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Das Plakat zur Berlinale 2024

Berlinale: Sektion Panorama – Weltpremiere

Folge 1: Dezember
Regie: Mariko Minoguchi

Inhalt: Tim feiert mit Freunden in einem neuen Club. Die Stimmung ist ausgelassen, es wird viel getrunken, bis zu dem Moment, als Tim aus dem Club taumelt und auf der Straße ohnmächtig wird. Doch als er wieder zu sich kommt, weigert er sich, in einen Krankenwagen gebracht zu werden. Die Polizei hat in dieser Nacht alle Hände voll zu tun.

Niemand hat Zeit, sich um Tim zu kümmern. Und so taumelt er allein nach Hause, zumindest denkt er das. Doch das Haus, das er ansteuert, gehört nicht seinen Eltern. Die Fremden rufen die Polizei, die sich wiederum weigert, Tim nach Hause zu bringen. Doch Tim, der bereits unterkühlt ist und immer wieder einzuschlafen droht, wird schließlich von der Polizei mitgenommen. Diese Nacht wird für Tim tödlich enden, aber wer wird die Verantwortung für seinen Tod übernehmen?

Film Kritik

Den Auftakt der vier Episoden bildet „Dezember“. Die Folge beginnt direkt mit den Verhören der Beteiligten, die dem Zuschauer die Ausgangssituation klar machen: Tim wird sterben. Doch wie kommt es dazu?

Berlinale 2024 Film Kritik „Small Things Like These“

Mariko Minoguchi erzählt die Geschichte dieser schicksalhaften Nacht in kraftvollen, eindrucksvollen Bildern. Clubszenen gibt es in vielen Filmen, ob Romanzen, Action-Blockbuster oder Komödien. Aber noch nie hat der Zuschauer eine solche Szene auf so erhellende Weise gesehen.

Die Kamerafahrt, die sich an unserer Hauptfigur Tim orientiert und keine typischen Clubaufnahmen enthält, erzählt die Geschichte seines Vollrausches auf eine ganz besondere Weise. Sie verfolgt den torkelnden Tim von oben und über Kopf, während das Stroboskoplicht die ganze Szene noch bedrohlicher wirken lässt.

Lisa Hofer, Samuel Benito, Eser Duran
in Zeit Verbrechen Folge 1-Dezember
Lisa Hofer, Samuel Benito, Eser Duran in Zeit Verbrechen Folge 1-Dezember © Viacom International

Ein cineastisches Abenteuer

Die Kamera spielt auch im weiteren Verlauf des Films eine wichtige Rolle. Die Entscheidung, nur bei Tim zu bleiben, macht den Film zu einem cineastischen Abenteuer. Wir sehen nicht immer, was um Tim herum geschieht. Wie Tim werden auch wir durch eine Handkamera in einen schwankenden Zustand versetzt.

Wir bleiben nah an Tims Gesicht, außer in den Momenten, in denen die Kamera kurz die Geschichte der Fremden aus dem Haus in den üblichen aufgelösten Bildern wiedergibt. In diesen wenigen Momenten wackelt die Kamera nicht.

Minoguchi hat auch ein Gespür dafür, wie lange Szenen in die Länge gezogen werden können, ohne zu langweilen. Von dem Moment an, als Tim den Club verlässt, gibt es nur wenige Schnitte. Außerdem ist es eine starke Schauspielleistung vom jungen Samuel Benito, der die knapp 60 Minuten lange Episode in einem stark betrunkenen Zustand durchspielt.

Berlinale 2024 „Vogter“

Selten hat man einen Schauspieler in einem Film so realistisch agieren sehen. Mit abgehakter Stimme, Gedächtnislücken, verständnislosen Blicken und mangelnder Einsicht in seine Situation. Das Ende kommt so abrupt, dass es fast schade ist, den Rausch, den die Episode entwickelt hat, beenden zu müssen. Als Zuschauer muss man die Lösung selbst im Netz herausfinden.

Das liegt daran, dass die Zeit-Verbrechen auf tatsächlichen Kriminalfällen beruhen. Auch wenn der Zuschauer das Schicksal des Jungen von Anfang an kennt und ihm bei seinem langsamen Sterben während der Nacht zusieht, findet der Film einen angenehmen, positiven Schlusspunkt. Dieser lässt den Zuschauer mit nicht allzu schweren Herzens das Kino verlassen.

Film Bewertung 8 / 10

Folge 2: Der Panther
Regie: Jan Bonny

Inhalt: Der Panther, auch bekannt als Jonny, ist ein drogensüchtiger V-Mann, der seinen Job nicht sehr ernst nimmt. Er verkauft Drogen, seine eigene Tochter und sein Gewissen. Er will seinem Leben entfliehen, aber dazu braucht er Geld. Und wenn er welches hat, verzockt er es. Die Polizisten, die mit ihm arbeiten, stellen ihm ein Ultimatum.

Wenn er nicht liefert, können sie ihn nicht mehr decken. Doch Jonny hat bereits seinen nächsten Plan ausgeheckt. Er will Frauen aus Amsterdam kaufen und sie dem Mafioso „Porno“ anbieten. Leider plant Jonny seine Ideen nicht besonders gut und so endet es wie immer im Chaos.

BERLINALE 2024 - TRAILER
© Internationale Filmfestspiele Berlin

Film Kritik

Zwischen Textnachrichten, schreienden Kriminellen und einem überdrehten Lars Eidinger versucht „Der Panther“, etwas zwischen lässig und experimentell zu sein und scheitert phänomenal.

Während die ersten Minuten dieser zweiten Folge von Zeitverbrechen noch faszinierend sind, wird Eidingers Schauspiel als Drogensüchtiger nach 30 Minuten fast unerträglich. Eidinger dreht immer mehr auf, bis er die Figur überspitzt als nervigen Sprücheklopfer darstellt.

Berlinale 2024 „The Stranger`s Case“

Aber auch viele andere Faktoren in Bonnys Werk sind stimmig. Ähnlich wie in der ersten Folge erzeugt die Handkamera ein sehr dynamisches Bild. Dadurch fühlen wir uns dem flippigen Jonny näher und bewegen uns mit ihm über Tische oder Stühle durch die Räume. Dabei bleibt das Bild kaum einmal statisch, genauso wie Jonny es eigentlich nie bleibt.

Sahin Eryilmaz, Lars Eidinger, Aissa El Mkllaki in Zeit Vebrechen Teil 2 . Der Panther
Sahin Eryilmaz, Lars Eidinger, Aissa El Mkllaki in Zeit Vebrechen Teil 2 . Der Panther © Viacom International

Es gibt nicht eine Minute in welcher der Zuschauer Eidingers Figur nüchtern erlebt

Die zweite Episode beginnt mehr wie ein Spielfilm, nutzt weniger den Effekt, dass der Zuschauer weiß, was passieren wird, sondern lässt ihn mehr im Ungewissen. Das Fehlen einer kohärenten Erzählung und das Weglassen von Informationen über Eidingers Charakter lassen den Betrachter jedoch irgendwann etwas verloren in der Geschichte zurück. Es wäre interessant gewesen, herauszufinden, wie der Panther alias Jonny zum V-Man wurde und wer er vorher war.

Berlinale 2024 „My Summer With Iréne“

In dem 76-minütigen Schauspiel gibt es keine einzige Minute, in der wir Eidinger nüchtern sehen. Er ist im Wahn. Sicherlich eine angenehme Rolle für den Schauspieler, in der er sich richtig austoben konnte, aber leider ohne eigentlichen roten Faden.

In den knappen 80 Minuten Laufzeit passiert zu viel und gleichzeitig zu wenig. Wir sehen immer nur jemanden weglaufen, Gespräche werden oft nur geschrien und die Gewaltexzesse nehmen kein Ende. Eidingers Ideen, um die Polizei von seiner Nützlichkeit zu überzeugen, wirken immer willkürlicher.

Auch wenn das in Wirklichkeit so passiert sein mag, sieht es im Film eher wie eine Aufzählung von Panthers Handlungen aus. Nur die Textnachrichten brechen aus diesem Dauerstrudel heraus. Und die sind humorvoller und abwechslungsreicher als die bewegten Bilder.

Berlinale 2024 „Sieger Sein“

Fazit: Die Geschichte des Verbrechers Jonny bietet zwar viel Potenzial, das in der knappen Laufzeit durchaus hätte spannend umgesetzt werden können. Allerdings verliert sich Der Panther in zu vielen belanglosen Momenten, die in dem Kurzformat nichts zu suchen haben.

Film Bewertung 4 / 10

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