Inhalt: Una, eine aufstrebende Kunststudentin, und ihr Freund sowie Bandkollege Diddi hegen gemeinsame Träume für die Zeit nach dem Abschluss: Sie wollen die Welt bereisen Während Una bereits viele Länder bereist und in verschiedenen Kulturen gelebt hat, war Diddi bisher kaum außerhalb Islands unterwegs. Bevor ihre Reisepläne jedoch Realität werden können, steht Diddi vor der Herausforderung, sich von seiner langjährigen Freundin Klara zu trennen, um mit Una eine offizielle Partnerschaft einzugehen.
Film Kritik
Rúnar Rúnarsson’s Cannes-Beitrag startet mit einem schnellen Einstieg in die Handlung. Gerade als wir Una und Diddi kennenlernen, zerfällt Unas Welt schon. Vor allem die eindrucksvollen Szenen, die sich nach den ersten Minuten des Dramas zeigen, einschließlich der explosiven Feuerwand im Tunnel, bieten einen starken Beginn.
Die visuellen Eindrücke ziehen sich durch den ganzen Film und hinterlassen beständig einen tiefgreifenden, außergewöhnlichen Eindruck im Werk. Es entstehen dabei herrliche Szenen und bezaubernde Dialoge.
Der Handlungsaufbau ist fesselnd und die Charaktere sind facettenreich. Ein Beispiel ist Unas Flugstunde mit Klara, bei der sie das „Fliegen“ lernt, indem sie sich auf einen Punkt an einem Gebäude konzentriert und sich rückwärts davon entfernt, was den Eindruck erweckt, über dem Boden zu schweben.
Die Kamera erfasst nicht nur diese Szene hervorragend, sondern auch später im Film, als sich Una und Klara in ihrer gemeinsamen Trauer näherkommen. Der Film schafft es erneut, die Nuancen durch Bilder zu vermitteln. Zum Beispiel, wenn die Mädchen durch ein Fenster getrennt sind und ihre Gesichter zu einem einzigen verschmelzen: Während die eine lächelt, zeigt die andere Traurigkeit.
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Auf diese Weise vermittelt der Film die verschiedenen Facetten der Trauer durch visuelle Darstellungen. Der Film ist knapp 80 Minuten lang und fängt den Tag des Unfalls ebenso ein wie die Stunden danach, in denen die Realität langsam einsickert.
Ein langsamer Prozess der Erkenntnis
Rúnarsson zeigt sich entschlossen, sich diesem intensiven Konflikt auf filmische Weise zu stellen. Selten erlebt eine Hauptfigur ausschließlich diese ersten Stunden der Trauer, die keine lineare Abfolge aufweisen. Es ist ein langsamer Prozess des Erkennens, des Ringens mit der Realität, des Widerstands gegen die Trauer und schließlich des Akzeptierens der ersten Welle des Schmerzes.
Der Film zeichnet sich nicht nur durch seine interessante Handlungsstruktur aus, sondern auch durch die Komplexität der Charaktere, die hier zusammenkommen und großartige schauspielerische Leistungen abliefern. Insbesondere Una wirkt mit ihrer androgynen Erscheinung und ihrer scheinbaren Sturheit, die sie zu bewahren versucht, stark, unabhängig, aber auch unnahbar.
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Es ist umso faszinierender, die Entwicklung der Charaktere während des relativ kurzen Laufzeit des Films zu verfolgen: Miteinander warm werden, sich öffnen und Gefühle zulassen, die schließlich zu einem Durchbruch führen. Klara, die zunächst als Antagonistin erscheint, wird für Una in ihrer Trauer zu einer bedeutenden Figur.
Der Konflikt, der aus der eigenen Verarbeitung des Erlebten und dem Unterdrücken der Gefühle entsteht, weil Klara diejenige ist, die den Verlust erlitten hat, sowie die innere Zerrissenheit zwischen Wahrheit und ihren Konsequenzen, sind so prägend, dass sie die Spannungen zwischen den Charakteren während des gesamten Films aufrechterhalten.
Es gibt nicht auf jede Frage eine klare Antwort
Ein packendes Werk, das neue Pfade beschreitet – auch auf musikalischer Ebene wagt der Film Experimente. Engelsgleiche, sphärische Klänge werden in der Kirchenszene und anderen Momenten eingesetzt, um die Atmosphäre zu verstärken. Der Film besticht durch seine Stille, welche die unausgesprochenen Worte umso eindringlicher macht. Es ist bedrückend, Unas Ringen zu beobachten, während Klara gleichzeitig von Diddis Freunden Unterstützung erfährt.
Die Frage, wann welche Emotionen angebracht sind und was in solch einer Situation angemessen ist, bleibt offen. Der Film stellt eindrucksvoll dar, dass es nicht für jede Frage eine eindeutige Antwort gibt. Klara beendet den Film mit den Worten: „Es ist, als wäre Diddi die Sonne, und wir verabschieden uns.“ Während die Sonne sinkt, bleiben die Konflikte zwischen Klara und Una ungelöst. Rúnarsson übermittelt in diesem Drama vieles durch die Blicke der Charaktere.
Fazit: Es handelt sich um ein packendes Werk, das neue filmische und narrative Bilder sowie Dialoge auf eigene Art schafft. Es ist besonders fesselnd, dass der Film mit den ersten Anzeichen der Trauer endet. „When the Light Breaks“ berührt tief und stellt die verschiedenen Facetten der Trauer detailliert dar, ohne Tabus. Vom Lachen bis zum Weinen, von Wut bis hin zu nostalgischer Schwelgerei – in den Wellen der Trauer ist alles erlaubt.
Film Bewertung 8 / 10