Gangs of London Poster

Bei Amazon Prime Video | Laufzeit ca. 92 Minuten

Regie: Andrew Onwubolu

Musik komponiert von: Jonathon Deering

Drehbuch: Andrew Onwubolu


Story: Timmy und Marco besuchen die gleiche Schule und sind beste Freunde, obwohl sie aus verschiedenen Stadtteilen stammen. Eine Abfolge von tragischen Zwischenfällen, bei denen verfeindete Banden auf den Straßen Londons aneinandergeraten, haben schwerwiegende Folgen. Die Freundschaft zwischen den beiden nimmt ein jähes Ende und im brutalen Bandenkrieg werden sie zu Todfeinden.


Blue Story Filmausschnitt
© Paramount Pictures

Film Kritik:

von Ilija Glavas

„Krieg ist sinnlos. Krieg ist eine Verschwendung. Krieg ist Ruin für Generationen von vielversprechenden jungen Menschen“

Das ist die Botschaft so vieler Kriegsfilme, aber noch mehr, wenn es sich nicht um einen Krieg zwischen Nationen, sondern zwischen städtischen Gangs handelt. Um Jugendliche, die sich gegenseitig wegen Kleinigkeiten und Revierkämpfen umbringen, die für niemanden sonst von Bedeutung sind. Solche Filme kommen in der Regel nicht zu dem Schluss, dass es irgendetwas Nützliches an Bandengewalt gibt.

So gesehen ist „Blue Story“ , als Chronik über Jugendbanden im Südosten Londons, kaum revolutionär.


Stephen Odubola als Timmy in "Blue Story"
Stephen Odubola als Timmy in „Blue Story“ © Paramount Pictures

Der Rap als Erzählstruktur

Was dieses Spielfilmdebüt von Andrew Onwubolu, auch bekannt als Rapman, auszeichnet, ist erstens seine Erzählstruktur, die die Rap-Talente des Autors und Regisseurs als eingeworfene Erzählung willkommen nutzt.

Blue Story ist der erste Spielfilm von Rapman, der auf den millionenfachen Erfolg seiner dreiteiligen YouTube-Serie Shiro’s Story folgt und deren Musikvideo-Storytelling-Stil nachahmt. Während des gesamten Films tritt er als rappender Erzähler vor die Kamera und liefert gereimte Voice-Over-Kommentare über die Beziehungen, individuellen Kämpfe, Intrigen und Gewalt der Charaktere.

Als Kontrast zur Handlung weist der Rap plakativ auf die physischen und emotionalen Qualen hin, die durch Bandengewalt entstehen, nicht nur für die direkt beteiligten Bandenmitglieder, sondern auch für ihre Familien und alle, die in ihrer Nachbarschaft leben.


Michael Ward in Blue Story
Micheal Ward in „Blue Story“ als Marco © Paramount Pictures

Die gerappte Botschaft ist laut und deutlich: Gewalt – schlicht und einfach, ist eine wirklich schlechte Wahl als Lebensinhalt, die zu nichts Gutem führt für diejenigen, die wenig Möglichkeiten sehen, den aussichtslosen Umständen des Erwachsenwerdens zu entkommen.

Davon abgesehen ist Blue Story fesselnd gemacht und etabliert die düsteren und schwierigen Realitäten des Lebens im Südosten Londons mit unbestreitbarer Authentizität, was sich insbesondere durch den harten Akzent im englischen Original widerspiegelt.

Die charismatischen Darstellungen von Stephen Odubola und Micheal Ward – und dem Rest des Ensembles – macht diese Jugendlichen aus der Nachbarschaft zu Helden der Umstände, die von Kindern, die in ähnlichen Umständen gefangen sind, leicht als Vorbilder gesehen werden können.

So sieht man sie als stolze Jungs, die Soldaten in derselben Armee sind, die ohne Rücksicht auf die Konsequenzen loyal zueinander stehen und das „Rache nehmen“, als einen Übergangsritus, ihrer Coming-of-Age Phase betrachten.


Blue Story erzählt die Geschichte des brutalen Bandenkriegs in Süd-Ost London, der als „Postleitzahlen Krieg“ , traurige Berühmtheit erlangte. © Paramount Pictures

Erdrückende Sinnlosigkeit

Man wird über 92 Minuten nicht nur von der Brutalität dieser Straßenkriege oder gar ihrer Sinnlosigkeit erdrückt, sondern auch von der deprimierenden Gleichförmigkeit des Ganzen.

Das ist wahrscheinlich Teil des Ziels des Regiesseurs. Es mag Momente geben, in denen man angesichts eines weiteren sinnlosen Streifzugs vermummter Jugendlicher mit Pistolen und Messern, durch die bedrohlichen Straßen, versucht sein wird, zu resignieren.

Die Beziehung zwischen den Schulfeunden Timmy (Odubola) und Marco (Micheal Ward, grüblerisch und charismatisch) ist so überzeugend dargestellt, dass es ein echter Schock ist, wenn wir später sehen, wie leicht sich eine solche Bindung auflösen kann.


© Paramount Pictures

Der triviale Postleitzahlenkrieg als blutige Theatralik

Abgesehen von diesen überzeugenden jungen Schauspielern ist der Erfolg hier die frische und originelle Stimme von Rapman, der gesagt hat, dass „Blue Story“ größtenteils auf seinem eigenen Leben basiert.

Obwohl er kein Teil einer Gang war, wurde er als Londoner Jugendlicher Zeuge von Gang-Rivalitäten. „Ich hoffe, dass diese jungen Leute aufwachen und anfangen, das Licht zu sehen“, heißt es in einem seiner Raps für diesen Film. „I ain’t tryna justify but imma show you what these young boys are fighting for.“ Deprimierender weise erfahren wir aber, dass sie für etwas so Triviales kämpfen wie die Postleitzahl, in der sie gelandet sind.

„Alles nur, weil die Stadtverwaltung sie an verschiedenen Enden untergebracht hat“, sagt Rapman an anderer Stelle, poetisch und traurig.


Filmszene aus Blue Story. Zwei Freundinnen auf dem Schulhof in London.
©Paramount Pictures

Fazit: Heutzutage ist der Anblick von Gewalt auf der Leinwand oder dem heimischen TV Bildschirm so alltäglich, dass er nicht mehr schockierend ist. In Blue Story lassen die starke Inszenierung, die stilvolle Kameraführung und der packende Schnitt die gezeigten brutalen Prügeleien und Schießereien, wie choreografierte Sequenzen in Musikvideos erscheinen.

Dabei suggerieren Rapmans knallharte Reime, dass das Szenario fast mythischen Vorbild Status hat. Doch die Darstellung der Gewalt, selbst in ihrer grausamsten Form, ist zu glatt, um hängen zu bleiben, genügt aber, um einen hoffnungslos auf seiner Couch zurückzulassen.

Wertung: 7,5 / 10

Anm. d. Redaktion: Der Film wurde aus den englischen Kinos verbannt. Es kam bei den Vorstellungen zu Tumulten, wie in Birmingham, wo Jugendliche mit Macheten auftauchten.


© Paramount Pictures

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