Inhalt: Romy hat gerade ihr Abitur bestanden, während Konrad seines wiederholen muss. Da Romy nach dem Sommer ins Ausland möchte, schlägt Konrad vor, gemeinsam ans Meer zu fahren, mit dem Ziel Barcelona. Julian, Romys Freund, ist von dieser Idee nicht begeistert. Romy hofft jedoch, auf der Reise wieder eine engere Verbindung zu Konrad aufzubauen, da sie seit fast einem Jahr kaum Kontakt hatten.
Auf dem Weg nach Spanien nehmen sie die Backpackerin Nele mit. Die vier jungen Erwachsenen haben alle ihre eigenen Geheimnisse, die sie auf die Fahrt mitnehmen. Manche dieser Geheimnisse sind so belastend, dass der Roadtrip plötzlich kurz vor dem Abbruch steht.
Film Kritik
Der erfolgreiche Roman der Autorin Adriana Popescu wird hier als Erstlingswerk für die Leinwand adaptiert. Gerade dieser Aspekt verleiht der Geschichte besondere Authentizität. Statt eines weichgespülten deutschen Genrefilms erleben wir ein liebevoll inszeniertes Drama.
Nicht nur das junge Talent vor und hinter der Kamera fällt positiv auf, sondern auch der raue Stil, die interessanten Story-Wendungen und die teilweise wirklich sehr schönen Dialoge. Der Jung-Regisseur Patrick Büchting versteht es, die Figuren und ihre Hintergründe nachvollziehbar darzustellen, vielleicht auch wegen des geringen Altersunterschieds zu ihnen.
Er entwirft keine glatten, eindimensionalen Figuren, sondern Menschen mit Ecken und Kanten, deren Blicke manchmal ins Leere laufen und die nicht immer perfekt erscheinen, die dafür aber umso nahbarer sind.
Unglaublich nahbare Momente
Nur in wenigen Momenten wird deutlich, dass in den verschiedenen Bereichen vor und hinter der Kamera zahlreiche junge Menschen beschäftigt waren. Insbesondere beim Colorgrading fehlt es dem Film an dem richtigen Gespür, so dass die Farben oftmals zu grell und überbelichtet wirken.
In einigen Sequenzen mangelt es an Kontinuität, was darauf hinweist, dass die Szenen nicht an einem einzigen Tag gedreht wurden. Auch die Tonmischung ist stellenweise nicht optimal, oder eine Nachsynchronisation war nicht möglich, so bleiben manche Dialoge schwer verständlich und gehen verloren.
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Da sich aber alle Beteiligten noch in der Entwicklungsphase befinden und keiner von ihnen über langjährige Erfahrung in der Filmbranche verfügt, muss sich der Film trotzdem nicht hinter aktuellen Kinoproduktionen verstecken.
Der Road Trip zeigt einmal mehr, warum Jugendbücher und – Filme oft soviel erfrischender sind als ihre Erwachsenen-Gegenstücke. Popescu entwickelt eine dynamische Beziehung zwischen vier jungen Menschen, die im Laufe der Handlung mit ihren Zukunftsängsten, ihren Träumen und ihrer Vergangenheitsbewältigung in Konflikt geraten.
Denn die Autorin entwirft unglaublich intime Momente, die auch im Film wunderschön umgesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist die Annäherung zwischen Konrad und Nele, die nicht in einer typisch romantischen Kussszene endet wie etwa in der Serie „Maxton Hall“. Stattdessen wird sie viel reduzierter und damit viel realistischer dargestellt.
Auch die Beziehungsentwicklung zwischen Romy und Konrad, die eine ganz andere Wendung nimmt, als der Trailer vermuten lässt, unterscheidet sich erfrischend von ähnlichen Werken.
Ein Nachwuchs der mutig genug ist neue Wege einzuschlagen
Um diese Erzählung zu transportieren, braucht man mutige junge Schauspieler, die auf der Reise über sich hinauswachsen, sich entwickeln und ausbrechen. So wie der plötzliche Zusammenbruch von Romy, der fantastisch gespielt ist. Es sind Momente wie diese, wenn Dialoge abrupt enden und nicht weitergeführt werden, die beeindrucken.
Auch die Figur des Julian, der sich mit der Trennung seiner Eltern und seiner ungeplanten Zukunft auseinandersetzt und dabei reifer reagiert als mancher Erwachsene. Oder die scheinbar weltenbummelnde Nele, die oft hinter ihrer Kamera verschwindet und doch viel tiefgründiger ist als zunächst angenommen. Diese vier entwickeln in ihrem Zusammenspiel eine Dynamik, dass es ein Vergnügen ist, sie 84 Minuten lang zu begleiten.
ANNECY Filmfestival 2024 – Film Kritik „Living Large“
Eine wirklich schöne Geschichte, die zeigt, dass gerade junge Filmemacher mutig genug sind, neue Wege zu gehen, um dem deutschen Film wieder zu mehr Glanz zu verhelfen. Das gelingt nicht zuletzt dank der wunderbaren Romanvorlage. Es lohnt sich, einen Blick in die deutsche Bücherlandschaft zu wagen, um noch verborgene Schätze zu entdecken.
Fazit: Anstelle von immer neuen Werken könnte man auf bestehende Literatur zurückgreifen. So könnte man sich Fortsetzungen wie „Chantal“ sparen und stattdessen Geschichten wie „Morgen irgendwo am Meer“ erzählen, die nicht nur wichtige Themen behandeln, sondern auch eine tiefere Verbindung zum Publikum herstellen.
Film Bewertung 8 / 10