Peru in den 1930er Jahren – während Europa von politischen Unruhen und dem aufkeimenden Faschismus erschüttert wird, beginnt in der kargen Wüstenregion von Nazca eine ganz andere Art von Kampf: der Kampf um Wissen, Wahrheit und den Erhalt eines der größten archäologischen Rätsel der Menschheit. Im Zentrum dieses epischen, aber zutiefst persönlichen Films steht Maria Reiche – Mathematikerin, Lehrerin, Wissenschaftlerin – und ab sofort auch Kinoheldin.
In Maria Reiche – Das Geheimnis der Nazca-Linien spielt Devrim Lingnau (Die Kaiserin) die gleichnamige Archäologin mit ruhiger Entschlossenheit und zarter Intensität. Die junge Dresdnerin reist nach Südamerika, zunächst noch als Mathematik Lehrerin in Lima. Doch bald zieht es sie weiter – in die staubigen Weiten der Wüste, wo sie auf gigantische, jahrtausendealte Linienformationen trifft, die nur aus der Luft vollständig zu erkennen sind. Was sie dort findet, verändert nicht nur ihr Leben – sondern auch die Sicht der Welt auf die Nazca-Kultur.
Zwischen Geoglyphen, Leidenschaft und Isolation
Gemeinsam mit dem französischen Archäologen Paul (Guillaume Gallienne) entdeckt Maria die sagenumwobenen Geoglyphen: überdimensionale Tier- und Pflanzenformen, geometrische Muster, rätselhafte Zeichen im Sand, die in ihrer Präzision und Symbolik bis heute Forscher weltweit beschäftigen. Doch während Paul anderen Theorien nachjagt, bleibt Maria zurück – fasziniert und zunehmend besessen davon, dem Geheimnis der Linien auf den Grund zu gehen.
Die Kamera fängt diese schroffe, zugleich majestätische Wüstenlandschaft ein wie einen anderen Planeten – endlose Flächen, sengende Sonne, keine Ablenkung. Hier, allein mit Lineal, Kompass und unerschütterlicher Leidenschaft, beginnt Maria Reiche ihre jahrzehntelange Mission: die Erforschung, der Schutz und die internationale Anerkennung der Nazca-Linien.
Die politische und gesellschaftliche Dimension wird nicht ausgespart: Reiche muss sich gegen chauvinistische Behörden, wissenschaftliche Ignoranz und koloniale Arroganz behaupten. Dabei riskiert sie nicht nur ihre Existenz, sondern auch ihre persönlichen Beziehungen. Doch sie bleibt standhaft – über Jahre, sogar Jahrzehnte – bis zu jenem Moment, an dem die UNESCO die Linien 1994 zum Weltkulturerbe erklärt. Eine späte, aber umso bedeutendere Würdigung.
Eine filmische Hommage an weibliche Wissenschaft
Der Film ist weit mehr als nur ein klassisches Biopic. Maria Reiche – Das Geheimnis der Nazca-Linien erzählt von einer Frau, die gegen die Konventionen ihrer Zeit lebt und arbeitet, ohne je zur Märtyrerin stilisiert zu werden. Ihre Stärke liegt in der Beharrlichkeit, ihr Antrieb ist die Neugier, nicht der Ruhm. Regisseur und Drehbuchautor Damien Dorsaz gelingt es, dieses Leben in dichte Bilder und einfühlsame Szenen zu gießen. Die Wüste wird zur inneren Projektionsfläche für Marias Suche, der Sand zur Metapher für Vergänglichkeit und Überdauerung.
Visuell lebt der Film von satten Farben, langen Einstellungen und einem fast meditativen Rhythmus – genau wie das Leben der Protagonistin. Der Fokus auf Wissenschaft, Genauigkeit und Forschung ist selten im Kino – und besonders selten in Verbindung mit einer weiblichen Hauptfigur. Umso wichtiger, dass dieser Film Maria Reiche nicht nur als historische Figur, sondern als emotionale Identifikationsfigur ins Zentrum rückt.
Ein stiller Triumph der Entschlossenheit
Maria Reiche – Das Geheimnis der Nazca-Linien könnte sich als kluges, visuell eindrucksvolles Drama erweisen – über die Kraft der Ausdauer, über Wissenschaft als Form des Widerstands und über die Schönheit jener Rätsel, die die Menschheit bis heute faszinieren. Devrim Lingnau verspricht eine nuancierte, leise, aber eindrucksvolle Darstellung einer Frau, die möglicherweise Weltgeschichte schrieb – allein, in der Wüste, gegen alle Widerstände. Wenn der Film hält, was der Trailer verspricht, wäre dies ein stilles Kinoerlebnis mit Haltung, das nachhallen könnte, ohne laut sein zu müssen.