HYSTERIA

Mit HYSTERIA präsentiert Mehmet Akif Büyükatalay (Oray) ein adrenalingetriebenes Werk, das sich nicht nur als intensiver Thriller, sondern auch als kluge Metareflexion über die Macht der Bilder und die Dynamik von Projektion und kollektiver Hysterie entpuppt. Subtil spielt der Regisseur mit dem Motiv des Film-im-Film und entfaltet ein dichtes, nervenaufreibendes Szenario, in dem Wahrnehmung und Wahrheit zunehmend verschwimmen.

Zwischen Filmset, Realität und eskalierender Hysterie

Im Mittelpunkt steht die junge Praktikantin Elif (Devrim Lingnau), die beim Dreh eines Films über den rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen ihre Chance nutzen will, im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Regisseur Yigit (Serkan Kaya) und seine Produzentin und Lebensgefährtin Lilith (Nicolette Krebitz) haben für die Dreharbeiten Bewohner eines nahegelegenen Geflüchteten Heims als Komparsen engagiert, um Authentizität zu erzeugen. Doch ein Fund sorgt für Unruhe: Ein verbrannter Koran taucht nach einem emotionalen Drehtag auf und stürzt die Komparsen in Verwirrung und Misstrauen.

Als Elif, ohnehin überlastet, das analoge Filmmaterial zu Yigit und Lilith bringen soll, verliert sie den Wohnungsschlüssel. Aus Angst, ihr Missgeschick zuzugeben, sucht sie über einen Aushang Hilfe und verrät einem vermeintlichen Finder die Adresse. Die Nacht bringt neue Bedrohungen: In ihrer Verunsicherung bittet Elif den Komparsen Said (Mehdi Meskar), bei ihr zu bleiben. Am nächsten Morgen ist das Filmmaterial verschwunden – und die Situation eskaliert. Misstrauen, Verdächtigungen und unausgesprochene Konflikte schlagen in offene Konfrontationen um, politische und religiöse Differenzen prallen aufeinander.

© filmfaust

Ein Film als Spiegel gesellschaftlicher Bruchlinien

Mit präzisem Gespür für Atmosphäre, Dynamik und Eskalation entwirft Büyükatalay ein intensives Kammerspiel, das weit über seinen Plot hinausweist. HYSTERIA ist nicht nur ein Thriller über einen Diebstahl, sondern eine Reflexion darüber, wie Wahrnehmung manipuliert, Vertrauen erschüttert und gesellschaftliche Gräben sichtbar werden.

Hauptdarstellerin Devrim Lingnau, die 2025 bei der Berlinale als European Shooting Star ausgezeichnet wurde, überzeugt in der Rolle der zwischen Überforderung und Selbstbehauptung taumelnden Elif. An ihrer Seite sorgen Nicolette Krebitz, Serkan Kaya und Mehdi Meskar für starke Akzente in einem Ensemble, das die Konflikte ebenso vielschichtig wie schmerzhaft greifbar macht.