Erscheinungsdatum: 30. April 2021 | Amazon Prime | Regie: Stefano Sollima
Story: John Kelly, ein ehemaliger Navy SEAL, begibt sich auf einen Rachefeldzug, um den Mörder seiner Frau, einen Drogenboss, zur Strecke zu bringen. Doch dabei muss er feststellen, dass er in eine Verschwörung wesentlich größeren Umfangs geraten ist.
Film Kritik:
von Ilija Glavas – „Bum, Bum – und schon wieder vergessen“
Jack Ryan, der gutmütige Pfadfinder der CIA, hatte so viel Leinwandzeit, dass er bereits von fünf Schauspielern gespielt wurde. Jetzt bekommt endlich sein Tom-Clancy-Gegenstück John Clark – der echte Shadow-Rekrut – seine eigene Hauptrolle, nachdem er in den letzten 30 Jahren nur am Rande in Ryans Filmen und TV-Serien zu sehen war.
Es gibt einen Grund, warum die Figur so lange gebraucht hat, um aufzutauchen. Wie der Titel des Films schon andeutet, ist er ein launisches Arschloch. Düster, brutal, kantig. Nicht abgeneigt, einen Handlanger zu ermorden, wenn die Situation es erfordert. In Clancys Originalroman foltert er sogar einen Zuhälter in einer Tauchsimulationskammer zu Tode.
Without Remorse ist ( leider ) nicht ganz so düster, widersteht aber dem Drang, Clark in einen witzigen, sanften Helden zu verwandeln. Michael B. Jordan, der zweifelsfrei beweist, dass er das ganze Actionfilm-Ding beherrscht, liefert eine Performance ab, die von Wut und Trauer angetrieben wird, nach einer grimmigen Home-Invasion-Sequenz, die sein Leben auf den Kopf stellt.
Without Remorse hat keinen sanften Helden, schlägt dafür in die Old School Action Kerbe
Man glaubt ihm zu 100 Prozent, dass er in der Lage ist, blitzschnell seine Kleidung mit einem Waschbecken zu einer Waffe zu kombinieren, wenn es nötig sein sollte. Jordan ist auch sehr gut darin, dieses coole Ding zu machen, bei dem man eine Taschenlampe und eine Pistole hält, während man die Arme verschränkt.
Die Geschichte, durch die er getrieben wird, mag ein ziemlicher Standard-Rachestoff sein, der in die gleiche Kerbe schlägt wie Filme, die so alt sind wie Schwarzeneggers „Phantom Commando“ und Seagals „Hard To Kill“.
Aber Jordan ist ein Naturtalent in diesem Bereich, es wäre eine Schande, wenn er die Rolle nicht wieder spielen würde. Der nächste wertvolle Akteur des Films ist Regisseur Stefano Sollima, der die ansonsten eher langweilige Sicario-Fortsetzung Soldado mit Adrenalin versorgte und die Kraft hinter der aktuellen italienischen Thriller-Serie ZeroZeroZero ( SERIEN KRITIK ) ist.
Er hat ein Händchen dafür, Actionszenen zu kreieren, die die Figuren wie in einem Schraubstock einklemmen und mit genialen kleinen Wendungen versehen – und hier gibt es zwei herausragende Szenen.
Die eine ist in Clarks Haus angesiedelt und die andere in einem Verkehrsflugzeug, das irgendwo vor der russischen Küste in einem pechschwarzen Ozean versinkt. Vor allem letztere ist geradezu spektakulär – irre spannend, anscheinend mit vielen praktischen Effekten angereichert und genial in der Verwendung von Luftblasen. Auf der großen Leinwand wäre es ein Spektakel gewesen, aber auch auf der Heimkino Anlage ist es sehr unterhaltsam.
Wo Without Remorse ( deutscher Titel : Gnadenlos ), der sein Ausgangsmaterial komplett umwandelt (Tschüss, Baltimore-Sexarbeiterinnen und Vietnam-Heroinring), schwächelt, ist die Handlung. Lange vor dem Ende werden die Zuschauer erraten haben, worauf das Ganze hinausläuft.
Die Intrigen, in die Jamie Bells Gorman- ein schmieriger Spion – und höhere CIA-Leute verwickelt sind, laufen genau dahin, wo man sie erwartet.
Fazit: Es ist ein Action Film, der als Zeitvertreib solide seine Aufgabe erfüllt. Als Action-Highlight bleibt er nicht länger im Gedächtnis, als der Abspann dauert. Jodie Turner-Smiths Karen Greer, die wichtigste Nebenfigur, die genauso mürrisch und wortkarg ist wie Clark, bleibt zwischen den Actionszenen ein laues Lüftchen, welches die Geschichte nach einer Weile durchhängen lässt.
Jordan trifft zwar den Geist von Clancys Figur, aber ein bisschen mehr Spaß außen rum und ein bisschen mehr des „härteren“ Roman Charakters, hätten dem Film wirklich gut getan. Und vielleicht auch ein oder zwei Schach-Analogien weniger.
Wertung: 6 / 10