Inhalt: Der zurückgezogen lebende, sehr fettleibige Lehrer Charlie (Brendan Fraser) hat damit zu kämpfen, per Videotelefonie mit seinen Schülern in Kontakt zu treten und gleichzeitig ein Trauma aus der Vergangenheit zu verarbeiten. Als ihm seine Freundin und Krankenschwester Liz (Hong Chau) mitteilt, dass sich sein Gesundheitszustand rapide verschlechtert, versucht er, eine Beziehung zu seiner entfremdeten Teenagertochter Ellie (Sadie Sink) aufzubauen.
Bei Darren Aronofsky scheint es sich um einen Regisseur zu handeln, der vom Extremen fasziniert ist. Mit Black Swan hat er gezeigt, wie weit jemand gehen kann, um Perfektion zu erreichen. In Requiem For A Dream ging es um die Abgründe, in die sich ein Süchtiger stürzen kann.
In The Whale wird das Extreme durch einen Mann namens Charlie (Brendan Fraser) zum Ausdruck gebracht, der mit seiner Körperfülle und seinem zurückgezogenen Lebensstil die menschlichen Grenzen ausreizt. Interessant ist, dass die interessantesten Aspekte dieses Films – und die von Charlie – nicht im Außergewöhnlichen, sondern im Alltäglichen zu finden sind.
She Said braucht keinen Schnickschnack, um diese beispiellose Geschichte zu erzählen
Im Mittelpunkt des Films, der das Publikum begeistern soll, steht Charlies körperliche Erscheinung, die durch relativ überzeugende (wenn auch entmenschlichte) Prothesen dargestellt wird. Er ist sehr, sehr „fett“. Sein Bauch hängt ihm über die Hose. Seine Kieferpartie verschwindet in seinem Nacken.
Nüchterne Farben, räumliche Beschränkung und wenig visuelle Abwechslung
Eingeführt wird er durch eine Masturbationsszene, bei der er sich krampfhaft windet und wir sehen seinen entblößten Körper in der Dusche. Aronofskys Regie – und Samuel D. Hunters Drehbuch, das er nach seinem eigenen Theaterstück verfasst hat – zeigt großes Mitgefühl für Charlie, kann sich aber dennoch nicht dem Eindruck entziehen, seine körperliche Beschaffenheit als Attraktion zu nutzen.
Seine Fettleibigkeit ist etwas, das man verurteilen, bemitleiden oder beiseiteschieben kann. Während die Nebenfiguren es größtenteils schaffen, nicht in diese Muster zu verfallen, unternimmt der Film selbst wenig, um das tatsächliche Problem zu hinterfragen, mit dem jemand wie Charlie konfrontiert ist, und wie das sein Trauma, sein Schamgefühl und seine Schuldgefühle noch verstärkt.
Mit „Licorice Pizza“ zeigt Paul Thomas Anderson, was er drauf hat
Viel fesselnder als Charlies Körper ist sein Auftreten – seine Gewohnheit, sich eine Pizza zu bestellen und sich dann vor dem Lieferanten zu verstecken. Er täuscht vor, dass seine Webcam kaputt ist, damit seine Schüler ihn nicht zu Gesicht bekommen; er hat selbstzerstörerische Naschgewohnheiten, die mit Essen wenig und mit seinen Emotionen alles zu tun haben.
Was die Darstellung des Dickseins in The Whale an Neuland zu bieten hat, macht er durch seine Authentizität in Bezug auf die unbarmherzige, beklemmende Erfahrung einer Essstörung wieder wett. Abgesehen davon ist es der Theaterursprung von The Whale und die Art und Weise, wie sich dieser auf die filmische Adaption überträgt, welcher den Film am stärksten belastet.
Fraser bekommt den Raum, um seine komplexe Rolle so menschlich zu interpretieren
Die räumliche Beschränkung auf einen einzigen Schauplatz bringt Charlies Isolation gut rüber, aber die nüchterne Farbpalette und der Mangel an visueller Abwechslung werden mit der Zeit langweilig. Die Nebenhandlung des Missionars Thomas (Ty Simpkins) wirkt wie eine Verschwendung, und seine Hintergrundgeschichte ist bei weitem nicht so spannend wie der Rest des Films.
Der Hauptakteur ist zweifelsohne Brendan Fraser. Es ist unmöglich, die Parallelen zwischen seinen Erfahrungen in Hollywood (und seinem Rückzug aus Hollywood) und Charlies Rückzug von der Außenwelt zu übersehen. Seine Leinwandpräsenz verleiht dem Film die dringend benötigte Empathie und gibt einer Figur, die aus extremen Gegensätzen besteht, die notwendige Unbeschwertheit und Natürlichkeit.
„Knock At The Cabin“ ist ein effizienter Thriller, der noch tagelang nachklingen wird
Charlie ist sowohl egoistisch als auch selbstlos: er ist unglaublich optimistisch, was das Potenzial seiner Tochter Ellie (eine grandiose Sadie Sink) angeht, aber hoffnungslos, was sein eigenes Potenzial betrifft. Er kann seine Fehler erkennen, aber keine Verantwortung für sie übernehmen. So emotional herausfordernd dies für Fraser auch gewesen sein mag, so ist es doch der wahre Erfolg von The Whale, dass man ihm den Raum gibt, eine so komplexe Rolle auf so durchdachte, menschliche Weise zu interpretieren.
Fazit: Es ist kein großer Schritt nach vorne im Kampf für die Akzeptanz der Fettleibigkeit, aber auch kein vernichtender Schlag gegen sie. The Whale ist am besten als bewegende, nüchterne Charakterstudie mit einem beeindruckenden Hauptdarsteller zu begreifen.
Film Bewertung: 7 / 10
Trackbacks/Pingbacks