Ein Rückblick auf James Camerons Sequel-Meisterwerk zum 30-jährigen Jubiläum
Als Dennis Muren, Gene Warren Jr, Stan Winston und Robert Skotak auf die Bühne hüpften, um den Oscar für die besten visuellen Effekte für Terminator 2 entgegenzunehmen, war es keine Überraschung, dass Muren, der Visual Effects Supervisor bei ILM, ein wenig breiter grinste als die anderen drei.
Mit insgesamt dreieinhalb Minuten Filmmaterial hatte sein Team eine taktische Atombombe auf das Geschäft mit den Spezialeffekten geworfen und das Regelwerk mit dem formbaren Antagonisten des Films neu geschrieben. Das Gesicht des T-1000 war der Startschuss für tausend Schiffe, eine Million Aliens und einen Park voller Dinosaurier – und das war erst der Anfang.
Murens gestaltwandelnde Zauberei löste eine Flut von Nachahmern aus, von Star Trek bis Michael Jackson, die sich an den ILM Morphing-Zug hängten. Auch wenn der Schweizer-Taschenmesser-Feind aus Terminator 2 zum Poster Boy für CGI wurde, verdankte er seine Existenz einem tropfenden Tentakel im 1989’er Unterwasser-Film The Abyss.
Ohne Abyss keine Terminator-2-Innovation
Die „Pseudopod“-Sequenz in Camerons vorherigem Film hatte neun Monate benötigt, war 75 Sekunden lang und bewies, dass die Technologie die fiebrige Fantasie des Filmemachers fast eingeholt hatte. Es war, wie Tom Sherak ( US-amerikanischer Filmproduzent. Er war von 2009 bis 2012 Präsident der Academy of Motion Picture Arts and Sciences) -einmal beklagte, als wäre das ganze Wasserdebakel nur ein Testlauf für Terminator 2 gewesen.
Doch Cameron begnügte sich nicht damit, den Erfolg einer ganzen Produktion auf eine experimentelle, weitgehend unerprobte Technologie zu setzen. Er musste auch einer schwierigen Produktionsfirma (Hemdale) und einer Ex-Frau (Gale Anne Hurd) die Rechte abtrotzen und Carolco davon überzeugen, jeweils 5 Millionen Dollar auszugeben. Mit einem Budget von rund 100 Millionen Dollar wirkt Terminator 2 im Vergleich zu den heutigen geldverschlingenden Produktionen fast bescheiden.
Tatsächlich würde Cameron selbst mit True Lies mehr Geld in die Hand nehmen, mit Titanic das Doppelte und bei Avatar die Hälfte davon für Catering ausgeben. Aber damals, 1991, war T2 mit den 15-fachen Kosten von The Terminator der teuerste Film aller Zeiten. Wenn die CGI auf Camerons Abyss zurückgeht, dann war die Geschichte, die er und sein Co-Autor William Wisher sich ausdachten, ganz Aliens.
Wie seine Fortsetzung von Ridley Scotts Film, ist T2 sowohl eine Evolution als auch eine Fortsetzung. In diesem Fall ein Verfolgungsfilm im großen Stil; mit höheren Einsätzen, einer schwerwiegenderen Bedrohung und dem einfachsten Wunsch (am Leben bleiben), der durch einen weitaus größeren ersetzt wurde (die Welt retten). Das Herzstück war ein einziger Geniestreich: Der Terminator, der Cyborg, der weder Mitleid noch Reue kennt, der absolut nicht aufhören würde, bis man tot ist, sollte der Held werden.
Die wahre Entdeckung war Robert Patrick
Arnold-als-Retter war die Geheimwaffe des Films: eine effiziente, unaufhaltsame Tötungsmaschine – mit einem Herz. Aber während der Blechmann entdeckt, wie man liebt, ist Dorothy (um beim Oz-Vergleich zu bleiben) damit beschäftigt, eine M16 zu zerlegen. Linda Hamiltons Sarah Connor erobert in T2 als Camel-rauchende, stahläugige Soldatin die Leinwand mit einer Muskulatur, die fast so beeindruckend ist wie die von Schwarzenegger. Man fühlt sich unwillkürlich an Ripleys Wandel vom Opfer zur Rächerin erinnert.
Während die Maschine die Mumie spielt, ist es Sarah, die in schwarzer Uniform und dunkler Brille die Rolle des mechanischen Killers übernimmt, ohne jedes Mitgefühl. Der dreizehnjährige Edward Furlong (der direkt aus einem Jugendclub in Pasadena gecastet wurde) gibt eine rohe, ungeschliffene Performance als junger John Connor und verleiht dem Retter der Menschheit einen Realismus, den Cameron in den Reihen der Kinderdarsteller, die er getestet hatte, nicht gefunden hatte. Die wahre Entdeckung war jedoch der zweiunddreißigjährige Robert Patrick, der damals in seinem Auto lebte und nur einen Auftritt in Stirb Langsam 2 in seinem Lebenslauf vorzuweisen hatte.
Millionen von Dollar und unzählige Stunden (eine 15-Sekunden-Effektaufnahme benötigte zehn Tage in einer Render-Abteilung der frühen Neunziger) wären umsonst gewesen ohne einen angemessen bedrohlichen T-1000. Camerons „Porsche“ gegen den „Panzer“ des T-800: Patrick bot eine schlanke, athletische Figur, mit viel Kraft und tödlicher Agilität. Nirgendwo wird der Unterschied zwischen den beiden Modellen deutlicher als in dem Moment, in dem Patrick dem flüchtenden Auto der Helden hinterher sprintet und wie ein aufgemotzter, mörderischer Gepard auf das davonfahrende Fahrzeug zuspringt.
Daumen hoch für ein fulminantes Finale im Stil eines Western Klassikers
Patricks Auftritt ist genauso erschreckend wie der von Schwarzenegger und macht mit seiner unberechenbaren Bedrohung wett, was ihm an Körpergewicht fehlt. Wenn die beiden zum ersten Mal aufeinandertreffen und Schwarzenegger mit dem Kopf voran durch eine Glasscheibe kracht, haben wir keine Probleme, zu glauben, dass der große Kerl ernsthaft überfordert ist.
In einer Welt, in der CG-lastige Action-Sequels die Kinokassen dominieren, schafft es Terminator 2 immer noch, mit Kopf und Metallschultern über allen CGi-Dingen zu schweben. Camerons eindringliche Regie und das flotte Drehbuch geben der zweieinhalbstündigen Laufzeit das Gefühl eines Films, der nur halb so lang ist. Die rasante Verfolgungsjagd durch die Kanäle (inklusive wirbelnder, abgesägter Winchester) wäre in jedem anderen Film ein befriedigender Höhepunkt, hier ist sie nur der Appetitanreger.
Ein meisterhaft angespannter Gefängnisausbruch und die anschließende Flucht vergehen wie im Flug, und einen blutenden Joe Morton später sind wir mitten im Cyberdyne-Angriff. Ein fröhlicher Schwarzenegger lässt mit der Minigun aus Predator die Hölle auf das LAPD niederregnen, bevor er einen Granatwerfer zückt und schließlich das gesamte Gebäude in Flammen aufgehen lässt.
Es ist ein Pyrogasmus mit gut investiertem Budget, und selbst das ist nur die Vorbereitung auf das große Finale. Diese letzten dreißig Minuten mit ihrer Verfolgungsjagd auf der Autobahn, dem Tanker-Crash und dem Showdown im Stahlwerk sind so schnell und furios wie kein dritter Akt zuvor oder danach. Es sind die Früchte eines einzigen, heroischen Drehbuchsprints von Cameron.
Aber bei all seinem rasanten Tempo und dem Vollgas-Thrill ist Terminator 2 ein Film, der das Herz ebenso anspricht wie er es belastet. Der Film und sein Protagonist haben etwas gemeinsam: Beide stecken voller genialer Technik, doch am Ende geht es um die Emotionen. In den letzten Momenten löst Terminator 2 das Versprechen ein, das Cameron Schwarzenegger zu Beginn der Produktion gab: „Wir werden das Publikum dazu bringen, um dich zu weinen – den größten, kältesten, miesesten Maschinen-Bösewicht der Geschichte.“
Während eine schwermütige Sarah Connor den Terminator in geschmolzenen Stahl senkt und Brad Fiedels eindringlicher Synthesizer die Grabrede hält, bleiben wir so tränenüberströmt zurück wie der Junge, den er verlässt – und können uns gerade noch so zusammenreißen, bis der hochgereckte Daumen erscheint.
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