Inhalt: Kelly-Anne (Juliette Gariépy) kampiert jede Nacht vor dem Gerichtsgebäude, um sich einen Platz bei dem Prozess gegen Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos) zu sichern, einem Serienmörder, von dem sie besessen ist. Im Laufe der Tage freundet sich die junge Frau mit einem anderen Groupie (Laurie Babin) an, was sie für einen Moment aus ihrer Einsamkeit befreit. Doch je länger sich der Prozess hinzieht und je mehr Zeit sie im Gerichtssaal mit den Familien der Opfer verbringt, fällt es Kelly-Anne zunehmend schwerer, ihr psychologisches Gleichgewicht zu halten und ihrer morbiden Fixierung auf den Mörder zu entkommen.
Kelly-Anne als Spiegel unserer Obsessionen
Pascal Plantes neuer Tech-Thriller „Red Rooms“ nimmt sich einem Thema an, das tief in der menschlichen Natur verankert ist: die morbide Faszination für das Böse. Statt die Besessenheit der Hauptfigur Kelly-Anne (gespielt von Juliette Gariépy) für einen Serienmörder zu rationalisieren, bleibt der Film bewusst neutral.
So zeigt sich „Red Rooms“ als Werk, das seine Zuschauer dazu zwingt, selbst über die Ursachen dieser düsteren Anziehungskraft nachzudenken. In „Red Rooms“ besucht Kelly-Anne jeden Morgen den Prozess des mutmaßlichen Serienmörders Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos). Ihre Motivation bleibt mysteriös, und sie scheint sogar eine gewisse sexuelle Erregung aus der Begegnung mit Ludovics Blick zu ziehen.
Anders als viele ähnliche Thriller verzichtet Plante darauf, Kelly-Annes Beweggründe zu erklären. Stattdessen überlässt er die Interpretation den Zuschauern und schafft so eine beklemmende Atmosphäre, die an die berühmte Lisbeth Salander erinnert – allerdings ohne moralischen Kompass.
Ein herausforderndes Finale
Kelly-Anne, eine Hackerin und Einzelgängerin, lebt isoliert und verdient ihr Geld als Model und Online-Poker-Spielerin. In einer sterilen Wohnung recherchiert sie den Fall Ludovic über das Dark Web. Regisseur Plante zeigt mit technischen Raffinessen, wie sie an geheime Informationen kommt und dabei selbst auf gefährliche Weise Grenzen überschreitet.
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Gariépys subtile Darstellung fängt die Verwirrung und Besessenheit von Kelly-Anne ein und ermöglicht es dem Zuschauer, seine eigenen Gedanken über die Schattenseiten der menschlichen Natur zu projizieren. Der Film verwendet eine trostlose, kalte Farbpalette und eine von Dominique Plante komponierte Musik mit dröhnenden Gitarren und einem Schlagzeug, die hervorragend zu den emotionslosen Szenen im Gerichtssaal und bei der Überwachungsarbeit passt.
Die Kamera schwenkt dabei mechanisch durch den Gerichtssaal und zeigt die gefühlskalte, objektive Seite der Verhandlung, während die schockierenden Details über Ludovics „rote Räume“ – virtuelle Dark Web Folterkammern – enthüllt werden.
Ein provokanter Blick in den Abgrund
Pascal Plante (Nadia, Butterfly) inszeniert dies geschmackvoll und überlässt den Horror den Gedanken der Zuschauer, anstatt explizite Gewaltdarstellungen zu nutzen. Das letzte Drittel des Films bringt den Zuschauer an die Grenze der emotionalen Belastbarkeit.
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„Red Rooms“ ist eine unangenehme Konfrontation mit der menschlichen Grausamkeit und fordert die Komfortzone des Publikums heraus, wobei der intensive Stil und das Schauspiel von Juliette Gariépy (La Maison Des Folles I&II) das Publikum bis an den seelisch-moralischen Abgrund führen. Während die letzten zehn Minuten eine geringfügig andere Richtung einschlagen, bleiben die zuvor aufgeworfenen Fragen bestehen und verleihen dem Film eine beklemmende Nachwirkung.
Fazit: „Red Rooms“ ist kein konventioneller Tech-Thriller, es ist kein klassischer Gerichtsfilm und auch kein Serienkiller Drama nach Schema F, sondern ein provokatives Werk, das den Zuschauer herausfordert, die eigenen moralischen Grenzen zu hinterfragen. Indem er Kelly-Annes Faszination für das Böse erbarmungslos unter die Lupe nimmt, schafft Plante ein packendes Filmerlebnis, das den Zuschauer noch lange nach dem Abspann beschäftigen wird.
Film Bewertung 8 / 10