Film Der Rausch | Regie: Thomas Vinterberg |
Erscheint am: 15. Juli 2021 | Länge: 117min | FSK: 12 |
Story: Früher war Martin Lehrer aus Leidenschaft – heute sind nicht nur die Schüler von seinem fehlenden Enthusiasmus gelangweilt, auch in Martins Ehe ist die Luft raus. Seinen drei Freunden, die am selben Gymnasium unterrichten, geht es nicht viel besser. Bei einer angeheiterten Geburtstagsrunde diskutieren sie die Theorie eines norwegischen Philosophen, nach der ein Mensch nur mit einem erhöhten Alkoholgehalt im Blut zu Bestleistungen fähig ist. Solch eine gewagte These muss überprüft werden.
Die vier beschließen den Selbsttest zu machen und während der Arbeit einen konstanten Pegel zu halten. Soll nicht sogar Churchill den Zweiten Weltkrieg in einem Alkoholrausch gewonnen haben? Mit neuem Antrieb stürzen sie sich in ihr geheimes Experiment. Die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten.
Film Kritik:
Martin ist Lehrer an einer Oberschule. Seine besten Freunde sind Kollegen von ihm und gemeinsam feiern sie den Geburtstag von einem von ihnen aus der Freundesgruppe als jemand von der Promille-Theorie erzählt. Dabei geht es darum das der Mensch generell zu wenig Alkohol im Blut habe und ein Promille Wert von 0,5 dem Menschen sogar gut tun würde.
Das wollen die Freunde in einem Selbstexperiment ausprobieren. Der Alkohol im Blut macht nicht nur das private Leben angenehmer sondern auch das schulische. Plötzlich wird aus Martin ein beliebter Lehrer bei den Schülern und sein Unterricht so locker wie sein Promille Wert. Das Ergebnis könnte nicht schöner und positiver sein als er die Idee hat den Promille Wert doch einfach mal zu steigern und zu schauen was passiert.
Der Psychologe Finn Skarderund stellte vor 20 Jahren die Theorie das der Blutalkoholwert mit dem Menschen geboren werden ungefähr ein halbes Promille unter dem liegt was Optimal wäre. Alleine bei verschiedensten bekannten Politikern oder Künstlern kann man feststellen das mit einem gewissen Alkoholwert vielleicht doch größere Taten vollbracht wurden als ohne. Manchmal aber auch sehr fraglich. In „Der Rausch“ will Thomas Vinterberg das Experiment auf die Spitze treiben.
Denn während die vier Männer den anfänglichen Rausch mit all seinen Höhepunkte auskosten, führt der weitere Verlauf eher zu dem Schluss das Alkohol das bleibt was es ist, ein Getränk das einem jegliche Vernunft nimmt und man auf Grund eines gewissen Pegels auch bestimmte Grenzen nicht mehr erkennt und sie deshalb überschreitet.
Während der Film recht langsam und behaglich beginnt und man doch von einem durchaus mehr energiegeladen Film ausging und sich erst mal an die Ruhe welcher der Film ausstrahlt gewöhnen muss, ist alleine das Experiment so spannend das man der kuriosen Selbstzerstörung mit einer Art Belustigung zuschaut.
Umso mehr die Männer trinken umso mehr vergessen sie sich selbst und die anderen. Es geht darum ein noch besseres Abbild von sich selbst zu schaffen und dabei hilft der Alkohol am Anfang. Wer schon mal einen über den Durst getrunken hat kennt das Gefühl der Selbstsicherheit die man dabei gewinnt. Anfangs mag die Selbstsicherheit auch dazu verhelfen lockerer in Situationen zu gehen doch je mehr man trinkt, je mehr man verträgt umso mehr steigt der Drang nach einem weiteren Glas und einem weiteren Schluck.
Und auch das geschieht den vier Männern. Ihnen reicht das bisschen „Lockerheit“ das sie dazugewonnen haben nicht. Sie brauchen ganz einfach mehr. Und wie bei allen Experimenten in der Filmgeschichte geht auch dieses gründlich schief. Während Martin zwar in der Schule zum beliebten Lehrer wird, rutscht ihm zu Hause die aufgesetzt Maske immer weiter aus dem Gesicht und angestaute Gefühle brechen sich Bahn, bis hin zu dem Moment wo Martin die Beherrschung verliert.
Sind wir wirklich bessere Menschen mit einem gewissen Alkoholpegel im Blut? Ich glaube, und auch das beantwortet der Film in einem wirklich schönen Stil, das es wichtig ist zu sich selbst zu stehen und zu dem was man tut, Spaß bei dem zu empfinden was man macht, auch wenn das nicht immer einfach erscheint. Im ersten Moment scheint das gewonnene Selbstbewusstsein der Schlüssel zum Erfolg, aber ganz ohne Hilfsmittel ans Ziel zu kommen scheint doch der wahre Erfolg zu sein.
Mad Mikkelsen in einer wunderbar erfrischenden Rolle mit einer Endszene die Oscarwürdig erscheint. Schon lange nicht mehr so eine wunderbare Abschlussszene gesehen die einem das Herz aufgehen lässt. Von Vinterberg habe ich
auch nichts anderes erwartet, jedes Thema was er anpackt versucht er so ehrlich wie möglich anzugehen und dabei auch seine Charaktere nicht in Klischeeformate zu stopfen, sondern einen Weg zu gehen wo es fast den Anschein hat das man einen Teil des wahren Lebens betrachtet.
Vinterberg bringt eine gewisse Ruhe in seine Filme mit einer frischen Brise „Zweifel“ an den Menschen und wie sie miteinander Leben das man aus jedem seiner Filme tritt und das Gefühl hat tief in die Seele seiner Figuren geschaut und dabei auch über sich selbst wieder etwas gelernt zu haben.
Fazit: Nicht ganz so stark und eindringlich wie „die Jagd“ und Vinterbergs Ruhe mag auch nicht für jeden etwas sein, aber das Thema ist ein Augenschmaus geworden über den man noch länger nachdenkt, vor allem da Dänemark auch ein Land ist wo man gerne mal über den Durst trinkt.
Wertung: 6 / 10