Regie: Chloe Zhao | Drehbuch: Tom O´Connor | Kinostart: 04.11.21 (Deutschland) | Laufzeit: ca. 157 Minuten | Darsteller: Angelina Jolie, Richard Madden, Kit Harrington,
Inhalt: Eine gottesähnliche Lebensform, die Celestrials, domiziliert das Universum und schickt selbsterschaffene, starke Lebensformen auf Planeten, um diese vor den sogenannten Deviants zu schützen. Die Deviants sind Dämonen, die die Bevölkerung der ausgesuchten Planeten heimsuchen und von den Eternals bekämpft werden.
Die Eternals sind in diesem Fall eine Truppe von zehn Leuten, alle mit speziellen Fähigkeiten ausgestattet. Sie sind seit Anbeginn der Menschheit auf der Erde, um diese zu schützen. Der letzte Deviant wird um 1500 getötet und die Eternals gehen getrennte Wege. Dadurch, dass die ursprünglich durch Thanos halbierte Menschheit wieder erscheint, aktiviert das nicht nur „das Erwachen“, sondern bringt auch die Deviants wieder aufs Spielbrett.
Die Eternals müssen wieder zusammenfinden, um die Bedrohung zu bekämpfen. Dabei wird ihnen erst spät klar, dass der Celestrial Arishem die Eternals aus ganz anderen Gründen auf die Erde beordert hat. Denn „das Erwachen“ stellt eine weitaus größere Bedrohung dar und wirft die Eternals in einen moralischen Konflikt.
Das von Enrico Fermi betitelte „Fermi Paradoxon“ greift einen makro-anthropologischen Gedankengang auf; warum kam und kommt es nicht zu einer Begegnung intergalaktischer Lebensformen, wo doch rein mathematisch eine singuläre Bevölkerung intelligenter Natur allein in der Milchstraße nahezu lächerlich erscheint? Hierbei wird in drei Zivilisationstypen unterschieden. Typ 1 nutzt die Ressourcen des anheimgefallenen Planeten; also quasi die Menschen. Typ 2 nutzt die Ressource des heimischen Sterns. Und Typ 3 jene, die die Energie der gesamten Galaxie nutzen kann. De Facto unserer Definition nach, eine gottgleiche Spezies. Diesen dritten Standpunkt vertritt Marvels Eternals.
Neben Spiderman Marvels vorerst letzter Release
Das formidable Geschäftsmodell des MCU scheint unter Bezugnahme des aktuellen Paukenschlags schon fast zu schwanken. Nahezu alle Produktionen wurden kohärent verschoben, lediglich „Spider Man“ und Eternals bleiben unangetastet. Covid ist hier wahrscheinlich die Diagnose, denn finanziell ist Marvel weiter weg von roten Zahlen als ihre Drehbücher von innovativem Storytelling. Ambivalente Meinungen spalten den aktuellen Release Marvels Eternals.
Bei Rotten Tomatoes findet sich eine fast haarsträubende Divergenz zwischen Hass und Liebe, auf die der Film stößt. Dabei ist Eternals der beste Marvel Film seit Infinity War. Zunächst wurde hier mit Chloe Zhao ein neuer kreativer Inpuls eingebracht. Und den sieht man deutlich. Zwar dominieren die üblichen visuellen computerbasierten Techniken wie in allen Marvel Filmen, doch es wurde auch viel auf praktische Effekte gesetzt.
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Außerdem braut Zhao hier mit unüblichen Zutaten, vor Allem mit einem ungewohnten Pacing. Es reihen sich nicht flache Witze aneinander, fade Actionsequenzen, nein- hier wird tatsächlich mal eine Geschichte erzählt. Verschiedene Kulturen, Settings und Menschen werden harmonisch miteinander verknüpft, schließlich erstreckt sich die Handlung auch über 7000 Jahre.
Der Rhythmus leidet darunter nicht, denn immerhin werden 9 Protagonist*innen vorgestellt, das braucht Zeit. Der Cast ist ungewohnt organisch, jede Figur hat eine tiefsinnige Daseinsberechtigung. Was aber primär so überzeugt, sind die philosophischen Gedanken.
So philosophisch wie noch nie
Aus den Perspektiven von Außerirdischen, die die Genese unserer Spezies evaluiert, werden Tropen aufgeführt, die (man mag es kaum glauben) für einen Marvel Film so untypisch sind. Verantwortungslosigkeit gegenüber unserem Planeten, Genoziden, Ausbeutung – man kann den Frust der Eternals verstehen, als sich einige von ihnen von der Menschheit distanzieren.
Besonders Druid (Barry Keoghan) fällt auf, der die systematische Ausrottung der südamerikanischen indigenen Völker nicht erträgt. Aber auch Phastos (Brian Tyree Henry), der den Atomabwurf auf Hiroshima miterlebt. Alle sind mehr oder weniger gebrochen. An den Darstellungen wird im Übrigen auch nicht an Gewalt gespart.
Auch die Möglichkeit, dass eine außerirdische Zivilisation die Erde und die Menschen „züchtet“, um einen Neuen ihrer Art herzustellen, damit dieser wiederrum Sonnen produzieren kann, um neue Lebensformen zutage zu bringen – hier wird Astrophysik mit Anthropologie, Geschichte und Kulturwissenschaft in einen Topf geworfen und es funktioniert tatsächlich.
Hat die Menschheit ihre Berechtigung?
Als Rezipient wird man hier zum Spiegel der eigenen Spezies. Und nicht nur die Makroperspektive wird bei Eternals eingenommen – es geht auch um zwischenmenschliche Schwierigkeiten.
Der Konflikt Sprites, die VORZÜGE des Menschseins erkunden zu wollen, wird greifbar gestaltet. Die Langeweile der Unsterblichkeit, die Aufregung, die Liebe mit sich bringt, wird hier großartig mit Sinnbildern gefüllt. Auch die Attribute der Eternals weisen alle menschliche Züge auf – Phastos, die Neugier der Menschen, Sersi Liebe, Ikarus Machthunger, Makkari Wissensdurst, Kingo Anerkennung – menschliche Wesenszüge.
Kein Charakter, der nur Comic Relief ist, keiner, der keine Position vertritt. Letztlich, so scheint es, hat die Menschheit doch noch Hoffnung, wenn sie sich auf ihre guten Eigenschaften fokussiert.
Fazit: Eternals größter Schwachpunkt ist tatsächlich leider die Bezugnahme zum MCU. Die Einbettung von Anspielungen und Easter Eggs verwaschen die Standalone Qualität des Films und unterbricht oft den diegetischen bzw. narrativen Rhythmus. Visuelle Effekte werden zwar wie üblich handwerklich gut ausgeführt, borden aber teilweise auch doch zu sehr über.
Dies tut Eternals in seiner Grundhaltung aber keinen so schweren Schaden, denn der moralische und tiefsinnige Duktus ist insgesamt stark genug verankert. Wenn Marvel öfter so viel Mut bewiese wie bei Eternals, könnte das Franchise das Krankheitsbild des seelenlosen CGI Actionblockbuster vielleicht irgendwann ablegen. Wertung: 8 / 10
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