Inhalt: Der einstige Army Ranger Jeffrey Manchester (Channing Tatum) schlägt nach seiner Entlassung eine kriminelle Karriere ein und beginnt, Fastfood-Restaurants auszurauben, um finanziell über die Runden zu kommen und seine Familie zu ernähren. Bei seinen Raubzügen verschafft er sich Zugang über die Dächer, was ihm bald den Spitznamen „Roofman“ einbringt. Nach einer langen Erfolgsserie mit über 40 Einbrüchen wird er schließlich festgenommen und landet im Gefängnis.
Dort tüftelt er prompt an einem Plan zu fliehen. Die Flucht glückt und er findet ein mehr als ungewöhnliches Versteck: ein Spielzeug-Geschäft. Während er gemeinsam mit seinem guten Freund Steve (LaKeith Stanfield) daran arbeitet, das Land so schnell wie möglich zu verlassen, verliebt er sich unverhofft in die alleinerziehende Leigh (Kirsten Dunst). Ein Spiel auf Zeit beginnt, während seine Vergangenheit droht, ihn einzuholen…
Zwischen Tragik und Charme: Channing Tatum in Bestform
Seltsamer als Fiktion. Das ist der Satz, der einem in den Sinn kommt, wenn man an die wahre Geschichte von Roofman denkt – die des Armee-Veteranen Jeffrey Manchester (gespielt von Channing Tatum), der in den späten 90er- und frühen 00er-Jahren eine Serie von Raubüberfällen beging, indem er die Dächer von über 40 McDonald’s-Restaurants einhackte, ins Gefängnis kam, ausbrach, indem er sich unter einem Lastwagen versteckte, und sich monatelang in einem Toys“R”Us-Laden in North Carolina verbarg. Dieser unglaubliche Krimi mit einer zutiefst menschlichen Hauptfigur bietet reichlich Stoff für ein düsteres, aber zugleich herzliches Kinoabenteuer.
Manchesters Eigenheiten machen ihn einem sofort sympathisch: Er stellt sich den Mitarbeitern von McDonald’s mit einem fröhlichen „Guten Morgen, Team!“ vor, bietet ihnen seinen Mantel an, als er sie in die Gefriertruhe sperrt, und hüpft mit einer rosa Federboa auf Trampolinen, um der Polizei zu entkommen. Man hat das Gefühl, einem echten, einzigartigen Menschen zu begegnen – einem, der sich nach seinem Dienst beim Militär schwertut, sich in der Zivilgesellschaft zurechtzufinden, der aber ein Genie im Beobachten kleinster Details ist, die es ihm ermöglichen, seine Verbrechen zu begehen.
Selbst in seinen unethischsten Momenten bleibt man auf Jeffreys Seite. Seine Beweggründe, für seine Familie zu sorgen, wirken zunächst simpel, erhalten aber mehr Tiefe, sobald das Drehbuch seine Unsicherheiten, seine Verletzlichkeit und seine zwanghafte Großzügigkeit offenlegt. Tatum liefert hier eine bemerkenswerte Leistung als widerwilliger Räuber ab, der seine Energie, sein Charisma und seine Spielfreude in eine Figur legt, die gleichzeitig kindlich, melancholisch und tief verletzlich ist. Trotz all der Erdnuss-M&Ms-Diebstähle und Spider-Man-Bettdecken fühlt sich diese Rolle an, als würde der Schauspieler eine neue Stufe der Reife erreichen er spielt kontrolliert, feinfühlig und balanciert mühelos zwischen Komödie und Tragödie.
Die wunderschöne, aber zum Scheitern verurteilte Romanze zwischen Jeffrey und Leigh (Kirsten Dunst), einer warmherzigen, frisch geschiedenen Mutter, ist pure Magie. Zwischen beiden entfaltet sich eine stille, unaufgeregte Chemie, die vollkommen echt wirkt. Jeffrey schaut Leigh mit einer Mischung aus Staunen, Schüchternheit und Bewunderung an, die einem unwillkürlich Schmetterlinge in den Bauch zaubert.
Cianfrance’ Handschrift: Menschlichkeit im Absurden
Die verspielten Episoden in Toys“R”Us bilden das Herz des Films. Jeffrey rollt auf Heelys durch die endlosen Regalreihen, nutzt Babyphones, um das Personal auszuspionieren, und wird schließlich vom herrlich unausstehlichen Filialleiter Mitch, gespielt von Peter Dinklage, ertappt. Doch Roofman ist weit mehr als eine Folge exzentrischer Episoden. Derek Cianfrance (Blue Valentine, The Place Beyond the Pines) bringt all die Intimität, das Unbehagen und die emotionale Wahrhaftigkeit seiner früheren Werke in eine Geschichte ein, die zugleich verspielter und zugänglicher ist.
Gedreht auf klassischem 35-mm-Filmmaterial und begleitet von einer wehmütigen, analog anmutenden Filmmusik, bleibt Roofman auch in seinen absurdesten Momenten in Emotion und Wahrheit verankert. Wie das Toys“R”Us-Kind Jeffrey weigert sich der Film, erwachsen zu werden – und genau darin liegt seine größte Stärke. Cianfrance’ Regie ist geprägt von Zärtlichkeit und Empathie für seine Figuren. Er verurteilt Manchester nicht, sondern beobachtet ihn, mit einem feinen Auge für seine Fehler, aber auch für seine Sehnsüchte. Diese Balance aus Humor, Pathos und existenzieller Melancholie macht den Film zu einem Werk, das weit über die reine True-Crime-Vorlage hinausgeht. Auch die Nebenfiguren tragen zur Tiefe bei: Dinklages pedantischer Filialleiter Mitch ist nicht bloß Antagonist, sondern Spiegelbild einer Gesellschaft, die Ordnung braucht, wo Chaos herrscht.
Leigh wiederum repräsentiert jene fragile Hoffnung, dass Liebe auch dort möglich ist, wo die Welt längst aufgegeben hat. Roofman wird damit zu einer Reflexion über Menschlichkeit im Angesicht von Scheitern, Scham und Vergebung. Cianfrance inszeniert mit Feingefühl für Zwischentöne, mit Wärme für seine Charaktere und mit einem subtilen Humor, der selbst in den tragischsten Szenen aufblitzt. Derek Cianfrance liefert eine zutiefst einfühlsame, teils komische, teils melancholische Darstellung eines außergewöhnlichen Lebens – getragen von einer der besten Leistungen in Channing Tatums Karriere.
Fazit: Mit Der Hochstapler – Roofman gelingt Derek Cianfrance ein Kunststück: Er verwandelt eine skurrile, wahre Geschichte in ein zutiefst berührendes Charakterporträt voller Menschlichkeit, Witz und Schmerz. Channing Tatum überzeugt mit subtiler Reife, Kirsten Dunst mit herzlicher Bodenständigkeit, und die visuelle Melancholie von Cianfrance’ Regie verleiht dem Ganzen eine fast poetische Schwere. Ein Film über Freiheit, Einsamkeit und die Sehnsucht nach Zugehörigkeit: seltsam, tragisch und wunderschön.
Film Bewertung 8 / 10





