Film: Nackte Tiere
Regie: Melanie Waelde
Im Kino ab: 17. September
Länge: 87 min
FSK: 12
Filmkritik:
von Nicola Scholz
Nackte Tiere: Katja eckt überall an, laut Sascha ist sie keine richtige Frau, deshalb darf man sich mit ihr schlagen. Schöller will trotzdem Sex mit ihr obwohl er mit Laila zusammen ist. Und Benni muss man vor sich selbst schützen, dieser will nicht mehr zur Schule gehen und sitzt depressiv den ganzen Tag bei sich in der Wohnung. Alle haben sie Probleme mit ihren Eltern, weshalb sie oft die Zuflucht bei Benni suchen, welche alleine wohnt. Doch vor einer Sache können sie nicht fliehen: Ihrer Zukunft. Wer es trotzdem versucht der läuft gegen eine Wand. Wut, Ratlosigkeit und Ratlosigkeit bringen die Vier zwar immer wieder zusammen, lassen sie sich aber auch voneinander abstoßen.
Das neue alte beliebte Format 4:3 wird auch von Waelde auf ihren Abschlussfilm und gleichzeitig ihr Langfilmdebüt angewendet. Wo es noch zu der Enge passen mag, welche die vier Hauptfiguren spüren, so lässt spätestens die wackelige Handkamera das Format als Fehlentscheidung enttarnen. Denn in diesem sehr engen Format auch noch aus der Hand zu drehen und dabei in keinster Weise zu stabilisieren, lässt das Bild viel auf und ab und hin und her wanken und gibt uns teilweise das Gefühl auf einem Schiff zu sein, was sich als zu nicht allzu positiv entpuppt für alle nicht so Seefesten.
Der Film schwächelt nicht nur an seiner Struktur
Aber auch darüber hinaus schwächelt der Film stark in seiner Gesamtstruktur. Während man bei üblichen Langfilmen nach spätestens 10 Minuten weiß wer seine Hauptfiguren sind und was sie antreibt, wird das hier erst recht spät deutlich. Zunächst springen wir heillos hin und her zwischen verschiedenen Szenen und Situationen und man bekommt das Gefühl das Waelde selber nicht wusste wie und in welcher Reihenfolge sie was erzählen will. Wir werden als Zuschauer ziemlich im Stich gelassen und ratlos in irgendwelche Handlungsstränge katapultiert ohne zu wissen was dort passiert.
Charaktere sind nicht realistisch gestrickt, tun Dinge im Verlauf der Handlung welche nicht zum Charakter passen bzw. zu dem Charakter, welchen wir als Zuschauer auf der Leinwand gesehen haben bis zu diesem Moment. Es werden Namen in den Raum geworfen ohne zu erklären welche Person dahinter steckt und inwiefern sie wichtig für unsere Hauptfiguren ist.
Es tauchen auch so immer wieder Personen auf über die nichts erzählt wird, wo der Zuschauer sich selber zusammen reimen soll, wieso diese Person nun auf der Leinwand aufgetaucht ist, in welchem Zusammenhang sie mit unseren vier Hauptcharakteren steht und warum sie wichtig für die Handlung ist. Wenn man dann gerade verstanden hat das es um vier Jugendliche geht welche kurz vor dem Abitur stehen und mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben, ohne das wir ihre Vorgeschichte kennen oder jemals erfahren, dann ist der Film schon am nächsten kritischen Punkt angekommen.
Viele Kurzgeschichten ergeben noch lange keinen Film
Man hat das Gefühl eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten zu sehen, kurze Sequenzen, welche an irgendeinem Tag zu irgendeiner Zeit spielen, ein roter Faden scheint nicht wichtig zu sein. Und wenn der Film sich nicht noch mehr verlieren kann, dann kommt eine wie aus dem Lehrbuch geschriebene Szene daher.
Schreiende Müder, Lächelnde Gesichter, Feuerwerk, rennen übers leere Maisfeld, Winteratem in der Luft. Bilder die das Kino schon X-Mal gesehen hat. Leider teilweise nicht mal glaubhaft gespielt, was nicht einmal die Schuld der Schauspieler ist, denn die Texte hören sich an, wie aus einem Roman.
Bei Nackte Tiere wirken Dialoge auswendig gelernt, wie auf der Theaterbühne präsentiert. Ein schwacher Erstlingsfilm der schon mit dem Titel Probleme hat, denn so wirklich deutlich wird nicht wieso der Film so heißt, aber das passt zum restlichen Werk.
Ein holpriger Versuch der leider nicht funktioniert.
Meine Meinung: 2/10
Weitere Berlinale 2020 Filmkritiken: HIER
Berlinale 2020 Infos zum Film: HIER