THE LONG WALK

Inhalt: Ein Wettkampf, eine Gruppe junger Männer, nur ein Sieger – THE LONG WALK – Todesmarsch erzählt die bedrohlich-utopische Geschichte einer Welt, in der ein tyrannischer Polizeistaat die Kontrolle übernommen hat und es nur eine Möglichkeit zum Aufstieg aus der Armut gibt: Den jährlich stattfindenden „Long Walk“. Der Gewinner erhält lebenslang alles, was er sich wünscht. Alle anderen bezahlen mit ihrem Leben.

© Leonine Studios

Eine tödliche Reise durch endlose Weiten

Basierend auf einem Roman, den Stephen King in seinem ersten Studienjahr schrieb, bevor er ihn 1979 unter dem Pseudonym Richard Bachman veröffentlichte, hat The Long Walk einen beschwerlichen Weg in die Kinos hinter sich. George A. Romero und Frank Darabont gehörten zu den Filmemachern, die die Rechte besaßen, bevor sie das Projekt aufgaben. Erst jetzt, da King 78 Jahre alt wird, ist der Marathon vom Buch zur Leinwand abgeschlossen – und Francis Lawrence erweist sich als würdiger Sieger.

Lawrence, der mit tödlichen dystopischen Wettbewerben bestens vertraut ist und bereits die letzten vier Hunger Games-Filme gedreht hat (ein fünfter, Sunrise On The Reaping, ist in Arbeit), verlegt die Handlung vom US-Bundesstaat Maine mit seinen kurvenreichen Straßen und Wäldern in eine nicht näher bezeichnete Gegend. Der Film wurde in Manitoba, Kanada, gedreht, wo die scheinbar endlosen Ebenen eine bedrückende Kulisse bilden. Und so marschieren die ausgewählten jungen Männer 350 Meilen entlang einer starren Asphaltlinie, vorbei an endlosen Feldern unter einem kolossalen blauen Himmel.

Die brütende Hitze, der strömende Regen und die kalten Nächte lassen die Muskeln verkrampfen. Die bedrückende Atmosphäre wird durch die Glaubens-Symbolik in Amerika – einsame Kirchen entlang der Straße – noch verstärkt. Jeder Junge, der ein drittes Mal verwarnt wird, weil er das Tempo von drei Meilen pro Stunde unterschreitet, wird von Soldaten erschossen. „Ich bin stolz auf euch“, knurrt der Major (Mark Hamill), ohne die Sonnenbrille abzunehmen. Doch was passiert, wenn Krämpfe einsetzen, Blasen die Füße zerfressen oder schlicht die Körperfunktionen ihren Tribut fordern? Lawrence’ Kamera zuckt nicht zurück – jede Qual, jede Demütigung bleibt sichtbar.

Dystopie mit menschlichem Kern

Drehbuchautor JT Mollner (Strange Darling) nimmt einige mutige Änderungen an der Originalgeschichte vor, ohne sie abzuschwächen. Dieser Horror-Thriller ist genauso zermürbend wie das eigentliche Geschehen. Die Strafe besteht nicht nur in der unerbittlichen Gewalt, sondern auch in der Monotonie der Landschaft und der Weigerung, die Handlung durch überbordende Rückblenden oder Erklärungen aufzulockern. „WARNUNG!“, rufen die Soldaten jedes Mal, wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung überschritten wird – und das Publikum spürt die Drohungen wie einen Faustschlag.

King schrieb The Long Walk in den späten 60ern als Allegorie auf den Vietnamkrieg; heute wirkt die Geschichte ebenso düster, weil sie den finanziellen Nihilismus unserer Zeit spiegelt. Trotz der Härte erhebt sich inmitten der Brutalität etwas zutiefst Menschliches. Die Jungen scherzen, unterstützen einander und stemmen sich trotzig gegen ein System, das sie ausbeutet. Die Freundschaft zwischen Garraty und McVries (Cooper Hoffman und David Jonsson, beide herausragend) wird zum emotionalen Herzstück des Films. Gemeinsam rufen sie „Fuck the Long Walk“ in die Kameras – ein Aufbegehren gegen einen Staat, der den menschlichen Geist nie vollständig brechen kann.

Francis Lawrence schafft es, Kings erbarmungslose Vietnam-Allegorie in die Gegenwart zu holen. Heute liest sich die Geschichte als Kommentar auf eine Welt, die vom finanziellen Nihilismus geprägt ist. Beklemmend, brutal, aber gleichzeitig voller Widerstandskraft. Mit den endlosen Ebenen, den kalten Regenschauern und der Unerbittlichkeit des Systems entsteht ein Film, der ebenso verstörend wie fesselnd ist.

Fazit: Die Adaption von King/Bachman bringt eine tödliche Reality-Show auf die Leinwand. Trotz einiger dramaturgischer Änderungen gegenüber dem Buch ist „The Long Walk“ ein nervenaufreibender, kompromissloser Thriller, der aus Monotonie Spannung erzeugt und gleichzeitig im Angesicht des Todes immer wieder Hoffnung aufblitzen lässt.

Film Bewertung: 7 / 10