DIE MY LOVE

Mit Die My Love legt die schottische Regisseurin Lynne Ramsay ein weiteres kompromissloses Werk vor, das sich tief in die emotionalen Abgründe einer Beziehung einschreibt. Der Film folgt Grace und ihrem Partner Jackson, die sich mit großen Hoffnungen in ein altes Haus auf dem amerikanischen Land zurückziehen. Grace, gespielt von Jennifer Lawrence, will hier endlich ihren großen Roman schreiben, fernab von Ablenkung, Lärm und Erwartungen. Doch statt kreativer Erfüllung stellt sich bald ein anderes Leben ein, eines, das von Verantwortung, Isolation und innerem Druck geprägt ist.

Schon kurz nach dem Umzug bekommen Grace und Jackson ein Baby. Während Jackson, verkörpert von Robert Pattinson, immer häufiger abwesend ist, verdichtet sich für Grace der Alltag zu einem kaum erträglichen Korsett aus Fürsorge, Einsamkeit und unausgesprochenen Erwartungen. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung kollidiert mit den Anforderungen von Mutterschaft und Partnerschaft. Schritt für Schritt beginnt Grace zu zerfallen, emotional wie psychisch, und hinterlässt eine Spur der Verwüstung, die sich nicht mehr einfangen lässt.

DIE MY LOVE
© MUBI / Credit: Kimberley French

Zwischen Liebe, Isolation und Wahnsinn

Die My Love ist das Porträt einer Frau, die in der Abgeschiedenheit des ländlichen Amerikas zwischen Liebe und Wahnsinn zerrieben wird. Lynne Ramsay interessiert sich dabei weniger für klassische Dramaturgie als für Zustände, Stimmungen und innere Brüche. Die Kamera bleibt dicht an Grace, beobachtet ihre zunehmende Entfremdung von sich selbst, ihrem Partner und der Welt um sie herum. Liebe erscheint hier nicht als stabiler Anker, sondern als wandelbare, manchmal zerstörerische Kraft.

Jennifer Lawrence trägt den Film mit einer intensiven, körperlich spürbaren Performance, die Verletzlichkeit und Aggression gleichermaßen zulässt. An ihrer Seite überzeugt Robert Pattinson als Partner, dessen emotionale Abwesenheit mindestens ebenso belastend wirkt wie offene Konflikte. Ergänzt wird das Ensemble durch LaKeith Stanfield, Nick Nolte und Sissy Spacek, die dem Film zusätzliche Schwere und Tiefe verleihen.

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Festivalerfolge und Auszeichnungen

Der Film feierte Anfang des Jahres seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Cannes und sorgte dort für intensive Diskussionen. Seitdem wurde Jennifer Lawrence beim Filmfestival von San Sebastián mit dem Donostia-Preis ausgezeichnet, erhielt eine Nominierung für einen Gotham Award als herausragende Hauptdarstellerin und wurde für die Golden Globes 2026 als beste Schauspielerin in der Kategorie Drama nominiert. Die My Love ging zudem mit sieben Nominierungen bei den British Independent Film Awards ins Rennen, darunter für Lynne Ramsay als beste Regisseurin und Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin, und gewann schließlich die Preise für die beste Kamera und die beste Musikauswahl.

In einem Statement beschreibt Lynne Ramsay den Kern ihres Films als Auseinandersetzung mit der Komplexität von Liebe und deren Wandel über die Zeit. Ihr Ziel sei es gewesen, Beziehungen realistisch, menschlich, spontan und mitunter auch humorvoll zu zeigen und dabei jene scheinbar kleinen Momente einzufangen, die in Wahrheit eine enorme emotionale Bedeutung tragen. Die My Love richtet sich damit an alle, die je in einer Beziehung waren und die fragile Balance zwischen Nähe und Schmerz kennen. Verletzlichkeit, so Ramsay, berge immer beides zugleich: Schönheit und Leid.

Eine Regisseurin der Extreme

Lynne Ramsay zählt seit Jahren zu den eigenständigsten Stimmen des internationalen Kinos. Ihre Filmografie reicht von Ratcatcher über Morvern Callar und We Need To Talk About Kevin bis hin zu A Beautiful Day, für den Joaquin Phoenix in Cannes ausgezeichnet wurde. Mit Die My Love setzt sie diese Linie konsequent fort. Der Film ist kein leicht zugängliches Drama, sondern eine emotionale Zumutung, die sich dem Publikum nicht anbiedert. Gerade darin liegt seine Stärke. Ramsay zeigt Liebe als Prozess, der ebenso zerstören wie verbinden kann, und findet dafür Bilder, die lange nachwirken.