THE BLACK PHONE 2

Inhalt: Vier Jahre ist es her, dass der 13-jährige Finn seinen Entführer töten und ihm entkommen konnte und so zum einzigen überlebenden Opfer des berüchtigten „Greifers“ wurde. Doch tot ist nur ein Wort – und das Telefon beginnt wieder zu klingeln…

©️ Universal Pictures Germany

Zwischen Trauma und Wiederkehr

Vier Jahre nach dem Überraschungserfolg von The Black Phone kehrt Regisseur Scott Derrickson gemeinsam mit Co-Autor C. Robert Cargill in die düstere Welt des maskierten Kindermörders „Grabber“ zurück. Doch statt einfach den Schrecken des Vorgängers zu wiederholen, wagt The Black Phone 2 einen neuen Weg, als melancholischer, fast schon psychologischer Horrorfilm über Traumata, Schuld und das Überleben der eigenen Vergangenheit.

Der erste Film von 2021 war ein effektiver Schocker, der Kinder in tödliche Gefahr brachte und zugleich überraschend subtil blieb. Nun begegnen wir den Überlebenden erneut – gezeichnet von dem, was geschehen ist, und gefangen zwischen Erinnerung und Angst. Finney (Mason Thames) hat die Erlebnisse mit dem Grabber (Ethan Hawke) nie verarbeitet. Er kämpft mit Aggressionsproblemen, Rückblenden und Selbstmedikation. Ein Schatten seines Vaters (Jeremy Davies), der im Vorgänger bereits mit seinen Dämonen kämpfte. Seine Schwester Gwen (Madeleine McGraw) steht diesmal stärker im Mittelpunkt.

Sie schlafwandelt, verfolgt von Träumen über ihre verstorbene Mutter und eine unheilvolle Erinnerung an ein christliches Winterlager in den Bergen, ein Ort, an dem die Realität langsam zu bröckeln beginnt. Gemeinsam mit ihrem Freund Ernie (Miguel Mora) und dem widerwilligen Finney macht sie sich auf den Weg in die verschneite Einöde. Doch unter dem Eis wartet mehr als nur die Kälte: Der Geist des Grabbers ist wieder da, körperlos, aber allgegenwärtig.

Der Schnee, das Schweigen, die beklemmende Isolation. Derrickson inszeniert die Umgebung als klaustrophobische Bühne für verdrängte Ängste. In einer stillgelegten Telefonzelle am See findet der Horror seine neue Form. Stilistisch bewegt sich The Black Phone 2 näher an einem psychologischen Thriller als an einem klassischen Slasher. Die Bedrohung kommt diesmal weniger aus dem Off, sondern aus dem Inneren der Figuren.

THE BLACK PHONE 2
© Universal Pictures Germany

Die Rückkehr des 80er-Horrors

Gwen wird von Visionen heimgesucht, die sich in stark gekörnten Bildern entfalten, eine visuelle Brücke zwischen Traum und Realität, zwischen Glauben und Wahn. Doch genau hier liegt auch die Schwäche des Films: Während der erste Teil von seiner rohen Unmittelbarkeit lebte, bleibt die Fortsetzung distanzierter. Der „Moment-zu-Moment“-Terror, der The Black Phone so packend machte, weicht einer langsam lodernden, melancholischen Spannung.

Die physischen Gefahren treten in den Hintergrund, weil Finney und Gwen diesmal nicht allein sind. Eine kleine Gemeinschaft steht ihnen bei – und das nimmt dem Film etwas von der gnadenlosen Ausweglosigkeit des Originals. Spürbar ist dagegen Derricksons Faszination für das goldene Jahrzehnt des Horrors. The Black Phone 2 zitiert seine filmischen Ahnen mit Feingefühl und Respekt: von Freitag der 13. bis A Nightmare on Elm Street.

Das abgelegene Wintercamp, die verschneiten Wälder und die bedrohlich stillen Räume verströmen die gleiche eisige Einsamkeit, die Stanley Kubricks The Shining einst zum Synonym für psychologischen Horror machte. Wie Jack Torrance im Overlook Hotel, verliert sich auch Gwen in den Hallen ihrer eigenen Wahrnehmung – gefangen in einer Spirale aus Isolation, Angst und innerem Zerfall. Die Schneelandschaft wird so zum Spiegel der Seele, der Horror liegt weniger in äußeren Monstern als in den stillen Schatten des eigenen Geistes.

Der Geist des Grabbers

Derrickson nutzt diese ikonischen Versatzstücke nicht nur als Referenzen, sondern als emotionale Brücke: Sein Film fragt, warum die Monster unserer Kindheit nie ganz verschwinden. Sie verwandeln sich, nehmen neue Formen an, aber sie leben in uns weiter. The Black Phone 2 fügt sich somit nahtlos in das aktuelle 80er-Jahre-Revival des modernen Horrors ein, als elegante, atmosphärische Hommage an die Ära, die Albträume in Kunst verwandelte. Leider verliert der Film diesen starken Fokus im letzten Akt, wenn er sich konventionelleren Genre-Elementen zuwendet.

Dazu gehören bekannte Schreckmomente und finale Rettungsszenarien ( wenngleich die Szene auf dem Eis eindrucksvoll gefilmt ist). Was bleibt, ist ein gelungener Film, der es wagt, anders zu sein; introspektiver, verletzlicher, aber auch weniger eindringlich. The Black Phone 2 ist keine klassische Horrorfortsetzung, sondern ein melancholischer Abgesang auf die Angst.

Fazit: Scott Derrickson erzählt von den Nachwirkungen des Grauens, vom Versuch, die eigene Vergangenheit zu überleben und verliert dabei ein wenig an Horror, aber nicht an Atmosphäre. So ist es zwar weniger angsteinflößend als sein Vorgänger, dafür emotional reifer und handwerklich gekonnt inszeniert. Ein kühl durchdachter Albtraum über Traumata, Erinnerung und das unsterbliche Erbe des 80er-Jahre Horrors.

Film Bewertung 7 / 10