Genre: Western / Drama | Regie: Jane Campion | Mit: Kirsten Dunst, Jesse Plemmons, Benedict Cumberbatch, Kodi Smit-McPhee | Laufzeit: ca. 125 Minuten | Erschienen auf Netflix am 18. November 2021
Inhalt: Die beiden grundverschiedenen Brüder George (Jesse Plemons) und Phil (Benedict Cumberbatch) führen eine äußerst profitable Ranch in Montana. Als George plötzlich die Witwe Rose (Kirsten Dunst) heiratet und sie mit nach Hause bringt, beschließt der verärgerte Phil, sie und seinen Sohn Pete (Kodi Smit-McPhee) zu entfremden.
Es ist 12 Jahre her, dass die innovative Filmemacherin Jane Campion das letzte Mal einen Spielfilm veröffentlicht hat. Jetzt kehrt die Autorin und Regisseurin mit einer ähnlichen Energie zurück wie mit ihrem hochgelobten, zutiefst emotionalen Palme d’Or-Gewinner „Das Piano“. Diesmal geht es um einen Spätwestern nach dem Kultroman von Thomas Savage aus dem Jahr 1967.
Ähnlich wie „Das Piano“ fühlt sich „The Power Of The Dog“ trotz seines Schauplatzes in den 1920er Jahren wie ein zeitgenössisches Drama an und beschäftigt sich mit denselben romantischen Tabus, der Unterdrückung und den subtilen Ausdrucksformen des Begehrens, die sich durch Campions spärliches, aber äußerst lohnendes Werk ziehen.
Im Mittelpunkt des Films steht eine schmerzhafte brüderliche Beziehung: Phil (Benedict Cumberbatch), ein bissiger Rüpel, dessen Verhalten von seinen Mitarbeitern bestärkt wird, ist ständig frustriert über die Sanftheit und Gleichgültigkeit seines Bruders George (Jesse Plemons).
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Es ist eine herausfordernde Dynamik zwischen den beiden, die Cumberbatch zu einem zerknautschten Ekelpaket werden lässt. In der Rolle des Phil wechselt er nahtlos zwischen Gereiztheit – er bezeichnet den nichts ahnenden George oft als „Fatso“ – und gemeinsamer Abhängigkeit. Seine Wut ist der eigentliche Antrieb, der den Film beherrscht.
Behäbiges Tempo, starke Emotionen
Mit der Ankunft von Georges neuer Frau Rose – einer Frau, die sich aufgrund ihres Status in der Arbeiterklasse minderwertig fühlt und von Kirsten Dunst mit zerrissenen Gefühlen verkörpert wird – nimmt Phils Wut eine neue, heimtückische Form an. Die noch frische, berauschende Liebe zwischen George und seiner Gattin beginnt zu erkalten.
Doch während Campion allmählich die Oberfläche des mürrischen Ranchers freilegt, wandelt sich der Film von einem Beziehungsdrama zu einer Studie über einen verletzten Menschen. Über eine zaghafte Freundschaft mit Roses Sohn Pete (ein großartiger Kodi Smit-McPhee), einem schüchternen, schlaksigen Jungen, der die Schönheit der Natur zu schätzen weiß, fängt Phil an, sich an seine Vergangenheit zu erinnern, die eine angedeutete intime Beziehung zu seinem ehemaligen Mentor, dem verstorbenen Bronco Henry, betrifft.
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Das Tempo des Films ist sehr behäbig, und die Momente echter Dramatik werden nur spärlich eingesetzt, was sich manchmal negativ auf den Film auswirkt. Überwiegend wird die Geschichte durch die symbolische Pracht der Ranch und ihrer Umgebung getragen. Und dennoch sind die Bilder, die sie erschafft, angenehm: sonnengegerbtes Leder, muskulöse Pferderücken und die Stärke des Fells, das zu Seilen geflochten wird.
Montana ist hier Neuseeland
Kameramann Ari Wegner fängt die Landschaften von Campions Heimat Neuseeland, die zugleich als Montana dient, in klaren, atemberaubenden Details ein, während Jonny Greenwood seine Reise als unkonventioneller Komponist fortsetzt und die Erzählung mit kratzigen, gedämpften Gitarrentönen und wehmütigen Streichern untermalt.
Dabei läuft Cumberbatch zur Höchstform auf. Es ist das erste Mal, dass Campion ihr Filmemachen aus der Perspektive eines Mannes präsentiert, und mit all seinen Fehlern und seiner niederträchtigen Art ist der Schauspieler absolut beeindruckend.
Durch die Struktur des Films werden die anderen Schauspieler jedoch nicht ausreichend eingesetzt: Plemons, vielseitig und immer sehenswert, bleibt in der zweiten Hälfte des Films weitgehend im Off, während Dunst zu einem Wirrwarr voller nervlicher und alkoholischer Probleme degradiert wird.
Dennoch ist Campions kluge Herangehensweise an Erotik und Naturverbundenheit mutig genug, um diese Unzulänglichkeiten in den Schatten zu stellen. Es ist eine willkommene Rückkehr einer intuitiven und außergewöhnlichen Filmemacherin, die wie keine andere die Stimmung einer Geschichte hervorbringt.
Fazit: Auch wenn die Erzählung etwas schwammig daherkommt, bleibt Campion eine Meisterin des emotionalen Geschichtenerzählens und liefert eine aufwühlende Studie über Männlichkeit, die auf Angst beruht.
Film Bewertung 8 / 10