Film: Hope (original: Håp)
Regie: Maria Sødahl
Kinostart unbekannt
Länge: 125 min
FSK: unbekannt
Filmkritik:
von Nicola Scholz
„Dann musst du nur einmal im Jahr an mich denken und ein Feuerwerk bekommst du noch dazu.“
Hope:
Anja die letztes Weihnachten im Krankenhaus verbracht hat, freut sich auf das anstehende Weihnachtsfest mit ihrer Familie. Sie kommt gerade von einer erfolgreichen Tour mit ihrem Stück zurück, die Kritiker feiern sie, als sie Kopfschmerzen und ein trüber Blick zum Arzt lenken.
Dieser schlägt so kurz vor Weihnachten ein MRT vor, dieses zeigt, das sich der Krebs aus der inzwischen wieder geheilten Lunge, in das Gehirn ausgebreitet haben. Diese Art Tumor ist unheilbar und ihre Lebenszeit könnte vielleicht durch eine mögliche Operation verlängert werden. Doch die wichtigen Ärzte sind über die Feiertage fort und so muss Anja sich mit einem Medikament, welches die Schwellung zurückdrängen soll, abfinden.
Sie will außer ihrem Mann der Familie nichts davon erzählen. Es soll ein fröhliches Fest werden. Doch als die Schmerzen schlimmer werden und das Medikament für rastlose Nächte sorgt, macht sie sich Gedanken wie sie es ihren Kindern beibringen kann. Und plötzlich steht so viel mehr im Mittelpunkt ihre Gedanken. Sie hinterfragt ihre Entscheidungen im Leben und ihre Beziehung zu ihrem Mann. Nach so vielen Jahren Ehe, bringen ein paar Tage sie nun auf ganz andere Art und Weise wieder näher.
Das eigene Schicksal als Film voller Liebe
Maria Sødahl betrachtet ihr eigenes Schicksal. Die Filmemacherin bekam dieselbe Diagnose gestellt, vor drei Jahren hatte der Tod jedoch seine Party abgeblasen, wie sie im Interview erzählt. Doch statt direkt wieder an die Arbeit gehen zu können, beschäftigte sie ihre eigene Geschichte zu sehr.
Aber es ist keine Geschichte über eine Diagnose, eine Krankheit und die Folgen dieser, es geht viel mehr um eine Liebe, welche erst in dem Moment, in dem Anja glaubt den Kampf verloren zu haben, wieder erwacht und zueinander findet.
Dabei steht der Tumor natürlich trotzdem wie ein bleischweres Gewicht im Zentrum der Handlung oder schwebt wie das Damoklesschwert über den Hauptfiguren. Dennoch findet Sødahl einen Weg ebenfalls die Fragen einer langwierigen Beziehung aufzugreifen: In jenen Momenten wo Anja ich fragt, wieso sie keinen anderen Weg eingeschlagen hat. Verzweifelt versucht sie etwas zu entfachen wo vielleicht nichts mehr ist, um die Hoffnung – Hope, die auf der einen Seite verloren gegangen ist, auf einer anderen Seite wieder zu finden.
Sie klammert sich an das, was ihr bleibt und sieht dabei nicht das was sie
hat. Der ganze Film umfasst nur wenige Tage, vom Tag der Diagnose, kurz vor Weihnachten bis zum Tag ihrer vielleicht rettenden Operation, kurz nach Silvester. Vieles davon ist aus Sødahls Leben gegriffen. Hat sie doch tatsächlich Silvester Geburtstag und ihren Hochzeitstag. Stellan Skarsgård spielt den Ehemann in dieser tragischen Geschichte.
Er kennt Sødahl schon länger, hat mir ihrem Ehemann, der ebenfalls Filmemacher ist, schon häufiger zusammen gearbeitet. Einer der Gründe weshalb er sagte, er könne nicht ihren Ehemann spielen sondern würde seine eigene Figur aus dem Charakter machen.
Ein magischer Film mit offenem Ende
Und das gelingt im auf fantastische Art und Weise. Das Zusammenspiel zwischen ihm und Andrea Bræin Hovig, welche Anja spielt, ist so fein und so nuanciert, man hat selten ein stärkeres Band auf der Leinwand gesehen. Die Momente in denen Skarsgård sich verletzlich zeigt gehen so tief unter die Haut, das man ebenfalls die Luft anhalten muss. Wir taumeln durch die Tage, wie Anja.
Die eiskalten Nachrichten der Ärzte schlagen auf wie kleine Feuerwerkskörper, die kargen tristen Krankenzimmer erscheinen leblos und wie ein Todesschicksal, die Frage wie lange man noch zu leben hat wird immer wieder von Stille begleitet. Es zerreißt einem förmlich die Nerven. Und dennoch verliert der Film nicht den Humor, welchen er nutzt um noch einen Schuss mehr Realität aufzubauen. Es ist schon fast wie ein sehr kitschiger Filmmoment als Anja vorschlägt Silvester zu heiraten.
Würde man nicht wissen, dass Anja niemand geringeres als Sødahl selbst ist, so wäre der Augenblick nur halb so magisch – wie er am Ende ist. Hope ist ein rundum gelungenes Werk, dessen Ende eigentlich vieles offen lässt. Wüsste man nicht, dass die Figur auf der Leinwand gerade selbst dieses Werk von Film vollbracht hätte.
Meine Meinung: 9/10
Nicola Scholz betreibt den Blog Wortzauber und schreibt Rezensionen für Kinomeister. Sie ist leidenschaftlicher Filmfan und hat bereits bei zwei Kurzfilmen Regie geführt. Nicola ist regelmäßiger Gast bei der Berlinale.
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