Es ist vielleicht unnötig zu sagen, aber wenn ein Film den richtigen Soundtrack hat, ist die Hälfte der Arbeit bereits getan: Die Kombination von Musikbegleitung und bewegten Bildern ist es, die das Kinoerlebnis zu einer der intensivsten und süchtig machenden Künste werden lässt, die je erdacht wurden. Aus diesem Grund sind die Musikkomponisten nach den Filmemachern und den Darstellern die Figuren, die als erste unter denen genannt werden, die an einem Film gearbeitet haben.
Der am 12. September 1957 in Deutschland geborene Hans Florian Zimmer ist heute eine der weltweit führenden Autoritäten auf dem Gebiet der Filmmusik. Er hat mehr als 180 Musikkompositionen für Kino, Fernsehen und Videospiele unter Dach und Fach gebracht und kann auf eine dreißigjährige Karriere in Hollywood zurückblicken, in der er mit den größten Regisseuren der letzten Jahrzehnte zusammenarbeitete und die Soundtracks zu vielen der populärsten aktuellen Filme komponierte.
Hans Zimmer und sein Wall-to-Wall Score
Künstlerisch aufgewachsen zwischen den 70er und 80er Jahren, in der Blüte der New-Wave-Ära (er arbeitete sogar als Session-Mann bei Ultravox ), war Zimmer im Laufe der Jahre einer der größten musikalischen Wegbereiter innerhalb des Unterhaltungskinos. Oft mit einer Kombination aus Synthesizern, Orchester und klassischen Instrumenten, erweckte er Kompositionen zum Leben, die die kollektive Vorstellungskraft formten.
Der Stil von Hans Zimmer unterschied sich schon früh von dem seiner Kollegen. So bündelte er zu Beginn seiner Karriere Synthesizer-Klänge mit Orchester-Melodien. Völlig neuartig war seine Erfindung des „Wall-to-Wall“-Scores, mit dem Actionfilme quasi von Anfang bis Ende mit Musik unterlegt werden. Für diejenigen, die die Gründe für diesen Mythos entdecken wollen, finden ihr unten ( Meiner Meinung nach ) seine zehn besten Soundtracks. Je nach Subjektivität, natürlich, aber dennoch ein Weg, euch zu helfen, zu entdecken – und wiederzuentdecken, was Hans Zimmer groß gemacht hat.
Um die Bühne der Musik zu überlassen, habe ich die Texte dazu so knapp wie möglich gehalten. Schließlich geht es um die epischen Klänge: Also, setzt eure Kopfhörer auf und lasst euch auf eine musikalisch – emotionale Reise, in die Welt von Hans Zimmers Intensität in Noten, entführen.
INCEPTION
Mit Inception führt Christopher Nolan uns durch eine Welt aus Träumen und Spionage, in einen Thriller von kolossalem Ausmaß und ständiger Spannung. Aber gleichzeitig reich an Emotionen und Intensität.
Um all dies zu begleiten, komponiert Zimmer eines seiner Meisterwerke. Einen pompösen und ikonischen Soundtrack, der mindestens zwei Tracks enthält, die bereits zu seinen Klassikern gehören: das Spannungsgeladene „Dream is Collapsing“ und das mehr intim-gehaltene „Time“ – was ich hier vorstellen und in Erinnerung rufen möchte.
Das Hauptthema des Soundtracks hat mit Piafs „Non, je ne regriette rien“ zu tun. Es ist eine sehr stark verlangsamte Version des Originals von Edith Piaf. Manchmal nur halb so schnell oder nur zu einem drittel, kommt immer auf die Traumebene an. Wer Christopher Nolan und seine Filme kennt der weiß, das ist kein Zufall. Und es ist auch keiner.
Hans Zimmer hat sich in den französischen Nationalarchiven das Sample von Piafs Song gesichert und von einem Musiktechniker bearbeiten lassen. Im Abspann wiederum taucht der Song von Edith Piaf noch einmal auf, diesmal in normalem Tempo. Das soll dem Zuschauer signalisieren, dass er aus dem Traum aufgewacht ist. Genial, oder ?!
Gladiator
Ridley Scott ist nach einem harten Jahrzehnt wieder en vogue und lässt mit diesem großartigen Blockbuster selbst Sandalen – Filme wieder auferstehen.
Mystische Musik zum visuellen Blutvergießen. Zimmer arbeitete an diesem Score für den Film aus dem Jahr 2000 zusammen mit der australischen Musikerin, Sängerin und Komponistin Lisa Gerrard. Es gibt mitreißende Passagen, gefolgt von nachdenklichen Abschnitten – passend zum heldenhaften Weg des Maximus Decimus Meridius (Russell Crowe). Und um Scotts gigantische Bilder zu begleiten, erweckt Zimmer einen epischen, pompösen und orchestralen Soundtrack zum Leben, der sich als großer Verkaufserfolg (Gold- und Platinauszeichnungen) und als Referenz für viele spätere Soundtracks erweisen sollte.
Das berühmte und oft zitierte Thema ist seine Komposition für die eindrucksvoll bebilderte Schlacht zu Beginn des Films. Aber die oft und gerne genutzten Elemente, wie den melancholischen Tonfall in den epischen Momenten oder den Einsatz von Frauenstimmen, übernehmen später viele weitere Werke. Dazu passend erklingt „Now We Are Free“ . Dies ist Filmmusik in ihrer stärksten Form.
Der König Der Löwen
Wer in den 90er Jahren geboren wurde, hat mit ziemlicher Sicherheit einen besonderen Platz im Gedächtnis für diesen großartigen Disney-Filmklassiker, sowie die unvergesslichen, eigens von Elton John komponierten Songs.
Vielleicht erinnert sich aber nicht jeder daran, dass die Instrumentalstücke dieses Soundtracks Zimmer (auch Arrangeur der Songs) einen Oscar einbrachten, während das Album, das in die Läden kam, mit mehr als zehn Millionen verkauften Exemplaren alle Verkaufsrekorde für das Genre brach.
Das Album, das auf drei verschiedenen Kontinenten aufgenommen wurde, ist ein sehr erfreuliches Beispiel für die Anwendung von Weltmusik auf das Kino, nämlich romantisch und intensiv, tadellos in seiner Wirkung und in der Lage, die Unabhängigkeit vom Film zu wahren. Das war gar nicht so einfach. Genießt es!
Fluch der Karibik
Die Form des ( Piraten) – Films befand sich seit Jahrzehnten im Abwärtstrend und jeder Versuch, ihn in den 80er und 90er Jahren wieder zum Leben zu erwecken, hatte den Effekt, dass er sogar noch schlechter wurde.
Als „Fluch der Karibik“ 2003 auf den Markt kam, änderten sich die Dinge jedoch komplett. Auch dank der grandiosen Verkaufszahlen und Johnny Depps Popularität in der Rolle des Captain Jack Sparrow. Die Szene, in der Jack Sparrow auf dem sinkenden Schiff in den Hafen Port Royals einläuft, ist eine Hommage an den Buster-Keaton-Film Der Navigator von 1924. Und wir können sicher sein: Ohne das ihm gewidmete Musikthema – das später zum Kult wurde und in vielen anderen Zusammenhängen wiederverwendet wird, hätte der berühmte erste Auftritt von „Pirate Jack“ auf einem sinkenden Schiff, nicht die gleiche Wirkung gehabt.
Häufig helfen andere Komponisten besonders gegen Ende der Filmproduktion Zimmer bei seinen Musiken, indem sie Teile für ihn auf Basis seiner Suiten und musikalischen Ideen orchestrieren, arrangieren oder komponieren. Diese gemeinschaftliche Arbeitsweise ist bei einigen Filmmusik-Fans umstritten, jedoch in Hollywood nicht völlig unüblich. Der Soundtrack stammt von Klaus Badelt und Hans Zimmer und besteht aus 15 Titeln. Namentlich wird Hans Zimmer nicht erwähnt, er fungierte offiziell als Produzent.
The Dark Knight
Die Musik für Batman nach dem legendären Thema, das Danny Elfman für Tim Burton komponiert hatte, neu zu überdenken, war sehr schwierig.
Als Christopher Nolan Zimmer anrief, um die Musik für seine Filmreihe zu The Dark Knight zu komponieren, wollte der Musiker einen echten Bruch mit der Vergangenheit: keine Gothic- oder Märchen-haften Töne, sondern ein echtes musikalisches Thema, das dem Protagonisten gehört. Das Endergebnis passt perfekt zum Stil von Nolan und die neue urbane „Thriller-Musik“ passt perfekt zu den Bildern der drei Filme und hebt deren beste Momente hervor.
Zimmer sagte ursprünglich, dass das Batman-Hauptthema absichtlich am Ende von Batman Begins eingeführt wurde und in der Fortsetzung mit der Entwicklung des Charakters ausgebaut werden sollte. Zimmer und Howard glaubten beide, dass die Schaffung eines heroischen Themas, welches ein Zuschauer mit summen könnte, dazu führt, dass man die Komplexität und Düsternis der Figur ignorieren würde.
Das Batman-Thema, zweimal zu Beginn des Films zu hören, einmal gegen Ende und ein letztes Mal zu Beginn des Abspanns – schafft das, was Zimmer als „roten Hering“ bezeichnete. Eine Art musikalische Vorahnung, die von einem Cello gespielt wurde.
True Romance
Der Film True Romance, gehört zu meinen All Time Favorite Filmen und beinhaltet, neben einer ikonischen Brad Pitt Szene, viele weitere Momente, die nur ein Quentin Tarantino so schreiben konnte. Das Ende der 80er Jahre von Tarantino geschriebene Drehbuch zu True Romance, kam dank Tony Scott ( Top Gun ) 1993 in die Kinos.
Für diesen abgedrehten Thriller (unbedingt wiederentdecken) packte der deutsche Komponist einen Soundtrack aus, der einige der besten Rocksongs der 50er und 90er Jahre vereint, die sich hervorragend mit Eigenkompositionen abwechseln. Darunter das großartige „You’re So Cool„, das die Eröffnungstitel und das Finale begleitet.
Der unaufdringliche Track passt perfekt zu der faszinierend einfachen zentralen Romanze von Tony Scotts romantischem Krimi aus dem Jahr 1993, die durch die viel dunklere, blutige Handlung des Films nicht verfälscht wird.
Auch Patricia Arquettes Eröffnungsansprache, die über den Track gesprochen wird, hat es in sich: „Ich musste den ganzen Weg über die Autobahnen und Nebenstraßen von Tallahassee, Florida nach Motor City, Detroit kommen, um meine wahre Liebe zu finden. Wenn Sie mir eine Million Jahre Zeit zum Nachdenken gegeben hätten, hätte ich nie gedacht, dass wahre Romantik und Detroit jemals zusammenpassen würden.“ – Cool !
Der Schmale Grat
Musik für Terrence Malick zu komponieren ist nicht einfach: Ennio Morricone weiß so einiges darüber, und er erinnert sich nicht allzu begeistert an die Arbeit für Days of Heaven in den späten 70er Jahren. Für seinen nächsten Film, zwanzig Jahre später, entscheidet sich Malick, auf die Kreativität Zimmers zu vertrauen, der ein Meisterwerk des Genres und eine der schönsten Bild-Musik-Kombinationen des Jahrzehnts schafft.
Weit entfernt von den hyperschnellen Rhythmen, die für Kriegsfilm-Soundtracks typisch sind, begleitet uns diese langsame und andächtige Musik auf einer Reise für die Seele. Sein „Journey To The Line“ hat in der Tat einige der höchsten Intensitätsspitzen, die der Komponist je erreicht hat. Ich darf an dieser Stelle sagen, dass dieser Score eines seiner Meisterwerke darstellt.
Es belegt, dass der Komponist in der Lage ist, auch abseits des Hollywood-Mainstreams, passende und eindrucksvolle Melodien zu schreiben. Und das liegt unter anderem daran, dass er mit vielen Konventionen des an der Musikschule gelernten brach, wie er selbst in einem Interview zugab.
Rush
2013 ist die Formel fester Bestandteil des Sportprogramms und des medialen Interesses geworden und Hans Zimmer hat seine künstlerische Reife weitgehend erreicht.
Und für Ron Howards Film, der der historischen Rivalität zwischen James Hunt und Niki Lauda gewidmet ist, packt er einen einwandfreien „klassischen“ Soundtrack aus, der mit der richtigen Spannung während der Rennen und den intensiven Höhepunkten in den dramatischsten Momenten angereichert ist.
„1976 / Lost But Won“ – ist extrem unterhaltsam und eines meiner absoluten Lieblingsstücke seines Schaffens. Wer bekommt da nicht sofort Lust auf den Film, oder sogar eine Runde im Rennwagen. Dreht die Boxen auf !
Black Hawk Down
2001, wieder ein Kriegsfilm. Diesmal sind wir weit entfernt von den Malick’schen Atmosphären, genau wie dieser Film weit entfernt ist von „Der schmale Grat„.
In seiner ersten Zusammenarbeit mit Ridley Scott nach Gladiator, wählt Zimmer den Weg der Übersteigerung, indem er jedes Element, das für seine eigene Produktion charakteristisch ist, in die Musik einfügt: große Orchestrierungen, Elektronik, ethnische Musik, Industrial-Gitarren und sogar einen Hauch von Hip-Hop.
Wenn das Ergebnis auch nicht ganz homogen ist – und wie bereits Eingangs erwähnt, eine der in Gladiator gesetzten Merkmale fortführt, so werden die Fans des Komponisten dennoch viel Spaß haben.
Interstellar
Jetzt in der fünften Zusammenarbeit mit Nolan weiß Zimmer genau, was der englische Regisseur braucht und als er gebeten wird, einen Track über das Thema Elternschaft zu komponieren, zieht er aus dem Zylinder die vier Töne von S.T.A.Y.
Vielleicht einer der besten Soundtrack-Parts der letzten Jahre, kirchlich- orchestral anmutend, der in den intensivsten Momenten des Films immer wieder erklingt (man sollte ihn in seiner visuellen Ausführung sehen, wenn man das Gefühl dazu haben will). Der Rest des Werkes ist natürlich von hoher Qualität, mehr elektronisch und orchestral und schafft es seine, bis dato, beste Produktion zu vervollständigen. Aber es setzt weniger auf Strauss’sche Erhabenheit a la 2001- Odyssee im Weltraum, als auf etwas viel Pointierteres: die hypnotische, melodisch anschwellende und seltsam sakrale Komposition „Koyaanisqatsi“ von Philip Glass, die Zimmer als Hommage hier anbietet.
Natürlich sind Filme und deren Musik, sehr Subjektiv. Die hier gelisteten Stücke dienen auch nicht der Filmmusikalischen Bewertung. Dazu gibt es Fachmagazine und Online Musikseiten und deren Kritiken dazu. Allerdings hoffe ich, den ein oder anderen Ansatz zu einem der besten Filmmusik Komponisten gegeben zu haben.
Viel Spaß dabei, die Filme mit neu kalibrierten Ohren zu genießen!
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