Regisseurin Laura Piani inszeniert eine charmant-witzige Hommage an die große Erzählerin romantischer Verwicklungen – und erschafft ein modernes Austen-Universum, das nicht nur Literaturfans zum Schmunzeln bringt.
Teekränzchen, Trotz und ein Kuss zu viel
Agathe ist die Art von Protagonistin, die Jane Austen selbst mit feinem Federstrich hätte zeichnen können: schüchtern, romantisch, etwas verschroben – und mit einem Herz, das sich mehr für Bücher als für Menschen zu öffnen scheint. In ihrer kleinen Buchhandlung berät sie Kunden mit Empfehlungen aus Austens Gesamtwerk, während ihr eigenes Leben wie ein ewig offenes Kapitel wirkt. Der gutaussehende, aber schwer zu fassende Félix, ihr bester Freund, sorgt regelmäßig für romantisches Stirnrunzeln, nicht zuletzt, weil er kurz vor ihrer Abreise zu einem Schreibaufenthalt in Südengland einen überraschenden Kuss riskiert.
Die „Jane Austen Writers’ Residency“ scheint für Agathe zunächst wie ein literarischer Traum: ein ehrwürdiges Anwesen mit viel Atmosphäre, Gesellschaft und kreativer Anregung. Doch der Aufenthalt wird zur emotionalen Achterbahnfahrt. Nicht nur ihr Text stockt, auch ihr Herz. Die Schreibblockade nimmt ebenso Gestalt an wie der spröde Charme von Oliver, einem arroganten Nachfahren Jane Austens, der mit Agathe Tür an Tür residiert – und mit jeder Begegnung mehr zur Reibungsfläche wird. Und während sich spuckende Lamas über den Gartenzaun lehnen, gerät Agathes literarische Fantasie endgültig in den Bann realer Verstrickungen.
Wenn Stolz auf Vorurteil trifft – und Lamas auf Liebeschaos
Was wie ein klassischer RomCom-Plot anmutet, entfaltet sich unter Laura Pianis Regie zu einer feinsinnigen, lebensnahen Liebeskomödie mit Humor, Tiefe und einem Blick fürs Detail. Camille Rutherford verleiht ihrer Figur eine wunderbar leise Verletzlichkeit, ohne sie zur Karikatur zu machen, während Charlie Anson den versnobten Oliver mit jener Art von britischem Understatement versieht, das zwischen Arroganz und Anziehung changiert. Die Dialoge sind pointiert, oft mit literarischen Anspielungen gespickt, und die Dynamik zwischen den Figuren erinnert mit einem Augenzwinkern an die besten Austen-Verfilmungen der letzten Jahrzehnte.
Die Stärke des Films liegt in seiner warmherzigen Tonalität. Zwischen Realität und romantischer Fiktion verschwimmen die Grenzen – nicht nur für Agathe, sondern auch für das Publikum, das eingeladen ist, in eine Welt voller Bücher, Emotionen und ironisch gebrochener Klischees einzutauchen. Pianis Regie bleibt dabei stets nah an ihren Figuren und erzählt mit viel Feingefühl von Sehnsucht, Unsicherheit und dem Mut, sich selbst zu begegnen. Dass der Film dabei auch die modernen Fallstricke des Datings, der Selbstverwirklichung und der überhöhten Erwartungen aufs Korn nimmt, macht ihn nicht nur nostalgisch, sondern überraschend zeitgemäß.