WICKED TEIL 2

Inhalt: Elphaba und Glinda haben sich entzweit und müssen nun mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen leben. Elphaba (Cynthia Erivo, Harriet – Der Weg in die Freiheit), die inzwischen als Böse Hexe des Westens verteufelt wird, lebt im Exil in den Wäldern, wo sie ihren Kampf für die Freiheit der zum Schweigen gezwungenen Tiere fortführt. Verzweifelt versucht sie, die Wahrheit über den Zauberer (Jeff Goldblum, Jurassic Park) ans Licht zu bringen. Unterdessen ist Glinda (Ariana Grande, Don’t Look Up) für ganz Oz zum strahlenden Symbol des Guten geworden. Sie lebt im Palast in der Smaragdstadt und schwelgt in den Annehmlichkeiten von Ruhm und Ansehen. Auf Anweisung von Madame Akaber (Oscar®-Preisträgerin Michelle Yeoh) dient Glinda als schillernde Trostspenderin, die den Bewohnern von Oz versichern soll, dass unter der Herrschaft des Zauberers alles zum Besten steht.

© Universal Pictures International Germany

Ein fulminanter Auftakt trifft auf einen spürbar düsteren Mittelteil

Musicals haben es im Kino nicht leicht. Als Wicked im vergangenen Jahr startete, musste sich Jon M. Chus Adaption mit Skepsis, Erwartungsdruck und dem Vorwurf auseinandersetzen, dass das Publikum für große Musicalhits nicht mehr empfänglich sei. Doch der Film entpuppte sich als Überraschungserfolg. Chu brachte seine Erfahrung aus In the Heights und Step Up ein und verwandelte die eher minimalistische Broadway-Inszenierung in ein energiegeladenes Farben- und Klangfeuerwerk. Mit Wicked: Teil 2 folgt nun die zweite Hälfte der Geschichte, die parallel mit Teil eins gedreht wurde. Und wie bei vielen Zweiteilern zeigt sich schnell, dass die strukturellen Herausforderungen kaum zu kaschieren sind.

Der Film eröffnet stark. Der Einstieg pulsiert vor visuellem Übermut, Feuerwerk und choreografierter Exzentrik, fast wie ein berauschter Volksfest Besuch. Seit dem Ende des ersten Films sind Jahre vergangen. Glinda ist mittlerweile zu einer symbolischen Führungsfigur aufgestiegen, verehrt wie eine popkulturelle Lichtgestalt. Ihre inszenierte Romanze mit Fiyero wirkt wie ein politisches Aushängeschild, sorgfältig orchestriert von Madame Morrible (Akaber in der Deutschen Fassung) und vom Zauberer selbst abgesegnet. Jeff Goldblum verleiht seiner Figur eine fast schon eigensinnige Komik, die sich bewusst von der sonst düsterer gewordenen Tonlage abgrenzt.

Parallel dazu operiert Elphaba aus dem Untergrund heraus. Sie bekämpft das Regime aus der Luft, stört den monumentalen Strassenbau-Projekt aus gelben Ziegelstein und wird zur Projektionsfläche einer staatlich proagierten Hexenjagd. Der Beginn ist rasant, unterhaltsam und in sich stimmig und dabei viel zu lang. Doch schon bald verschiebt sich der Ton merklich. Der zweite Film ist spürbar ernster, melancholischer und weniger ausgelassen. Glindas Leichtigkeit ist verblasst, Fiyeros Unbekümmertheit verkommt zu Nachdenklichkeit, und Elphaba fliegt die Last der Welt sichtbar auf ihrem Besen herum. Diese tonale Neuausrichtung hat zwar die nötige Atmosphäre, führt aber zu einem insgesamt weniger beschwingten Filmerlebnis.

Ariana Grande in Wicked Teil 2
Ariana Grande in Wicked Teil 2 © Universal Pictures International Germany

Starke Momente, solide Performances – doch die großen Musicalmagneten fehlen

Inhaltlich orientiert sich der Film an der bekannten Bühnenstück-Struktur, doch die dramaturgischen Lücken zwischen Teil eins und Teil zwei wurden nicht vollständig geschlossen. Einige Handlungsstränge wirken gehetzt, andere wiederum zu gedehnt. Die parallele Erzählung zur Originalgeschichte aus Der Zauberer von Oz ist zwar charmant gedacht, bleibt im Film jedoch merkwürdig distanziert. Dorothys nie gezeigtes Gesicht, einst ein humorvoller Theatergag, wirkt im Kino eher wie eine verpasste Chance.

Musikalisch bleibt Wicked 2 hinter seinem Vorgänger zurück. Die ikonische Wucht von Defying Gravity lässt sich nicht replizieren. No Good Deed ist hier der stärkste Moment, getragen von Cynthia Erivos imposanter Stimme und emotionaler Intensität. Doch insgesamt fehlt es an wirklich mitreißenden Nummern. Zwei neue Songs fügen sich thematisch gut ein, erhöhen aber nicht die Dynamik. Besonders hervorzuheben sind dagegen die düsteren Enthüllungen über den Mann aus Blech und die Vogelscheuche, die mit einer überraschenden Nähe zum Body-Horror umgesetzt wurden und dem Mythos Oz eine neue Dimension verleihen.

Fazit: Wicked: Teil 2 ist ein würdiger, aber nicht herausragender Abschluss der Musical-Saga. Die kraftvollen Bilder, das engagierte Ensemble und einige emotionale Höhepunkte tragen den Film sicher ins Ziel. Die tonale Schwere, das Fehlen musikalischer Höhepunkte und die dramatischen Abstriche verhindern jedoch, dass der Zauber des ersten Teils wieder auflebt. Für Fans bleibt es ein emotional wichtiges Finale. Für alle anderen ist es ein ordentliches Musical-Erlebnis mit spürbaren Schwächen.

Film Bewertung 6.5 / 10