Inhalt: „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“, schrieb bereits Friedrich Nietzsche. In Burning Days blickt ein frisch gebackener Staatsanwalt sowohl zu tief hinter die Machenschaften des Bürgermeisters einer türkischen Kleinstadt als auch zu tief ins Glas. Beides wird ihm zum Verhängnis.
Wenn einem Film aus politischen Gründen im Heimatland die Förderung entzogen wird, dann spricht dies Bände. Für den türkischen Regisseur Emin Alper ist dies nicht der erste Film, der einen Provinzort in der Türkei als Szenerie nutzt. In seinem neusten Werk Burning Days kommt der junge Staatsanwalt Emre (Selahattin Paşalı) aus Ankara in die Kleinstadt Yanıklar, um die entstandenen Senklöcher zu untersuchen.
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Der Bürgermeister der Stadt (Nizam Namidar) steht unter Verdacht, durch das Abzapfen des Grundwassers für die Wasserversorgung, die Löcher verursacht zu haben. Schon beim Betreten des kleinen Örtchens wirkt alles befremdlich – sowohl auf Emre als auch auf uns Zuschauer. Ein wilder Mob jagt einem Wildschwein hinterher und mit Gewehren wird in die Luft geschossen.
Auch die ersten Gespräche mit den hiesigen Anwohnern, wie dem Sohn des Bürgermeisters (Erol Babaoğlu) oder dem Zahnarzt Kemal (Erdem Şenocak), wirken unbehaglich.
Eine politische Intrige mit dichter Atmosphäre
Dass hier etwas nicht mit rechten Dingen vor sich geht, scheint offensichtlich. Wie Emre fast schon als Fremdkörper in eine Falle gelockt wird, macht Burning Days aber erst zu einem gelungenen Thriller. Er wird in das Haus des Bürgermeisters zum Abendessen eingeladen und mit selbstgebrannten Rakı abgefüllt.
Während er nicht mehr Herr seiner Lage ist, wird in seinem Beisein ein Roma-Mädchen (Eylül Ersöz) vergewaltigt. Was in dieser Nacht genau geschehen ist, bleibt vage. Vage bleiben ebenfalls viele andere Dinge im Verlauf des Films.
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Welche Rolle spielt die Richterin Zeynep (Selin Yeninci) bei der augenscheinlichen Intrige? Was ist mit dem vorherigen Staatsanwalt passiert? Hatten Emre und der oppositionelle Journalist Murat (Ekin Koç) eine Affäre miteinander? Sogar das Ende bietet keine eindeutige Antwort. Diese Ungewissheit, gepaart mit der unbehaglichen Atmosphäre in Yanıklar, wird durch die tolle Inszenierung befeuert.
Die wüstenartige Landschaft wird mehr als einmal in Szene gesetzt und mit passender Musik untermalt, die einem das Gefühl von Hitze vermittelt. Immer wieder blicken Menschen in die Abgründe der Senklöcher und die Anwohner beäugen den fremden Staatsanwalt argwöhnisch.
Eine Gesellschaftskritik ohne Sühne
Die vielen Versatzstücke bieten einen Blick auf das Ganze: Filmemacher Emin Alper übt mit Burning Days ganz klare Gesellschaftskritik. Sei es der Umgang mit den Roma, exemplarisch dargestellt an dem Mädchen, das bereits mehrfach in Yanıklar vergewaltigt werden konnte, ohne Konsequenzen für die Täter.
Oder die Denunzierung des Journalisten Murat, der nur augenscheinlich aufgrund seiner oppositionellen Haltung angegangen wird – hier geht es vielmehr um Homophobie, was im Film unterschwellig klar wird, wenn er und Emre sich näherkommen. Generell handelt es sich vor Ort um eine von Männern dominierte Gesellschaft.
Die einzige Frau, die im Film eine gewisse Macht hätte, Richterin Zeynep, nutzt diese dafür, um die patriarchalische Dominanz aufrechtzuerhalten. Ansonsten begegnet der Staatsanwalt Emre in Yanıklar keiner einzigen jungen Frau auf der Straße. Hier jagen Männer Wildschweinen hinterher und der Macht. Wer im Weg steht, wird mundtot gemacht.
Fazit: Emin Alper schafft es mit Burning Days, einen Polit-Thriller aufzubauen, ohne sich dabei in Expositionen zu verlieren. Unterschwellig, vage und unbehaglich blicken wir in den Abgrund.
Film Bewertung: 7 / 10