Inhalt: Kraven the Hunter ist eine schonungslose Story darüber, wie und warum einer der ikonischsten Marvel-Schurken entstanden ist. Aaron Taylor-Johnson spielt die Hauptrolle des titelgebenden Charakters in diesem nicht jugendfreien Film, der vor seinem berüchtigten Rachefeldzug gegen Spider-Man angesiedelt ist.
Die fadenscheinige Herkunftsgeschichte
In der Welt der Comicverfilmungen scheint das kreative Pulver manchmal bereits verschossen zu sein. Das trifft leider auch auf „Kraven The Hunter“ zu, der neuesten Adaption eines Marvel-Charakters. Ursprünglich 1964 von Stan Lee und Steve Ditko als Spider-Man-Antagonist erschaffen, gehört Kraven zu den Sinister Six, einer legendären Superschurken-Bande.
Regisseur J.C. Chandor präsentiert den Film jedoch als eine dürftig erzählte und absurde Selbstjustiz-Story, die Kraven zum Tierflüsterer mit Superkräften macht. Ein „Doctor Dolittle“ auf Rachemission, der sich animalische Fähigkeiten zunutze macht. Klingt kurios? Ist es auch. Kraven, alias Sergei Kravinoff (gespielt von Levi Miller als Kind), erlebt in seiner Kindheit ein traumatisches Ereignis: Sein Vater Nikolai (Russell Crowe), ein russischer Gangsterboss, nimmt ihn auf eine Safari, um den Verlust seiner Mutter zu verarbeiten.
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Dort wird Sergei von einem Löwen attackiert. Anstatt zu sterben, rettet ihn die mysteriöse Calypso Ezili (Ariana DeBose), die ihm mit einem Voodoo-Trank übernatürliche Fähigkeiten verleiht – inklusive der animalischen Instinkte eines „Apex Predators“. Ein stark verbessertes Gehör, ein scharfer Geruchssinn und immense Kraft sind fortan seine Waffen. Wir spulen etwas vor: Sergei (jetzt gespielt von Aaron Taylor-Johnson) lebt isoliert in der Wildnis und arbeitet eine Liste von Schurken ab, die er aus Rache und Gerechtigkeit ausschalten möchte.
Eine To-Do-Liste voller Verbrechen bringt ihn in Kontakt mit Calypso, nun erwachsen, seinem Bruder (Fred Hechinger), und einem Attentäter namens The Foreigner (Christopher Abbott), der hypnotische Fähigkeiten besitzt. Gleichzeitig taucht der Söldner Aleksei Sytsevich (Alessandro Nivola) auf, der die Haut eines Nashorns annehmen kann – „The Rhino“, ein weiterer Spider-Man-Bösewicht, dessen bizarre Kräfte durch Nivolas überzeichneten russischen Akzent nur noch absurder wirken.
Die Besetzung – Potenzial ohne Tiefgang
Regisseur J.C. Chandor, bekannt für ernstere Werke wie „All Is Lost“ oder „A Most Violent Year“, verliert hier völlig den Fokus. Themen wie Naturgewalt, familiäre Machtkämpfe und moralisches Dilemma, die Chandor sonst meisterhaft inszeniert, verpuffen in „Kraven The Hunter“. Der Film schwankt zwischen brutal inszenierter Action und unpassenden Comic-Elementen, ohne jemals eine konsistente Tonalität zu finden. Die wenigen Highlights? Die gnadenlos brutale Action, die sich angenehm von den meisten Marvel-Filmen abhebt, und einige kreative Set-Pieces wie eine Verfolgungsjagd durch London oder ein Überfall auf ein abgelegene Bergfestung.
Allerdings wirkt vieles unbeholfen und unfertig – gerade im Drehbuch. Aaron Taylor-Johnson, der Kraven verkörpert, liefert zwar körperlich eine beeindruckende Performance ab, scheitert jedoch an der flachen Charakterzeichnung. Sein Kraven bleibt eindimensional und bekommt nie genug Tiefe, um emotional zu fesseln. Ariana DeBose wirkt als Calypso völlig verloren, während Fred Hechinger als Sergeis Bruder Fredo wenigstens etwas Charisma einbringt.
Russell Crowe hat wieder einmal Spaß : Er spielt den skrupellosen Vater Nikolai mit einer Mischung aus bedrohlicher Arroganz, sarkastischer Lockerheit und einer Vorliebe für die Musik von Tony Bennett. Seine übertriebene Darstellung und seine sich wiederholenden Dialogzeilen über Schwäche, Männlichkeit und Macht lassen den Zuschauer zumindest mit den Augen rollen.
„Kraven The Hunter“ will zu viel und erreicht zu wenig. Die Story, die als Charakterdrama oder düsterer Thriller hätte funktionieren können, wirkt unausgegoren und chaotisch. Nebenfiguren verschwinden in der Bedeutungslosigkeit, und die Antagonisten sind kaum der Rede wert. Während die Kampfszenen einigermaßen überzeugen, bleibt der Rest des Films blass.
Ein müder Versuch, ein Franchise zu etablieren
Die Marvel-Welt ist voll von ikonischen Figuren, doch „Kraven The Hunter“ verpasst die Gelegenheit, seinem Protagonisten gerecht zu werden. Statt eines fesselnden Antiheldenfilms erleben wir eine uninspirierte, lahme Origin-Story, die weder emotional berührt noch erzählerisch überzeugt. Chandor liefert einen Film ab, der wie ein Relikt vergangener Comic-Adaptionen wirkt und den Zuschauer letztlich ratlos zurücklässt. Die brutalen Actionmomente retten den Film nur bedingt. Für Fans von düsteren Comic-Thrillern bleibt die Hoffnung auf bessere Zeiten.
Zum Leidwesen aller Beteiligten ist allerdings unwahrscheinlich, dass Chandors Film ein dauerhaftes Franchise etablieren wird, und Kraven wird sich wohl einen neuen Job suchen müssen. Vielleicht „Kraven, der Hotel-Tester“? Oder vielleicht „Kraven The Influencer“? Diese Titel würden sich gut auf Social Media machen.
Fazit: Ein weiterer misslungener Versuch, ein neues Marvel-Franchise zu etablieren. Abgesehen von gelegentlichen Ausschmückungen ist Kraven The Hunter schlaffe, müde, uninteressante Superheldenkost.
Film Bewertung 4 / 10