Mit Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten widmet sich Regisseurin Teona Mitevska (Gott existiert, ihr Name ist Petrunya) einer der bekanntesten, aber auch widersprüchlichsten Frauenfiguren des 20. Jahrhunderts: Mutter Teresa. Der Film, der bereits Ende August die renommierte Reihe Orizzonti bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig eröffnete, ist nun auf der Shortlist 2026 der European Film Awards in der Kategorie Bester Europäischer Film vertreten, ein beachtlicher Erfolg für eine europäische Koproduktion, die Spiritualität, Zweifel und Menschlichkeit in eindrucksvoller filmischer Form verbindet.
Eine spirituelle Zäsur im Jahr 1948
Die Handlung spielt in Kalkutta im August 1948, zu einem Zeitpunkt, an dem die spätere Heilige am Scheideweg ihres Lebens steht. Als Oberin des Ordens der Schwestern von Loreto erhält Mutter Teresa endlich die Erlaubnis, das Kloster zu verlassen – ein Schritt, den sie als göttlichen Auftrag versteht. Sie folgt dem inneren Ruf, einen neuen Orden zu gründen und sich den Ärmsten der Armen zuzuwenden.
Doch an diesem entscheidenden Punkt, zwischen Glauben und Zweifel, stößt sie an ihre Grenzen. Der Film zeigt eine Frau, die nicht als Heilige, sondern als Mensch ringt – mit sich selbst, mit Gott und mit der Härte der Welt, die sie zu retten versucht. Mitevska verdichtet diese sieben Tage zu einem intensiven, intimen Kammerspiel über Berufung, Isolation und moralische Verantwortung.
Noomi Rapace in einer ihrer kraftvollsten Rollen
In der Hauptrolle brilliert Noomi Rapace (Verblendung, Prometheus) in einer ihrer transformativsten Darbietungen. Die schwedische Schauspielerin verkörpert Mutter Teresa mit eindrucksvoller Körperlichkeit und innerer Zerrissenheit eine Frau, die zwischen Licht und Schatten steht, zwischen Mission und Zweifel. Rapace gelingt es, das Pathos zu vermeiden und stattdessen eine tief menschliche Figur zu zeichnen verletzlich, widersprüchlich und von einer fast greifbaren Entschlossenheit getrieben.
An ihrer Seite glänzen Sylvia Hoeks (Blade Runner 2049) und Nikola Ristanovski, die den inneren Konflikten der Protagonistin emotionale Resonanz verleihen. Mitevskas Regie findet einen kraftvollen visuellen Ausdruck für die spirituelle Enge und die aufwühlende Selbstprüfung ihrer Hauptfigur: Kalkuttas pulsierende Straßen, die Hitze, das Chaos und das flackernde Licht werden zu Metaphern für den Zustand einer Frau, die zwischen Glaube und Verzweiflung taumelt.
Zwischen Glaubensdrama und Charakterstudie
Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten ist kein klassisches Biopic, sondern ein intimes Porträt einer Frau kurz vor der Unsterblichkeit. Der Film zeigt die Entstehung des Mythos Mutter Teresa, bevor sie zur Ikone wird, in einer Zeit, in der ihr Weg noch nicht vorgezeichnet war. Mitevska untersucht die Ambivalenz religiöser Berufung: Wie viel Selbstaufgabe, wie viel innerer Konflikt, wie viel Zweifel stecken im Akt der Heiligkeit?
Das Ergebnis ist ein Film, der weniger über Glauben spricht, als ihn spürbar macht – durch die Widersprüche einer Frau, die bereit ist, alles zu opfern. Mit seiner minimalistischen Erzählweise, der atmosphärisch dichten Kameraarbeit und dem sensiblen Spiel seines Ensembles reiht sich Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten nahtlos in die Reihe bedeutender spiritueller Charakterdramen des europäischen Autorenkinos ein.