„Never Have I Ever“ | Netflix Serien – Kritik:
von Ilija Glavas
„Never I Have Ever“ ist ein überraschend erfrischender Coming – of – Age Coup. Die neue Netflix Serie, verführt mit einer Episoden Länge von knapp 30 Minuten zum Binge – watching. Viele werden diese Klischee brechende Komödie des Erwachsen-werden im Handumdrehen abfrühstücken. Es gibt nicht viele Teenager-Dramen, in denen der-oder die- Hauptprotagonist/in betet. Aber andererseits ist „Never Have I Ever“, das Produkt der Sitcom-Kennerin Mindy Kaling, kein durchschnittliches Teenager-Drama.
Wünsche treffen auf Sehnsucht
So beginnt die Serie mit einem Wunsch – Gebet. „Hey Götter, es ist Devi Vishwakumar, euer Lieblings-Hindu-Mädchen im San-Fernando-Valley, what’s poppin‘?“, sagt Devi Vishwakumar. Sie ist eine indisch-amerikanische High – School-Schülerin der ersten Generation. „Ich denke, wir sind uns alle einig, dass das letzte Jahr aus verschiedenen Gründen scheiße war, also habe ich mir überlegt, wie ihr das wieder gut machen könntet“.
Die Abmachung? Devi zu einer Party mit Alkohol und harten Drogen einladen lassen (damit sie sie ablehnen kann). Ihr beim Ausdünnen der Armbehaarung helfen und dafür zu sorgen, dass sie einen „heißen“Typen zum Freund (Zitat: „Er kann dumm sein, das ist mir egal“) findet. Damit erfüllen sich im Grunde alle üblichen Träume einer Teenager-Romcom-Hauptrolle.
Netflix‘ jüngste Coming-of-Age-Queen, die von Kaling und Lang Fisher (The Mindy Project, Brooklyn Nine-Nine) mitgestaltet wurde, ist eine erfolgreiche, egozentrische Zehntklässlerin, die unbedingt zur „It-Gruppe“ gehören möchte. Sie sehnt sich nach einem Freund und setzt ihren Charme bei Schwarm Paxton Hall-Yoshida (Darren Barnet) ein. Dieser ist Mitglied des Schwimmteams der Schule.
Unterstützt wird sie dabei von ihren beiden Freundinnen. Die Robotik-Expertin Fabiola (Lee Rodriguez) und der Drama-Club-Präsidentin Eleanor (Ramona Young), die sich nur ungern in Devis immer haarsträubendere Pläne einmischt. Klingt nach Klischee? Wenn da nicht diese brillant versteckte Tiefe und kleine charakterliche Überraschungen aufwarten würden.
Mehr Tiefe als die Erzählweise vermuten lässt
Oberflächlich betrachtet handelt es sich hier um eine weitere schnulzige Netflix-Serie, die sich an junge Mädchen richtet – aber die sentimentale Oberflächenschicht wird weggewaschen, und es gibt eine ergreifende Geschichte über Familiendramen und gemeinsame Schmerzbewältigung zu erzählen.
Vor acht Monaten starb Devis Vater Mohan (Sendhil Ramamurthy) während ihres Schulkonzerts plötzlich an einem Herzinfarkt. Kurz darauf war Devi auf unerklärliche Weise, für drei Monate, von der Hüfte abwärts gelähmt und unfähig zu gehen. Mit Beginn des neuen Schuljahres kann Devi ihre Beine wieder bewegen und ist entschlossen, ihren nerdigen Ruf zu verlieren. Aber trotz Sitzungen mit ihrer Therapeutin Dr. Ryan (Niecy Nash) hat sie es noch nicht geschafft, ihr Gefühlschaos zu verarbeiten.
Begleitet auf ihrem Weg, wird Devi von ihrer Mutter (Poorna Jagannathan). Deren strenger Erziehungsstil erzeugt eine komplexe Dynamik zwischen den beiden. Und von ihrer älteren Cousine Kamala (Richa Shukla), die sich damit auseinandersetzt, ob sie eine arrangierte Ehe will – und wenn ja, ob sie ihren amerikanischen Freund verlassen soll. Die Mutter-Tochter-Bindung zwischen Devi und Nalini ist angespannt, da beide versuchen, dem Schmerz, den sie erleben, einen Sinn zu geben. Aber während der hitzigen Auseinandersetzungen des Duos wünscht man den beiden, dass sie sich wieder versöhnen.
Spiel, Satz und Sieg für John McEnroe
Das was diese Serie weit mehr als ihr klischeehaftes Format ausmacht, ist die Erzählung der Story. Diese serviert der legendäre Tennisspieler John McEnroe in einer herausragenden Art und Weise. Seine Kommentare sind ein Highlight der Serie. Auch wenn in einer Episode ein anderer ( Bekannter Schauspieler) als Erzähler übernimmt. Diese Idee bleibt bis zum Ende witzig.
Ganz gleich ob McEnroe die häufigen, pubertären Wutausbrüche von Devi auf lustige Weise mit seinen früheren beim Tennis vergleicht, oder Aspekte der Kultur, wie das indische Fest Ganesh Puja, detailliert darstellt. McEnroe (von Kaling für den Job handverlesen) trägt zu der Show bei, die sehr viel Charme hat. Es ist ein Zeichen von extremer Kreativität, McEnroe zu casten, aber es sind gerade diese unkonventionellen Wendungen, die „Never Have I Ever Ever“ zu einem solchen Spaß machen.
Die Showrunner Kaling und Fisher bedienen sich bei dieser augenzwinkernden Erforschung des Traumas vieler Genre-Typen, aber dank des schrägen Drehbuchs und der verrückten Charaktere ist das Ergebnis eine scharfe, nachdenkliche Komödie, die man wahrscheinlich in einer Sitzung durch ziehen wird.
Fazit: John McEnroe erzählt Mindy Kaling’s urkomisches Netflix-Teenager-Drama aus dem Off. Dies trägt die Serie in ihrer Form mit viel Humor, Querverweisen und Hommagen. Dabei wirkt das komische nie lächerlich. Selbst die schwierigen Themen, wie die arrangierte Hochzeiten und Familientradition, die für westliche Maßstäbe nicht immer klar nachvollziehbar sind, werden mit dem nötigem Respekt erzählt.
Und wer am Ende, nicht doch ein kleines Tränchen im Augenwinkel hat, sollte sich bei Devis Therapeutin melden.
Wertung: 7.5 / 10
10 – Meisterwerk – 8-9 sehr gut – 6-7 gut – 5 Ziel erreicht – 3-4 grad noch wach geblieben – 1-2 Geldverschwendung – 0 Geld zurück verlangen
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