Inhalt: Dwayne Johnson spielt Mark Kerr, eine Legende der Mixed Martial Arts – unnachgiebig im Ring, rastlos und zerrissen im Leben. Dabei offenbart Johnson eine völlig neue Seite: Facettenreich, verletzlich und mit unglaublicher Präsenz spielt er einen Mann, der an seinem rauschhaften Leben zwischen Höhenflug, Erfolgsdruck und dem Kampf gegen die eigenen Dämonen fast zerbricht.
Aufstieg und Absturz eines Champions
Ein japanischer Journalist stellt dem Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Mark Kerr zu Beginn von The Smashing Machine, die Frage: „Wir als Menschen verlieren manchmal. Wie würde sich das anfühlen?“ Kerr, gespielt von Dwayne Johnson, ist zu diesem Zeitpunkt ungeschlagen. Niederlagen kennt er nicht, das Konzept des Verlierens ist ihm fremd. Er wirkt verwirrt, hilflos und genau darin liegt der Kern des Films. Denn was folgt, ist die Geschichte eines Mannes, der lernen muss, wie sich Scheitern anfühlt.
Der Film spielt in den Jahren 1997 bis 2000, den wilden Anfangszeiten der Ultimate Fighting Championship. Regeln wie „kein Augenausstechen“ wurden gerade erst etabliert, Kämpfe hatten noch etwas von anarchischem Ausnahmezustand. Johnson verkörpert Kerr vom ersten Profikampf bis zum Moment der Zerstörung: gebrochen, wiederaufgebaut, erneut gebrochen. Es ist ein radikales Sportdrama, das Verlust nicht nur als Karriereknick, sondern als existenzielle Erfahrung begreift.
Parallel dazu spiegelt der Film auch Johnsons eigenen Weg. Der frühere Wrestling-Superstar und spätere Hollywood-Megastar musste in den letzten Jahren selbst Rückschläge verkraften: Baywatch brachte ihm eine Goldene Himbeere ein, Black Adam konnte die Hierarchie im DC-Universum nicht verändern. In The Smashing Machine antwortet Johnson künstlerisch auf diese Tiefpunkte. Mit ungewohnter Verletzlichkeit spielt er, als hätte er etwas zu beweisen – und liefert die bislang stärkste Performance seiner Karriere.
Benny Safdies menschliches Porträt
Regie führt Benny Safdie, diesmal ohne seinen Bruder Josh. Nach Uncut Gems und Good Time wirkt sein Stil hier weniger sprunghaft, bleibt aber einer naturalistischen Indie-Sensibilität verpflichtet. Safdie zeichnet ein zutiefst menschliches Bild einer widersprüchlichen Figur: Kerr ist gewalttätig, stark und opiatabhängig, zugleich jungenhaft, sanft und höflich.
Diese Ambivalenz wird in kleinen Momenten spürbar. Im Flugzeug bittet Kerr, den Sonnenuntergang sehen zu dürfen. Auf dem Rummel entscheidet er sich für das Karussell, weil er sich mit seinem Bauch schämt. Zuhause schlägt er eine Tür ein, nur um später zu sagen: „Ich will nur, dass du mich wie einen Mann behandelst.“ Safdie zeigt einen Kämpfer, der nicht nur im Ring, sondern auch im eigenen Leben auf der Suche nach Anerkennung ist.
An Kerrs Seite steht seine Freundin Dawn, gespielt von Emily Blunt. Sie ist ebenso unbeständig wie er, doch bleibt ihre Figur hinter dem Protagonisten zurück. Safdie kann das klassische „besorgte Ehefrauen“-Problem nicht ganz umgehen. Trotz Blunts starker Präsenz wirkt ihre Rolle manchmal klischeehaft, die Dynamik zwischen den beiden jedoch bleibt kraftvoll und intensiv.
Auch sonst bedient sich der Film gelegentlich bekannter Genre-Muster. Eine Trainingsmontage darf nicht fehlen. Doch diese Momente werden konterkariert durch die elegante, fast verträumte Musik von Nala Sinephro und einen klug eingesetzten Bruce-Springsteen-Song, die dem Film poetische Tiefe verleihen.
Johnsons Transformation vom Blockbuster-Giganten zum Charakterdarsteller
Besonders spannend ist der Kontrast zu Johnsons bisherigen Rollen. Über Jahre hinweg verkörperte er den unerschütterlichen Actionhelden in Filmen wie Fast & Furious, Jumanji oder San Andreas. Immer größer, immer lauter, immer spektakulärer – so lautete das Prinzip. In Komödien setzte er auf seine physische Präsenz und seinen Charme, oft verbunden mit ironischer Selbstironie. Doch diese Rollen waren darauf angelegt, Johnson als unbesiegbaren Koloss zu inszenieren, als Star, der nie wirklich scheitern darf.
Der Film bricht radikal mit diesem Image. Johnson zeigt sich verletzlich, fehlerhaft, süchtig, zweifelnd. Anstatt Muskeln und Coolness in den Vordergrund zu stellen, legt er die Zerrissenheit seiner Figur offen. Der Film zeigt, dass Johnson mehr kann, als Box-Office-Zahlen zu jagen: Er kann Charaktere mit Brüchen verkörpern, er kann scheitern und gerade darin Größe zeigen. Damit reiht er sich ein in eine Tradition von Schauspielern, die sich neu erfinden, wenn man sie längst festgelegt glaubte.
The Smashing Machine ist kein klassisches Märchen vom Sieg über alle Widrigkeiten. Er ist komplexer, trauriger, ehrlicher. Wie Raging Bull findet er poetische Schönheit im Ring. Wie Rocky begreift er das Scheitern als wertvollen Teil des Lebens. Johnson gelingt es, einen Helden darzustellen, der stärker in seinen Niederlagen leuchtet als in seinen Siegen.
Fazit: Benny Safdie gelingt mit The Smashing Machine ein Sportdrama mit emotionaler Tiefe. Dwayne Johnson überrascht mit der besten Leistung seiner Karriere und zeigt eine Seite, die man so von ihm nicht kennt. Der Film erzählt nicht nur von Kämpfen im Oktagon, sondern von der Anstrengung, Mensch zu sein und darin liegt seine eigentliche Stärke. Film Bewertung 7 / 10