Am 23. Oktober startet Scott Derricksons Black Phone 2 in den deutschen Kinos – pünktlich zu Halloween und mit einem Setting, das an die besten Horrortraditionen der 80er-Jahre erinnert. Diese Zeit gilt nicht nur als Geburtsstunde ikonischer Figuren, sondern auch als Epoche, in der Isolation, Paranoia und urbane Mythen das Genre nachhaltig prägten. Filme wie The Shining, Das Ding aus einer anderen Welt und A Nightmare on Elm Street haben eine Bildsprache erschaffen, deren Nachhall noch heute im modernen Horror spürbar ist – und genau hier setzt Black Phone 2 an.
Isolation als Bühne des Schreckens
Kubrick zeigte 1980 mit The Shining, wie Isolation das Menschliche zerfrisst. Das Overlook Hotel, eingeschneit und von der Welt abgeschnitten, wurde zur Bühne für einen Horror, der weniger von Monstern als von inneren Abgründen erzählte. Jack Torrance’ Wahnsinn war ebenso beängstigend wie die endlosen Hotelkorridore, die sich in die filmische DNA eingebrannt haben. Derrickson knüpft in Black Phone 2 an diese Tradition an, wenn er seine Figuren in einer ähnlich unerbittlichen Umgebung platziert. Der Schneesturm ist dabei nicht nur Naturgewalt, sondern ein dramaturgisches Werkzeug: Er verschließt Fluchtwege, er verschärft das Gefühl des Eingeschlossen seins und macht die Bedrohung durch den Grabber umso beklemmender.
Auch John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt von 1982 ist in dieser Hinsicht ein Referenzpunkt. Die Forschungsstation in der Antarktis, von Schnee und Sturm umgeben, war ein Mikrokosmos aus Angst und Misstrauen. Der Horror kam nicht allein vom titelgebenden Alien, das jede Gestalt annehmen konnte, sondern von der Paranoia, die zwischen den Figuren wuchs. Wer ist noch Mensch, wer ist bereits „das Ding“? Black Phone 2 stellt ähnliche Fragen: Wer verliert zuerst die Kontrolle? Und wie verändert Isolation die Wahrnehmung von Gefahr?
Schon der erste Black Phone lebte von seiner Mischung aus realistischem Schrecken und übernatürlicher Dimension. Der Grabber war eine Figur, die gleichzeitig wie ein urbaner Mythos und wie eine reale Serienkiller-Bedrohung wirkte. Mit dem zweiten Teil erweitert Derrickson nun die Bühne, verlagert den Horror in ein Setting, das nicht nur an die 80er erinnert, sondern deren Essenz einfängt. Schneesturm, Abgeschiedenheit, klaustrophobische Räume – das sind die Ingredienzien, die The Shining und Das Ding zu Klassikern gemacht haben und die hier in neuer Form wiederkehren.

Von Freddy bis zum Grabber
Neben Isolation waren es auch urbane Albträume, die den 80er-Horror prägten. Wes Craven schuf mit A Nightmare on Elm Street (1984) eine Ikone des Genres: Freddy Krueger, der die Angst in das Intimste aller Räume brachten: den Schlaf. Die Idee, dass selbst das eigene Zuhause oder der Traum kein sicherer Ort mehr ist, war revolutionär. Diese Verbindung von Mythos, übernatürlicher Bedrohung und der Angst vor dem Verlust von Kontrolle ist bis heute stilprägend.
Freddy Krueger war dabei mehr als nur ein Mörder mit Klingenhandschuh, er war ein Zerrbild elterlicher Ängste, ein Symbol für verdrängte Schuld und ein Spiegel kollektiver Traumata. Dass er in der Traumwelt zuschlug, machte ihn zu einem Feind, dem man nicht entkommen konnte. Jeder musste irgendwann schlafen, und genau diese Alltäglichkeit verlieh der Figur eine beängstigende Universalität. A Nightmare on Elm Street zeigte, wie Horror nicht nur mit Blut und Effekten funktioniert, sondern durch die Durchdringung des Alltags mit existenzieller Bedrohung. Selbst der junge Johnny Depp fiel Freddys Krallenhand zum Opfer.
Hinzu kam Freddys Siegeszug durch die Popkultur. In den 80ern und 90ern wurde er zu einer Marke: Poster, Comics, MTV-Auftritte und sogar Parodien machten aus ihm einen popkulturellen Albtraum, der zugleich erschreckend und seltsam unterhaltsam war. Diese Doppelfunktion – Angstfigur und Pop-Ikone – schuf eine neue Art von Horrorlegende, die weit über das Kino hinausstrahlte. Derricksons Black Phone und nun auch die Fortsetzung knüpfen an dieses Motiv an: Ein alltägliches Setting wird von einer unheimlichen Figur durchbrochen, die zur Verkörperung tiefsitzender Ängste wird.
Wie Freddy Krueger ist auch der Grabber mehr als nur ein Bösewicht. Er ist ein Symbol für Kindheitsängste, für Unsicherheit und für das Grauen, das dort lauert, wo es am sichersten scheint. In beiden Fällen entsteht die Wucht nicht allein durch Gewalt, sondern durch das Gefühl, dass die Figuren – und mit ihnen das Publikum – einem Albtraum ausgeliefert sind, aus dem es kein Erwachen gibt.

Der Grabber als moderne Horrorikone
Dass sich Black Phone 2 so stark am Stil der 80er orientiert, ist kein Zufall. Die Rückkehr dieser Ästhetik liegt im Zeitgeist: Nostalgie trifft auf ein Bedürfnis nach Geschichten, die klar, atmosphärisch und archetypisch erzählt sind. Der Horror wird nicht in Computereffekten geboren, sondern in beklemmenden Räumen, im Gefühl der Bedrohung und in Figuren, die Albträume personifizieren.
Zugleich ist Black Phone für Derrickson ein zutiefst persönliches Projekt. In Interviews hat er offen darüber gesprochen, dass seine Kindheit in den 70er- und 80er-Jahren von Gewalt, Einschüchterung und der realen Angst vor entführten Kindern geprägt war. In einem Gespräch mit Rue Morgue sagte er, dass die „traumatischen Ereignisse seiner Kindheit“ direkt in den Film eingeflossen seien (Rue Morgue).
Gegenüber SciFiNow erinnerte er sich daran, dass „die vorherrschende Emotion seiner Kindheit Angst war“ – inklusive einer schockierenden Episode, in der ein Nachbar mitten in der Nacht berichtete, seine Mutter sei entführt worden (SciFiNow). Auch TheWrap bestätigte, dass Derrickson The Black Phone als „den persönlichsten Film“ seiner Karriere bezeichnete, nachdem er drei Jahre Therapie genutzt hatte, um diese Erlebnisse künstlerisch aufzuarbeiten (TheWrap).
Am Ende fasst Derrickson selbst den Kern von Black Phone und seiner Fortsetzung am treffendsten zusammen:
„The Black Phone is childhood trauma, my childhood trauma, a lot of it.“

Der Grabber wird so zu mehr als nur einer erfundenen Horrorfigur. Er ist eine moderne Ikone, gespeist aus realen Ängsten und Erinnerungen, die Derrickson in ein filmisches Monster verwandelt hat. Wenn Black Phone 2 nun das eingeschneite Setting betritt, verstärkt das nicht nur die Anknüpfung an die Klassiker der 80er, sondern auch die persönliche Dimension eines Regisseurs, der seine Kindheitstraumata in Albträume für die Leinwand verwandelt.
Und genau deshalb wird der 23. Oktober zu einem perfekten Termin: Black Phone 2 ist der Horrorfilm, den man in diesem Herbst im Kino erleben will – atmosphärisch dicht, voller Anspielungen auf das goldene Jahrzehnt des Horrors und wie gemacht für die dunkelste Nacht des Jahres. Halloween 2025 hat damit sein unheimliches Herzstück gefunden.
Der Grabber wartet – ab heute nur im Kino, pünktlich zu Halloween.