Inhalt: Als die geheimnisvolle Gefängnispsychiaterin Rebecca (Anne Hathaway) in die Kleinstadt von Neuengland zieht, gerät das unspektakuläre Leben der biederen Eileen (Thomasin McKenzie) ins Wanken.
Film Kritik
In William Oldroyds eher standardmäßigem Neo-Noir, der auf dem in den 1960er Jahren spielenden Roman von Ottessa Moshfegh basiert, vermittelt „Eileen“ vor vor allem das Gefühl des Eingesperrt-Seins. Eine Geschichte über Tristesse und Verkommenheit in einem Vorort irgendwo in Massachusetts.
Die zahlreichen Bilder mit Gittern, Zäunen und Glaswänden sprechen für sich. Von außen blickt uns eine etwas verkrampfte Thomasin McKenzie entgegen, die ein naives Mädchen spielt, das nur darauf wartet, von anderen manipuliert zu werden. Was sie zu einer Außenseiterin macht, ist offensichtlich.
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Sie wohnt auf dem Dachboden, einem sicheren Ort für Außenseiter und Sonderlinge. Woher wir wissen, dass sie sich in dem tristen Vorort, den sie ihr Zuhause nennt, gefangen fühlt? In ihrem Auto wabern so viele giftige Abgase, dass sie jedes Mal zu ersticken droht, wenn sie losfährt.
Eileen lebt in einem Zustand ständiger Beobachtung und schaut sich tatenlos das Leben und die Vergnügungen der Menschen in ihrem Umfeld an. Wir begegnen ihr zum ersten Mal, als sie ein Paar dabei beobachtet, wie es sich in einem Auto mit beschlagenen Fensterscheiben amüsiert. Ein unbestreitbar pikanter Auftakt, der den Weg für abgedrehte psychosexuelle Eskapaden eröffnet, den Regisseur Oldroyd aber nie wirklich zu Ende geht.
Die Beziehung der beiden Frauen ist interessant
Allerdings lockt er uns mit dieser Idee. So wird der Film aus Eileens Perspektive erzählt, und ihre lasziven Tagträume. Darunter fällt auch Sex mit einem Wärter in der Vollzugsanstalt für jugendliche Straftäter , in der sie arbeitet, und an der Glastrennwand der Verhörräume stattfindet, der die Erzählung durchbricht.
Diese Phantasiereisen, die später in ihren Gewaltausbrüchen gipfeln, wirken schnell ermüdend, weil sie sich als unterhaltsamer erweisen als die träge Langeweile, die den Film ausmacht. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem Anne Hathaway auftaucht. Ihre Rebecca ist so angezogen und aufgestylt, dass sie sich von dem gewollt faden Filmdesign deutlich abhebt.
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Sie steigt in einem auffälligen Hahnentrittmuster-Mantel, einer flotten Baskenmütze und einem kühlen, Hitchcock-blonden Kurzhaarschnitt aus ihrem lippenstiftroten Auto. Auch Vergleiche mit Marylin Monroe lassen sich nicht ganz vermeiden.
Hathaway ist wie ein Magnet, sie zieht den Betrachter mit ihrem verführerischen Vibe und ihrer femininen Anziehungskraft in ihren Bann. Es ist kein Wunder, dass die schüchterne Eileen auf Anhieb von ihr fasziniert ist. Rebecca ist impulsiv, weltgewandt und begehrenswert – all das, was sie nicht ist.
B-Movie-Thrill statt nuanciertes Charakterdrama
Der Film verrät nicht, ob Eileen mit Rebecca zusammen sein will oder nicht, und lässt ihr obsessives Verhalten für Interpretationen offen. Eileen schwelgt in süffisanten Andeutungen – die Hand auf einem entblößten Knie, ein Tanz in einer Bar, ein einfacher Kuss auf den Mund. Das weckt die Neugierde des Zuschauers, wie es mit den beiden Frauen weitergeht, während man die subtile und schwelende Eskalation spürt und erwartungsvoll auf einen Ausbruch wartet.
Allerdings verpufft dieses Unterfangen, sobald Oldroyd einen unerwarteten Schwenker in Richtung eines konventionellen Thrillers nimmt und damit das subtile Charakterdrama aushebelt und den Tonfall ruiniert. Das ist eine enttäuschende Entwicklung, die zu einem unbefriedigenden Ende führt, besonders wenn die Dinge gerade anfangen, spannend zu werden.
Fazit: Klassischer Fall von „Schade“. Anne Hathaway und (vor allem) Tomasin McKenzie sind eine Bereicherung für diese schlaffe Genre-Veranstaltung, die leider dem B-Movie-Thrill den Vorzug vor einem nuancierten Charakterdrama gibt.
Film Bewertung 4.5 / 10