Das berührende Juwel, das auch auf der Shortlist für die European Film Awards steht, erzählt von Selbstfindung, Selbstakzeptanz und der Zerrissenheit zwischen Glaube und Freiheit – mit einer ungewöhnlich großen Nähe, Zärtlichkeit und einem besonderen weiblichen Blick der Regisseurin Hafsia Herzi.
Über den Film
Die 17-jährige Fatima ist die jüngste von drei Töchtern einer französisch-algerischen Familie in einem Pariser Vorort. Ihr Leben wirkt nach außen hin unbeschwert: Sie spielt mit Leidenschaft Fußball, lacht mit den Jungs aus ihrer Klasse und trifft sich heimlich mit einem Freund, der bereits von Heirat spricht. Doch unter dieser Fassade trägt Fatima ein Geheimnis, das sie selbst kaum zu benennen wagt – sie verliebt sich in Frauen.
Als sie ein Philosophiestudium in Paris beginnt, öffnet sich für sie eine neue Welt. Freiheit, Unabhängigkeit, Selbsterkenntnis, all das, was zu Hause von Tradition und Glauben begrenzt ist, scheint plötzlich greifbar. Doch je stärker Fatima zu sich selbst findet, desto deutlicher spürt sie auch den inneren Konflikt zwischen ihrer Familie, ihrem Glauben und ihrer wachsenden Sehnsucht nach Selbstbestimmung.
Zwischen Tradition und Tabubruch
Die jüngste Tochter ist eine Adaption des gefeierten autofiktionalen Debütromans von Fatima Daas aus dem Jahr 2020 und markiert den dritten Spielfilm der französischen Regisseurin Hafsia Herzi (Du verdienst eine Liebe, Eine gute Mutter). Herzi nähert sich ihrer Hauptfigur mit einer Sensibilität, die selten geworden ist – ohne Pathos, ohne Überhöhung, aber mit einer tiefen, fast dokumentarischen Ehrlichkeit.
Der Film begleitet Fatima mit emotionaler Präzision auf ihrem Weg des Erwachsenwerdens, der sexuellen Selbstfindung und der schmerzhaften Erkenntnis, dass Liebe und Religion, Tradition und Freiheit nicht immer miteinander vereinbar sind. Hafsia Herzi verwebt diese Themen zu einem leisen, aber intensiven Porträt einer jungen Frau, die darum kämpft, im eigenen Glauben gesehen zu werden, ohne sich selbst verleugnen zu müssen.
Besonders bemerkenswert ist Herzis Entscheidung, den Film größtenteils mit Laiendarsteller zu besetzen. Dadurch entsteht eine Unmittelbarkeit, die den Zuschauer direkt in Fatimas Welt hineinzieht – roh, echt, spürbar. Die jüngste Tochter ist ein filmisches Kleinod, zart, klug, tief empfunden. Hafsia Herzi gelingt ein Werk von außergewöhnlicher Wahrhaftigkeit und poetischer Kraft, das die Fragen nach Identität, Glauben und Freiheit nicht beantwortet, sondern spürbar macht. Ein leiser Film, der lange nachhallt und ein neuer Meilenstein im europäischen Autorenkino.






