Inhalt: Die Neuauflage des Films von Macon Blair ist eine Neuinterpretation des Troma-Kultklassikers (1984) über einen Hausmeister, der nach einem Sturz in ein Giftmüllfass zu einem entstellten, muskulösen Superhelden wird
Zwischen toxischer Satire und tragikomischem Superheldenmythos
Mit seinem Reboot des kultigen Midnight-Movies The Toxic Avenger wagt sich Macon Blair an ein ebenso riskantes wie unterhaltsames Experiment: die blutige Trash-Satire der 1980er-Jahre in ein modernes Gewand zu kleiden, ohne dabei den anarchischen Charme des Originals zu verlieren. Und tatsächlich gelingt dem Regisseur, was viele für unmöglich hielten: Die neue Version ist brutal, albern, gesellschaftskritisch – und erstaunlich herzerwärmend.
Peter Dinklage, bekannt aus Game of Thrones, verkörpert Winston Gooze – einen unscheinbaren Hausmeister in einer übermächtigen Pharmafabrik, der nach einer düsteren Diagnose und bürokratischem Gesundheitsversagen in ein Fass mit Industrieabfall fällt. Was zunächst wie das Ende wirkt, markiert in Wahrheit den Beginn einer grotesken Transformation: Winston wird zum grünhäutigen, deformierten „Toxic Avenger“, einem übernatürlich starken Racheengel, der sich gegen jene erhebt, die ihn im Stich ließen – allen voran die korrupte Firma BTH.
Dass Blair sich beim Tonfall nicht zwischen Satire, Slapstick und Gesellschaftskritik entscheiden will, ist kein Fehler, sondern Methode. Der Film entfaltet sich in einer überzeichneten, bizarren Version Amerikas: Ortsnamen wie „Depressing Outskirts“ oder „Yonder Spooky Woods“, ein Musik Mix aus „Monster-Core“-Metal und Synth-Soundtrack, dazu Gags, die mal trashig, mal bitterböse sind. Die Botschaft ist klar: Die wahre Bedrohung geht nicht vom Monster aus, sondern vom System.
Dinklage brilliert – zwischen Mopp und Mut
Peter Dinklage ist als Winston sowohl tragische als auch liebenswürdige Figur. Seine Darstellung verleiht dem überdrehten Chaos einen emotionalen Anker – vor allem in der Beziehung zu seinem Stiefsohn Wade (Jacob Tremblay), die dem Film ungeahnte Tiefe gibt. Nach seiner Mutation übernimmt Bewegungskünstlerin Luisa Guerreiro die physische Verkörperung des Toxic Avengers – ein kluger Schachzug, der dem grotesken Körper durch tänzerische Präzision eine merkwürdige Grazie verleiht.
Taylour Paige (Zola) überzeugt als idealistische Whistleblowerin J.J., Elijah Wood glänzt in ungewohnter Rolle als windiger Handlanger Fritz mit gruseligem Charisma, während Kevin Bacon und Julia Davis als sadistisches Antagonisten-Duo sichtlich Spaß an ihrer Überzeichnung haben. Ihre überzogene Boshaftigkeit ist dabei nie bloß Klamauk, sondern Spiegel einer entmenschlichten Elite.

Trash mit Haltung und Herz
Was The Toxic Avenger im Kern so faszinierend macht, ist seine paradoxe Mischung aus Splatter, Slapstick und subversiver Botschaft. Trotz – oder gerade wegen – seiner exzessiven Gewaltdarstellung bleibt der Film überraschend gutmütig. Die Splatter-Einlagen sind so überdreht inszeniert, dass sie mehr Comic als Horror sind, und der Blutrausch verkommt zur Parodie auf das Genre selbst. Dass hinter der absurden Maske des Monsters ein empfindsames Herz schlägt, wird dabei nie vergessen.
Sicher, die Geschichte ist stellenweise überfrachtet, die Figurenentwicklung minimal, und manch ein Gag trifft nicht ins Schwarze. Aber genau das gehört zur DNA des Originals, die Blair gekonnt in die Gegenwart überträgt. Statt sich auf glattpoliertes Marvel-Niveau zu hieven, bleibt The Toxic Avenger ein wilder, kratzbürstiger Außenseiterfilm – und damit seiner Vorlage treu.
Fazit: Macon Blair gelingt ein respektvoll respektloses Reboot, das mit Herz, Humor und literweise Kunstblut überzeugt. Peter Dinklage brilliert in einem absurden, aber aufrichtigen Film über Wut, Gerechtigkeit und toxische Systeme.
Film Bewertung 7 / 10