Was wäre, wenn das Märchen von Aschenputtel nicht in Glanz und Glück, sondern in Blut, Wahnsinn und grotesker Selbstoptimierung endet? Mit The Ugly Stepsister liefert die norwegische Regisseurin und Drehbuchautorin Emilie Blichfeldt ein kompromissloses Spielfilmdebüt, das die vertraute Grimmsche Vorlage in ein düsteres, makabres Horror-Märchen über Schönheitswahn, toxische Körperbilder und gesellschaftliche Erwartungen verwandelt.
Im Mittelpunkt steht Elvira (gespielt von Newcomerin Lea Myren), die es satt hat, im Schatten ihrer makellosen Stiefschwester Agnes (Thea Sofie Loch Næss, bekannt aus The Last Kingdom) zu leben. Agnes ist schön, charmant und zieht die Blicke aller auf sich – auch die des begehrten Prinz Julian (Isac Calmroth), der als Junggeselle Nummer eins im ganzen Königreich gilt.
Für Elvira beginnt ein obsessiver Wettlauf gegen ihr eigenes Spiegelbild. Um die Aufmerksamkeit des Prinzen auf sich zu ziehen, greift sie zu radikalen Mitteln. Dabei verschwimmen schon bald Realität und Wahn, Körper und Idealbild. Was mit Eifersucht beginnt, mündet in einem blutgetränkten Albtraum aus Verzweiflung, Selbstzerstörung – und Transformation.

Horror trifft Gesellschaftskritik
The Ugly Stepsister ist kein klassischer Gruselfilm, sondern eine messerscharfe Reflexion über den Druck, schön sein zu müssen – eingebettet in ein kunstvoll inszeniertes Horror-Märchen mit Body-Horror-Elementen, das ebenso verstört wie fasziniert. Emilie Blichfeldt gelingt es in ihrer ersten Regiearbeit, feministische Themen wie Selbstbestimmung, Schönheitsideale und gesellschaftliche Rollenbilder mit den Mitteln des Genres auf unkonventionelle Weise zu verhandeln – mal schaurig, mal bitterböse, stets hochgradig relevant.
Neben Lea Myren überzeugt auch Ane Dahl Torp (The Wave) in der Rolle der eiskalten Mutterfigur, die als Inbegriff innerfamiliärer Grausamkeit Elviras Abwärtsspirale weiter anheizt. Mit The Ugly Stepsister präsentiert sich das klassische Aschenputtel-Motiv in radikal neuem Gewand: als gesellschaftskritischer Body-Horror von verstörender Intensität und visueller Wucht. Ein Film, der Fragen stellt, wo andere Märchen enden – und Schönheit mit einem hohen Preis bezahlt werden muss.