinen Vorgänger vielleicht sogar übertrifft.
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Zum einen ist der Wechsel der Hauptperson vom naiven Vater mittleren Alters (John Cho) zur technisch versierten Gen-Z-Heldin June (Storm Reid) ein besonders kluger Schachzug: Es macht viel mehr Sinn, dass eine extrem online-affine 18-Jährige die Fähigkeiten eines Amateurdetektivs besitzt, um das Geheimnis ihrer verschwundenen Mutter zu lüften. Reid ihrerseits erweist sich als eine sehr gute und einnehmende Besetzung.
Ihre Darbietung ist auch ein Grund dafür, dass der neue Film emotionaler ist als die Vorlage. Während es in beiden Filmen um zerrüttete Beziehungen zwischen Eltern und Kindern geht, die durch ein traumatisches Erlebnis wieder zusammenwachsen, gelingt es „Missing“ auf überraschende und dramaturgisch wirkungsvolle Weise, diesen Bogen zu vertiefen, mit einer Enthüllung im letzten Akt, die es in sich hat.
Ein packender, gut geschriebener, unglaublich sehenswerter Thriller
Natürlich wird die Plausibilität des Formats „Screenlife“ überstrapaziert – wie bei Chos Figur in Searching lässt June ihre FaceTime-Kamera immer eingeschaltet, auch wenn sie nicht telefoniert. Gleichzeitig finden Merrick und Johnson immer wieder neue, raffinierte Wege, um das Geschehen auf dem Bildschirm abzubilden (von einer ferngesteuerten Sicherheitsanlage bis hin zu einer Smartwatch-Kamera).
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Inmitten der packenden Spannung findet der Film sogar Platz für Herzlichkeit und Humor – ein Witz über CAPTCHAs ist besonders gut getroffen – und erzählt vor allem eine Geschichte, die selbst in einem klassischen Film hervorragend funktionieren würde. Hier liegt die wahre Stärke von Missing: So clever und originell das Format auch sein mag, in erster Linie ist es ein richtig starker Film.
Fazit: Ein packender, gut geschriebener, unglaublich sehenswerter Thriller für die neue Generation von TikTok-Detektiven – und ein überzeugendes Argument, seine durchschnittliche (Kino-)Leinwandzeit zu erhöhen.
Film Bewertung: 8 / 10