Regisseur: Aaron Sorkin Kamera: Phedon Papamichael
Drehbuch: Aaron Sorkin
Produzenten: Marc E. Platt, Stuart Besser, Tyler Thompson, Matt Jackson
Story: The Trial of the Chicago 7 ist ein Thriller von Aaron Sorkin, der am 16. Oktober 2020 bei Netflix erschien. Der Film erzählt von den Chicago Seven, gegen die 1969 ein Prozess wegen Verschwörung und Aufhetzung angestrengt wurde.
Film Kritik:
von Ilija Glavas
„Die Ganze Welt sieht zu“
Gerichtsdramen können sich manchmal langweilig und einschläfernd anfühlen und am Handlungsort verkümmern. In den Händen eines Meisters wie Aaron Sorkin können sie aber auch elektrisierend sein.
Er filmt sein Gerichtsdrama nicht besonders spektakulär, dafür umso kraftvoller in seiner Erzählung. The Trial of the Chicago 7 ist ein biografisches Drama, das mit seinen Dialogen und seiner hochklassigen Ensemblebesetzung ein wahres Feuerwerk abbrennt. Das große Plus des Films, ist seine Authentizität. Sorkin lässt Bilder, auch in Form von Archiv-Material auffahren, dass man zu jeder Minute die vorgelebte Zeit als gegeben annimmt.
Dieses filmische Schwergewicht protzt nur so mit seiner darstellerischen Resonanz und künstlerischen Potenz und steigt als Spitzenkandidat für die kommenden Preisverleihungen in den Ring.
Eine Starbesetzung mit Oscar Ambition
Der Film spielt in den Nachwehen des Parteitag Chaos der Demokratischen Partei in Chicago 1968, als sieben Männer vor Gericht standen und wegen Anstiftung zum Aufruhr angeklagt wurden.
Die historische Aufarbeitung spielt im Film eine zentrale Rolle, denn die Jahre 1968/69 sind bedeutende für die USA. Der Vietnamkrieg mobilisiert Soldaten ebenso wie Proteste, fördert aber auch immensen Waffeneinsatz – nicht nur in Asien. Bereits in seinem zweiten Film als Regisseur, nach dem Glücksspieldrama Molly’s Game, stellt Sorkin seine Schauspieler Riege mit dem Tempo eines Expresszuges vor und erinnert dabei an die gleiche Energie, die Paul Thomas Anderson für sein Epos Magnolia verwendete.
Unter den Angeklagten sind die Antikriegsaktivisten Abbie Hoffman (Sacha Baron Cohen), Jerry Rubin (Jeremy Strong), Tom Hayden (Eddie Redmayne), Rennie Davis (Alex Sharp), John Froines (Daniel Flaherty), Lee Weiner (Noah Robbins) und David Dellinger (John Carroll Lynch).
Sascha Baron Cohen in Gala Form
Verteidiger der Gruppe ist William Kunstler (Mark Rylance), während Bobby Seale (Yahya Abdul-Mateen II), der Mitbegründer der Black Panther Party, ebenfalls separat vor Gericht steht.
Irgendwie schafft es Sorkin, jedem eine Stimme zu geben, auch wenn einige immer lauter als andere zu hören sind. Mit seinem riesigen ‚Afro‘ läuft Sascha Baron Cohen zur Gala Form auf und bietet gerade genug Humor als protestierender Friedensaktivist, ohne jemals die übertriebene Bandbreite zu erreichen, die er normalerweise für die Comedy-Figuren, die ihn berühmt gemacht haben benötigt.
Ihm dicht auf den Fersen ist Jeremy Strong, als sein Freund und Vertrauter. Auch Abdul-Mateen II. ist als Seale äußerst überzeugend. Mit einer Besetzung, zu der auch Joseph Gordon-Levitt und Michael Keaton gehören, ist es aber Schauspieler Ur-Gestein Frank Langella, der allen als Prozessrichter die Show stiehlt.
Frank Langella mit einer Hand am Goldjungen
Langella spielt seinen Richter Julius Hoffman, einen Mann mit immensen Vorurteilen und noch größerer Inkompetenz, mit all seinem Können und Erfahrung. An dieser Stelle von Talent zu reden, wäre seiner Performance nicht gerecht und nicht die Würdigung, die sie verdient.
Der Moment während der Verhandlung, in dem er Seale buchstäblich zum Schweigen bringt, macht einen so sprachlos , dass es schwer zu glauben ist, dass dieser Mann jemals in die hier dargestellte Position erhoben wurde, die er aber tatsächlich innehatte.
Langellas längst überfälliger Oscar, sollte mit dieser Leistung in greifbare Nähe gerückt sein. Dazu die grandios geschrieben Dialoge und der Zeitgeist, inklusive Machtwechsel und Übernahme durch Nixon, der in das Chaos Thema Vietnam Krieg, mehr oder weniger hineingewählt wurde, beleben den Film und machen ihn auch aus heutiger Sicht, greifbar und Aktuell.
Fazit: „The Trial of the Chicago 7“ fühlt sich wie eine Pflichtveranstaltung an, nachdem er in einem Jahr der Proteste von „Black Lives Matter“ an den Start gegangen ist und die Demokratie in den Vereinigten Staaten vor den Präsidentschaftswahlen auf Messers Schneide steht.
Dies ist eine kraftvolle politische Breitseite von einem der besten Regisseure und Drehbuchautoren Hollywoods, die man nicht verpassen sollten. Die ganze Welt sieht heute ganz genau zu.
Wertung: 8 / 10
- Nosferatu – Der Untote: Eine finstere Wiedergeburt von Robert Eggers
- „28 Years Later“ – Danny Boyle und Alex Garland bringen die Virus-Saga zurück
- POISON – EINE LIEBESGESCHICHTE
- BETTER MAN – DIE ROBBIE WILLIAMS STORY: Ein Biopic der besonderen Art
- Tom Cruise und Doug Liman: Neues Projekt „Deeper“ bestätigt
- Deutschlands Oscar-Beitrag: Die Saat des Heiligen Feigenbaums
Trackbacks/Pingbacks