Berlinale: Sektion Generation – Weltpremiere
Inhalt: Während der Vater des 14-järhigen Elias über die erste Liebe singt, Elias eigene erste Erfahrungen sammelt und auch in der Schule das Thema Einzug erhält, zieht gegenüber ein neuer Nachbarsjunge ein, Alexander. Schnell wird dieser zu einem engen Freund für Elias. Auf unschuldige Fragen über die erste Liebe erzählt Alexander von seinem vorherigen Freund und von Gefühlen, welche Elias bisher noch nicht glaubt verspürt zu haben.
Er beginnt zu hinterfragen, ob er tatsächlich schonmal verliebt gewesen ist, gleichzeitig merkt er das er gerne Zeit mit Alexander verbringt. Im Strudel des Gefühlschaos versucht Elias stetig allen gerecht zu werden und vergisst dabei ehrlich mit sich selbst zu sein. Bis Alexander ihn plötzlich küsst und Elias Welt endgültig auf dem Kopf steht.
FILM KRITIK
„Young Hearts“ fühlt sich an wie „Call me by your Name“ für ein junges Publikum: Fahrradfahren im Sommer, ein angenehmer Soundtrack, Klavierspiel, die Stille der Natur, sanfte Kameraschwenks und eine angenehme Lichtgestaltung. Auch das Wochenende in Brüssel, die Ungezwungenheit, die mit einem anderen Ort einhergeht, wo niemand Elias kennt, wo er sein kann, wer er sein will.
All das erinnert stark an den gemeinsamen Urlaub von Elio und Oliver in „Call me by your name“. Aber der Film weckt auch Erinnerungen an andere Filme.
Er stellt den Kuss und die Szene mit dem Aquarium, aus Romeo und Julia mit Claire Danes und Leonardo DiCaprio gekonnt dar. Es gibt auch eine gewisse optische Ähnlichkeit der Schauspieler.
Auf diese Weise schlägt der Film vielleicht auch eine Brücke zwischen Klassikern und dem moderneren Jugendbild. Aber vielleicht sind es ja auch nur die Lieblingsfilme des Regisseurs, die hier verewigt werden.
Der junge Cast beherrscht die zerbrechlichen Momente
Hervorzuheben ist vor allem die grandiose schauspielerische Leistung der jungen Darsteller. Die 14-jährigen Jungs können mit den Darstellern aus „‚Call me by your name“ locker mithalten, wenn es darum geht, kleine und große Emotionen darzustellen. Lou Goosens (Elias) beherrscht die Tränen und die zerbrechlichen Momente ebenso wie auch Timothée Chalamet (als Elio).
Dank des eher jungen, unverkrampften Auftretens, das die Schauspieler aufgrund ihres Alters an den Tag legen, wirkt der Film niemals aufgesetzt. Diese Natürlichkeit findet man heutzutage selten in US-amerikanischen Serien. Leider werden immer mehr junge High-School-Schüler von Mitte 20 porträtiert, und das funktioniert eher selten.
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Schattemans Geschichte hat ihren ganz eigenen Reiz. Hier ist es weniger der Vater aus „Call me by your name“, der frühzeitig seinen Sohn durchschaut und seine Gefühlslage erkennt, sondern der Opa, der mit der nötigen Portion an Charme und Witz für seinen Enkel da ist und auch ein paar weise Worte parat hat.
Der Film lebt von einer Erkenntnis dieser Figur: Genieß das Gefühl, verliebt zu sein, so lange du kannst, denn wer weiß, wie oft du im Leben einen Menschen findest, der dir dieses Gefühl vermittelt.
Eine realistische und nahbare Liebesgeschichte
Der Regisseur nähert sich der Liebesgeschichte der beiden Jungen sehr behutsam, was die Bilder realistischer und die Liebesgeschichte zugänglicher macht. Das Gefühlschaos wird auf eine sehr authentische Weise erzählt, ohne zu viel Spannung aufzubauen. Die durchaus vorhandene Spannung kommt zudem sehr natürlich daher.
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Auch die Kameraführung, die einige fantastisch schöne Bilder erzeugt, verdient hier eine besondere Erwähnung. Auch wenn die „geschönten Bilder“ manchmal von der Einfachheit ablenken, die der Regisseur hier zu schaffen versucht. Nichtsdestotrotz macht es Spaß zuzusehen, ganz gleich, ob man nur die Bilder oder die jungen Schauspieler bewundert.
Natürlich hat der Film einen anderen Erzählstil als vergleichbare Werke wie „Call me by your name“. Viel schneller, dynamischer und doch mit kurzen Pausen in der malerischen Landschaft.
Märchenhafte Erzählung welche vielleicht zu perfekt wirkt
Allerdings fallen hier auch die kleinen Schwächen im ansonsten gelungenen Werk auf. Manche Momente wirken durch die von Schatteman an den Tag gelegte Präzision ein wenig überzogen und sehr schmeichelhaft erzählt.
Natürlich handelt es sich bei dem Film auch um die Darstellung von einer wunderschönen märchenhaften Fantasie, dennoch sollte man sich bewusst sein, dass auch im Jahr 2024 das Coming-Out immer noch nicht so einfach ist, wie es in „Young Hearts“ dargestellt wird.
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Dass hier alle bedingungslos glücklich reagieren und sich gegenseitig umarmen, ist vielleicht trotz allem eine schöne Vorstellung von einer einfachen Zukunft, in der es vielleicht irgendwann einmal unproblematischer ist, zu lieben, wen man lieben will.
Aber möglicherweise ist es auch genau diese Unbefangenheit, dieser bisschen „Kitsch“, der den Film zu dem Erlebnis macht, das er ist. Schließlich lassen Serien wie „Heartstopper“ oder „Sex Education“ auch gerne mal vergessen, wie kompliziert manche Dinge sein können, und lassen das Gefühl und den Moment mehr aufleben.
Fazit: „Young Hearts“ ist alles, was seine Vorbilder sind, nur ein bisschen jugendlicher und unschuldiger, aber genau so schön. Schatteman mag sich viel von anderen Filmen abgeschaut haben, und doch schafft er hier etwas Eigenes. Und das ist am Ende auch sehenswert.
Film Bewertung: 9 / 10