Leatherface mit seiner Kettensäge

Genre: Horror | Produktion: USA 2022 | Laufzeit: ca. 82 Minuten | Regie: David Blue Garcia

Mit: Mark Burnham, Elsie Fisher, Olwen Fouere, Nell Hudson, Sarah Yarkin u.a. | Seit 18. Februar auf Netlix


Inhalt: Fast 50 Jahre nach dem ursprünglichen Leatherface-Massaker reist eine Gruppe von Influencern, darunter Melody (Sarah Yarkin) und ihre jüngere Schwester Lila (Elsie Fisher), nach Harlow.

Sie haben die trostlose texanische Geisterstadt zum Spottpreis gekauft, die sie nun an interessierte Käufer verscherbeln wollen. Doch in einem der vermeintlich verlassenen Gebäude wohnt nach wie vor Leatherface (Mark Burnham), der eine klare Meinung zur Gentrifizierung hat.

Nach den jüngsten Fortsetzungen von Halloween und Candyman (oder „Requels“, um ihnen den Namen zu geben, der in dem diesjährigen Film Scream, selbst ein Requel, eingeführt wurde), geht es im neuesten Teil um den Kettensägen schwingenden Kannibalen Leatherface zurück zum Ursprung.

Texas Chainsaw Massacre“ beginnt vielversprechend. Leatherface als Bösewicht im Herzen von Texas zu besetzen, eine Figur, die nicht nur Angst einflößt, sondern auch eine bizarre Fangemeinde, die Korkenzieher mit Kettensägen darauf kauft, ist eine clevere Idee – die nirgendwo hinführt.

Es ist dieses unglaublich frustrierende Spiel, etwas vorzustellen und sich dann fast zu weigern, etwas daraus zu machen. In ’74 waren sie Hippies – freigeistige Kids, deren lässige Einstellung zu Sex und kurzen Shorts sie zur Zielscheibe von Hammerschlägen, Fleischerhaken bzw. Kettensägen machte.

Diesmal sind sie urbane Hipster, die eine texanische Kleinstadt durch kunsthandwerkliche Betriebe und trendige Geschäfte gentrifizieren wollen. Falls euch Leatherface noch nie als Brunch-Typ aufgefallen ist, nun – Spoiler-Alarm – er ist keiner.

Vier Jugendliche in Texas treffen auf Leatherface
© Yana Blajeva / Netflix

Uninspirierte, blutige Gentrifizierung

Zum Beispiel ist Lila eine Überlebende einer Schießerei an einer Schule, aber das wirkt eher ausbeuterisch als aufschlussreich. Die Idee von Stadtbewohnern, die nicht verstehen, was sie erwartet, wenn sie die Sicherheit ihres Zuhauses verlassen, ist im Horrorgenre weit verbreitet und wurde teilweise durch Hoopers Film definiert, aber hier fügt man nichts Neues hinzu.

Und wenn TCM dann in einer morbid-komischen Szene mit den sozialen Medien zu spielen beginnt, wird auch diese Idee wieder verworfen.  Alles ist oberflächlich in einem Film, der ohne Abspann weniger als 80 Minuten dauert und sich dennoch doppelt so lang anfühlt.

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Es gibt keine Spannung, keine Suspense, keine Charaktere, die einem am Herzen liegen. Das Problem ist, dass der erste Film in seiner Einfachheit so effektiv ist (Menschen, die in der Hölle landen), dass die Filmemacher seitdem denken, dass es ein Kinderspiel ist, diese simple Vorlage zu kopieren. Das ist es aber nicht. 

Um eine solche Grundvoraussetzung mit intensivem, unerbittlichem Terror zu versehen, bedarf es einer bestimmten Art von instinktiver Handwerkskunst, die Hooper besaß. Allerdings bemühen sich Garcia und seine Mitarbeiter auch nicht wirklich um diese brutale Einfachheit, sondern überhäufen ihre (Film-) Landschaft ständig mit halbgaren Ideen.

Das Schlimmste von allem ist, dass Sallys Geschichte zu einer halbherzigen Version der Laurie Strode-Rachegeschichte aus Greens „Halloween“-Film wird. Auch der Halloween Film hat ebenfalls jahrelange Fortsetzungen verworfen, um ein Franchise zu seinen Wurzeln zurückzubringen. „Texas Chainsaw Massacre“ versucht dasselbe und verirrt sich auf dem Heimweg.

Und dieser Mangel an erzählerischer Tiefe wäre in Ordnung, wenn er als Horrorfilm effektiv wäre. Ist er aber auch nicht. Es gibt reichlich Blut, aber die Inszenierung und Ausführung der Gewalt ist uninspiriert.

Ein echtes texanisches Kettensägen Massaker in einem überfüllten Bus bietet virtuose Gewalt und ein Gemetzel, das in den 70er Jahren einfach nicht möglich gewesen wäre, aber es herrschte ein Gefühl der Verwahrlosung, der Zersetzung und des Unwohlseins, welches sich nicht abwaschen ließ.

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Hier wird die physische Gewalt zwar erheblich gesteigert (Köpfe zerbersten, die Säge rotiert, Eingeweide quellen hervor), aber die psychische Gewalt ist nicht vorhanden – was vielleicht weniger ein Problem wäre, wenn Texas Chainsaw Massacre sich nicht direkt auf seinen Vorgänger berufen würde. Und wenn dann das klobige Drehbuch mit schrecklichen Dialogen gespickt ist, die Momente von so dummer Unterhaltung bieten, ist es (fast) schon wieder lustig.

Fazit: Es ist nicht so, dass Texas Chainsaw Massacre nicht als legitime Fortsetzung von „The Texas Chain Saw Massacre“ funktioniert – es wirkt nur so, als würde es in einem völlig anderen Universum stattfinden. Auch wenn der Titel fast identisch ist, ist diese Fortsetzung alles, was das Original nicht war – angenehm blutig, aber wenig atmosphärisch und wirklich, wirklich dämlich.

Film Bewertung 4 / 10