Inhalt: 791 Kilometer, das ist die Fahrtstrecke zwischen München und Hamburg. Die man schnell und bequem per Zug oder Flugzeug hinter sich bringt – es sei denn, ein Sturm legt alle Verbindungen lahm. So wie an diesem Abend, an dem Marianne (Iris Berben), Tiana (Nilam Farooq), Susi (Lena Urzendowsky) und Philipp (Ben Münchow) im heiß umkämpften Taxi von Josef (Joachim Król) landen.
Hier wird gestritten, gelacht, geweint, sich versöhnt, gelogen und die Wahrheit gesagt. Und mit jedem der 791 Kilometer, die die kleine Schicksalsgemeinschaft ihrem Ziel näherkommt, wird klarer, dass es die eine, eigene Wahrheit nicht gibt, und dass die Dinge nicht immer so liegen, wie es auf den ersten Blick scheint.
Film Kritik
Ein Sturm verhindert das Zugreisende keine Möglichkeit haben aus München wegzukommen. Auch alle Flüge sind gestrichen. So müssen Tiana und Philipp, die schnellstmöglich nach Hamburg müssen, auf eine Alternative umsteigen. Zum Glück gibt es Taxis, und eines scheint noch frei zu sein. Bis auf Marianne und Susi, die das Taxi schon zu belegen scheinen. Kurzerhand bildet sich eine Fahrgemeinschaft, welche die 791km zusammen mit ihrem Taxifahrer Josef antreten wollen.
Doch eine solch lange Fahrt birgt das Risiko, das man sich kennenlernt und auf gegenseitig die Nerven geht. Vor allem da Tiana und Philipp gerade in einer Beziehungskrise stecken, Susi einen ganz besonders eigenen Kopf hat und Marianne versucht Josef besser zu verstehen. So ecken die fünf, auf der langen Fahrt nach Hamburg, immer wieder an.
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Ein Kammerspiel der etwas anderen Art. Obwohl man hier optisch an den Tatort „Taxi nach Leipzig“, der zweimal verfilmt wurde, erinnert wird. Im Gegensatz zum Tatort fehlt hier aber die Spannung, welche sich in den tristen Dialogen und der unaufgeregten Handlung verliert.
Dabei kann ein solches Kammerspiel durchaus funktionieren, mit den richtigen Charakteren und gut geschriebenen Dialogen. Aber schon bei den Figuren gibt es die ersten Schwächen des Films. Marianne, eine ältere Dame, die sich gegen den Klimawandel und für die Umwelt einsetzt, wird von Iris Berben gespielt. Doch schon nach den ersten Filmminuten hat man das Gefühl, nur eine weitere von Berbens immer ähnlicher werdenden Figuren zu sehen.
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Ihre Figuren machen selten Veränderungen durch, die für Berben als Schauspielerin spannend und fordernd wären, weshalb ihre Auftritte immer wieder gleich aussehen. In 791km möchte Marianne gar nicht in das Geschehen integriert werden. Sie ist fast überflüssig für den Film und die Konstellation der Reisenden.
Zu harmoniebedürftig statt einfach mal mutig
Lena Urzendowsky als Susi, die durch eine traumatische Vergangenheit eine leichte Behinderung hat, spielt als einzige am überzeugendsten, auch wenn die Figur der Susi im Film immer wieder seltsame Momente hat, die etwas unglaubwürdig erscheinen, so schließt man sie am ehesten ins Herz.
Trotz Tianas Ablehnung erinnert die Liebesgeschichte zwischen Tiana und Philipp stark an die Geschichte von Werken wie „Tatsächlich Liebe“. Auch hier wird überdeutlich, wie sehr das deutsche Kino an Harmoniebedarf leidet, anstatt einfach couragiert zu sein. Aber vielleicht möchte der Film dem Ende einen positiven Touch verleihen ein bisschen Weihnachtszauber vermitteln, denn der Film läuft kurz vor Weihnachten in den deutschen Kinos an.
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Viel spannender wäre es aber gewesen, die von Nilam Farooq gespielte Figur selbst über ihre Gefühle entscheiden zu lassen. Der Zuschauer wird durch ihren anfänglichen Wutausbruch und die schnelle Versöhnung zum Ende hin etwas verwirrt. Es ist, als würden alle Zweifel von Philipps wenigen Liebesbekundungen hinweggefegt werden. Das lässt die beiden Figuren so unrealistisch erscheinen, dass man gar nicht erst mit ihnen mitfühlen kann.
Die interessanteste Figur ist Josef der Taxifahrer, auch wenn er leider nicht sehr in den Mittelpunkt gerückt wird, weshalb man gegen Ende der Geschichte auch mit ihm nicht wirklich mit fiebern wird. Der Film schafft es nicht, für irgendeine der Charaktere Mitgefühl zu erzeugen. Und das ist die aller größte Schwäche des Films.
Keine Dynamik und Dialoge wie aus einem Textbuch
Aber auch die Dialoge, welche zwischen lebensbejahenden Jubelrufen und tieftraurigen Geständnissen hin und her schwanken, wollen nur selten den jeweiligen Figuren entsprechen. Alles klingt wie aus einem Textbuch vorgetragen. Somit entsteht keine Dynamik und keine sich selbst entwickelnde Handlung. Themenbereiche werden ausschließlich abgehakt und nur durch das ein oder andere Logikloch unterbrochen.
Auch der angesetzte Humor möchte nicht den Funken überspringen lassen. Und so wirken herbeifahrende Polizisten in ihren Entscheidungen lächerlich und Figuren wie Philipp dämlich. „791km“ ist der anstrengendste Roadtrip den man in den letzten Jahren im Kino bestaunen durfte und enttäuscht vor allem in den wichtigsten Kategorien: Darsteller, Handlung und Spannungsaufbau.
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Keine unvorhersehbare Wendung, keine mutige Auflösung, keine bahnbrechende Kamera. Und auch die wenigen Momente, in denen der Film durchaus über kurze Augenblicke verfügt, wo er durch den Monolog einer Figur oder die eingefangenen Emotionen überzeugen mag, wiegen die restlichen 103
Minuten leider nicht auf.
Fazit: Letztendlich will man gar nicht zu den fünf Leuten ins Taxi einsteigen, denn der Pep Talk, den der Film vermitteln möchte, wurden in anderen Filmen schon viel besser umgesetzt und präsentiert.
Film Bewertung 4 / 10