Genre: Drama / Thriller | Besetzung: Matt Damon, Abigail Breslin, Camille Cottin, Deanna Dunagan | Regie: Tom McCarthy | Laufzeit: ca. 140 Minuten | FSK: Ab 12 Jahren
Drehbuch: Tom McCarthy, Marcus Hinchey, Thomas Bidegain, Noé Debré | Produzenten: Steve Golin, Tom McCarthy, Jonathan King, Liza Chasin
Inhalt: Als seine Tochter während ihres Auslandsstudiums in Südfrankreich wegen Mordverdachts verhaftet wird, reist Bohrarbeiter Bill Baker (Matt Damon) aus Stillwater, Oklahoma, nach Marseille. Obwohl die beiden eigentlich nur wenig Kontakt haben, will er alles daransetzen, ihre Unschuld zu beweisen.
Film Kritik
von Ilija Glavas
Glücklicherweise ist Stillwater überraschenderweise weder ein Klischeebehafteter – Film über einen Killerhai, der ein verschlafenes Fischerdorf terrorisiert, noch ein Rock-Dokumentarfilm über Billy Crudups Band (Stillwater) in Almost Famous.
Stattdessen liefert Tom McCarthy mit seinem ersten Ausflug in die Welt der Erwachsenenfilme seit dem Oscar-prämierten „Spotlight“ zwei Filme zum Preis von einem. Er beginnt als knallharter Vater-mit-einer-Mission-Film, bevor er sich in ein Beziehungsdrama verwandelt und dann wieder zurück mutiert.
Auch wenn er sich nie ganz für ein Genre entscheiden kann, so ist Stillwater doch die Art von Mid-Budget-Film, die Hollywood angeblich nicht mehr macht. Ursprünglich für die Preisverleihungssaison 2020 geplant – stattdessen wurde er in Cannes gezeigt – liefert er ein unterhaltsames, wenn auch überlanges Thriller-Drama.
Eine willkommene Überraschung: es ist kein weiterer Taken-Film
Matt Damons Bill Baker, ein Ölbohrinsel Arbeiter aus Stillwater, Oklahoma, überquert den großen Teich, um seine Tochter Allison (Abigail Breslin) in einem Gefängnis in Marseille zu besuchen. Allison, die des Mordes an ihrer Freundin Lina angeklagt ist, hat keine rechtliche Handhabe mehr und übergibt Bill einen Brief, der vielleicht eine Möglichkeit darstellt, den Fall noch einmal zu überprüfen.
Als Bill mit der strengen französischen Justiz Bekanntschaft macht, nimmt er die Sache selbst in die Hand, sucht Detektive und DNA-Tests, spricht mit Zeugen und jagt Verdächtige. Was sich zuerst nach Liam Neeson`s „Taken“ anhört, ist viel menschlicher.
Es gibt Sackgassen – und die Handlung wird durch die entfremdete (aber nicht sonderlich fesselnde) Beziehung zwischen Bill und Allison gefiltert, die sich in kurzen Gefängnisbesuchen abspielt. Bill wird bei seiner Suche von der Theaterschauspielerin Virginie (Camille Cottin) unterstützt, und nach etwa der Hälfte des Films wechselt Stillwater seine Gangart.
Der Fokus auf das Familiendrama lässt die Thriller Elemente schwinden
Matt Damons verschiedenen Nuancen seines konzentrierten Schauspiels in diesem Film sind beeindruckend, da er sowohl Wut, Unsicherheit als auch Liebe darstellen kann. Er kann die unsicheren Gefühle dieses stoischen Mannes einfangen und gleichzeitig die Schleusen öffnen, um ergreifende Emotionen zu vermitteln.
Es ist eine interessante Dynamik im Spiel, wenn der gottesfürchtige, waffenliebende Amerikaner (eine Schrotflinte und eine Glock) versucht, eine gemeinsame Basis mit einer liberalen französischen Schauspielerin zu finden – „Was soll ich in einem verdammten Theater?“, sagt Bill an einer Stelle.
Cottin (ausgezeichnet) und die junge Siauvaud (muss man einfach gern haben) – schaffen eine warme, einladende Atmosphäre, um das Publikum auf eine emotionale Reise mitzunehmen. Im Zentrum dieser Geschichte steht ein tragisches Geheimnis, das für reichlich Spannung sorgt und alle beteiligten Figuren vor Herausforderungen stellt.
Die Motive sind vielleicht zu nahe an der Oberfläche, da das Drehbuch sie aufdringlich formuliert, aber sie sind nichtsdestotrotz ergreifend. Der Fokus auf das Familiendrama lässt die Dynamik der Ermittlungen schwinden, und einige der Thriller-Aspekte wirken inmitten der gut beobachteten, intimen Momente unecht.
Das Ganze wird solide von einem wortkargen Matt Damon getragen, der sehr glaubhaft ist in seinem Kampf, sowohl mit den Geistern der vergangenen – als auch aktuellen Beziehungen, während er zaghaft neue Beziehungen eingeht. Er entdeckt dabei auch etwas, was lange Zeit verloren schien: ein Miteinander und eine andere Art zu Leben.
Der subtile Charakter von McCarthys Regie ist beeindruckend
McCarthys Regie Leistung ist überzeugend und der Schauplatz Marseille wirkt unverbraucht. Es gibt Augenblicke der Angst und des Schocks, gefolgt von Sequenzen mit packender Spannung.
Die Emotionen in seinem Film steuert McCarthy mit absoluter Präzision, denn Stillwater lässt einen gleichzeitig betroffen und bewegt zurück. Außerdem ist dies ein wunderschöner Film, der mit seiner Bildgestaltung und Kameraführung fesselt und beeindruckt.
Fazit: „Stillwater“ vermischt die Suche nach Gerechtigkeit, die Vater-Tochter-Dramatik und die Romantik von Vierzigjährigen zu einem erfrischend erwachsenen Drama. McCarthy liefert einen sehenswerten Film mit viel Herz, Schmerz und Spannung. Es fügt sich nicht vollständig zu einem perfekten Thriller, aber Damon und Cottin halten beides fesselnd zusammen. Wertung 7 / 10
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