Erstausstrahlung: 23. April 2020 Sender: Sky Atlantic HD
Idee: Gareth Evans Anzahl der Folgen: 9 – ( Episode 1 in Spielfilmlänge )
Regisseure: Gareth Evans, Corin Hardy, Xavier Gens
Story: London wird von Machtkämpfen innerhalb des organisierten Verbrechens erschüttert. Als der Boss der einflussreichsten Gangsterfamilie bei einem Anschlag stirbt, entsteht ein plötzliches Machtvakuum, das die Rivalitäten weiter anheizt.
Exzellent orchestrierter Blutrausch
Wenn man kein großer Fan von Guy Ritchie ist, klingt eine neue Serie namens „Gangs Of London“ vielleicht etwas abschreckend. Tut euch selbst einen Gefallen und ignoriert diesen Gedanken. Dies ist ehrlich gesagt, eine der besten Serien, die Sky oder bekannte Streaming-Portale seit einiger Zeit ( Narcos, Breaking Bad, ZeroZeroZero, Ghomorra, Peaky Blinders ) veröffentlicht hat.
Es handelt sich um ein gewalttätiges, gefilmtes Epos, über das man wahrscheinlich in einem Atemzug mit Game Of Thrones sprechen kann, wenn es um unglaublich vertrackte Erzähl Dimensionen geht. Nämlich eine komplexe Gang – Politik und das Gefühl, dass jeder Charakter jederzeit getötet werden könnte. In „Gangs Of London“ geht es um das organisierte Verbrechen in der Hauptstadt, soviel ist sicher, aber es ist eine Million Meilen von dem entfernt, was ein durchschnittlicher Serien-Liebhaber zu schätzen weiß.
Man muss keinerlei Interesse an Gangster Storys haben, um süchtig nach Gangs Of London zu werden. Aber man muss schon einen resistenten Magen, aufgrund der dargestellten Gewaltorgien haben.
Pilotfolge als Achterbahnfahrt in Spielfilmlänge
Der Pilotfilm, dieser neun teiligen Serie, ist in Spielfilmlänge, bei der der Mitschöpfer der Serie (zusammen mit Matt Flannery) – Gareth Evans Regie führt. Man kennt den walisischen Regisseur durch seine „The Raid“-Filme, die dem westlichen Publikum die indonesische Kampfkunst Pencak-Silat nahe brachten.
Darin werden wir den Wallaces, der wichtigsten Verbrecherfamilie in London, vorgestellt. Der Boss Finn Wallace (Colm Meaney) und seine rechte Hand Ed Dumani (Lucian Msamati) bauten das Unternehmen von Grund auf auf, aber jetzt ist ihr Imperium in Aufruhr. Finn wurde ermordet, und es ist die Aufgabe seines Sohnes Sean (Joe Cole), herauszufinden, wer den Anschlag befohlen hat, und die Organisation der Wallace’s in Ordnung zu halten.
In einem, wie Evans es nennt, „gothamisierten“ London ist es eine Welt, die sowohl vertraut als auch seltsam ist, ob man die Stadt nun kennt oder nicht. Evans entschied sich dafür, die wichtigsten Wahrzeichen aus der Skyline zu entfernen, doch das Gefühl der verschiedenen Bezirke, die die Serie durchquert, ist wiedererkennbar.
London ist der perfekte Schauplatz
Die Hauptstadt ist der perfekte Schauplatz für eine Serie wie diese. Ein absoluter kultureller Schmelztiegel und Nährboden des organisierten Verbrechens, dem man bisweilen nur schwer folgen kann. Wir begegnen den Albanern und Kurden, den Nigerianern und Pakistanis sowie der reisenden Gemeinschaft der Gypsy. Jede Gruppe hat unterschiedliche Ziele und Loyalitäten, die mit verschiedenen Teilen der Unterwelt verbunden sind.
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Die „geschäftlichen“ Interessen der Wallaces umfassen den Schutz der Banden, die die Docks kontrollieren, den Drogenhandel, die Expansion der Besitztümer, die Geldwäsche und vieles mehr. Ein kriminell gesteuerter Hedge-Fonds, wenn man einen Vergleich ziehen möchte. Im Mittelpunkt der Show steht Joe Cole ( Peaky Blinders ) als Sean, der „Junge, der Städte brennen sehen würde, um zu beweisen, dass er ein Mann ist“.
Als trickreicher Wahnsinniger, berauscht von Trauer und Macht, der vor den einflussreichsten und gefährlichsten Leuten der Stadt zu Gericht zieht. Sean fordert einen vollständigen Stillstand für alle kriminellen Aktivitäten, bis er den Mörder seines Vaters gefunden hat. Wie man sofort vermutet, ist das eine unpopuläre Entscheidung mit Konsequenzen.
Klare Marschrichtung nach fünf Minuten
Gangs Of London ist sowohl ein Familien-Melodram als auch ein gewalttätiger Thriller, in dem die Beziehungen zwischen den Wallaces – Mutter (Michelle Fairly – Game Of Thrones ), ein würdevoller Lady Macbeth-Typ, ihre Jungen Sean und Billy (Brian Vernel), ihre Tochter Jackie (Valene Kane), das einzige Familienmitglied, das geflohen zu sein scheint – und den Dumanis, ihrer Ersatzfamilie, auf die Probe gestellt werden.
Dann ist da noch Elliot (Sope Dirisu), der einem „Helden“ am nächsten kommt. Elliot ist ein Typ, der eine Gelegenheit sieht, durch die Nähe des verletzlichen Sean in die Organisation einzusteigen. Sein Weg wird mit dem Fortschreiten der Show immer wichtiger, und Dirisu hat bei den Kampfsequenzen eine Menge harter Aufgaben zu bewältigen. Dirisu, der kein ausgebildeter Kampfkünstler war, hat sich der Herausforderung mit Bravour gestellt, und es ist faszinierend, ihn in Aktion zu sehen.
Wir dürfen an dieser Stelle nicht die angesprochene Gewalt vergessen. Gangs Of London beginnt mit einem, an einem Seil baumelnden Mann, der in Brand gesteckt und von einem Gebäude geworfen wird. Es handelt sich um eine zufällige Figur, von der wir nie wieder etwas hören. Und es ist ein Intro, das die Prämisse der Serie klar umreißt. Es wird brutal und es wird Blut fließen.
Brutalität, Macheten und ein Hackebeil
Menschen werden bei lebendigem Leib verbrannt und in Beton ertränkt, Zähne und Fingernägel werden herausgerissen, und man wird Zeuge von mehr Schießereien, Messerstechereien und Schlägen, als man am Bildschirm verfolgen kann.
Das ist nicht immer zum Selbstzweck oder plumpe, verherrlichende Gewalt, aber an manchen Stellen bringt Evans seine ostasiatischen Einflüsse in die Episoden ein, die hier und dort zu Comic-haft wirken. Wobei bestimmte Versatzstücke so sorgfältig choreographiert sind, dass sie sich wie ( blutige ) – Tänze anfühlen. An anderer Stelle, springt „Gangs Of London“ Kopfüber ins Horror Genre – mit sehr sehr grimmigen und unerbittlichen Kämpfen, in dem eine Hackebeil und Macheten eine Rolle Spielen.
Es tröpfelt auch ein wenig schwarzer Humor der aller dunkelsten Art durch die Serie. Da sich zu Evans als Regisseur, seine Kollegen Corin Hardy, bekannt für The Hallow und The Nun – und Slasher Experte Xavier Gens gesellen, der die düsteren Horrorfilme Frontier(s) und The Divide sowie die Computerspiel-Adaption Hitman gedreht hat.
Episode fünf setzt ein Ausrufezeichen
Die Serie ist ein logisches Ganzes, aber jede Episode glänzt in ihrer Einzigartigkeit. Ob es sich dabei um ein herausragendes Bühnenbild, eine uns erleuchtende Rückblende oder einen wichtigen Cliffhanger handelt. Sie sind alle großartig und blenden unsere Augen in bestimmten Episoden besonders.
Die Geschichte von Lale (Narges Rashidi) in Episode drei ist schockierend und kraftvoll, während sich Episode fünf an sich wie ein ganzer Film anfühlt. Hier sticht die Episode fünf aus allen hervor: Beinahe die gesamte fünfte Folge serviert uns Gareth Evans als eine ungewöhnlich – choreographierte Folge von Kampfszenen, die den Zuschauer optisch überwältigen und unter Anspannung halten.
Ein Wechsel ins Western Genre, liefert eine für Serien-Maßstäbe überragende Episode – und Anschauungsunterricht in Sachen Setting, Actionszenario und Timing. Ultra-brutal, großartig fotografiert, exzellent geschnitten, perfekt abgestimmt gespielt. Hier stimmen die Feinheiten, die Nuancen, die Slow-Mo-Aufnahmen, die Zooms, die fesselnde Verzögerungen, jeder brachial gefilmte Kontrollverlust.
Der Pilotfilm ist Kompromisslos und jongliert geschickt mit mehreren Handlungssträngen, Kulturkreisen und Charakteren. Dazu die großartige Aufnahmen, das gestochen scharfe Sound-design, die sehr gute Ensemblebesetzung und die Actionsequenzen, die mindestens so gut sind wie alles, was man im Kino geboten bekommt.
Fazit: Gangs Of London ist ein beeindruckendes, explosives, aufregendes Must-Watch für Fans von epischer Action und Achterbahnfahrt-artiger Erzählung, die ein viel Gore Elemente vertragen sollten.
Hier gibt es keine Low-Budget-Gangland-Spielwiese: Gangs Of London arbeitet mit den großen Geschützen der Serienlandschaft. Geschmälert wird das Ergebnis nur durch seine unnötige, manchmal zu Comic-hafte Brutalität und fehlenden Tiefgang.
Serien Bewertung 8,5 / 10
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