Italienischer Film bei Netflix Der Unbarmherzige. Eine Mafia Erzählung über Santo Russo.

Erscheinungsdatum: 8. April 2019 (Ersterscheinung)

Regie: Renato De Maria

Laufzeit: ca. 111 min.

Drehbuch: Renato De Maria, Valentina Strada, Federico Gnesini

Filmkritik:

von Ilija Glavas

Eine beliebige Spur der Gewalt

Story:

Der junge Santo Russo aus Kalabrien, ist noch Teenager als er in einem Vorort von Mailand endet, nachdem sein Vater bei der ‚Ndrangheta in Ungnade gefallen ist. Hier versucht er sich anzupassen, lernt das lokale Vokabular und beginnt, nach einem unberechtigten Gefängnisaufenthalt, seinen Weg in die Kriminalität zu finden. Die Dinge laufen gut für ihn. So gut, dass er sich als Unternehmer neu erfindet, der offensichtlich alle Hände voll zu tun hat mit schmutzigen Geschäften.

Der Unbarmherzige
Santo Russo (Riccardo Scamarcio) hat Spaß mit schönen Frauen „Der Unbarmherzige“
© Netflix

Die goldenen Jahre der ‚Ndrangheta

Santo betritt die Szene, während er vom Balkon seiner Luxuswohnung aus die Reflexionen der Sonne auf der „Madonnina“ des Mailänder Doms betrachtet. Breitbeinig und im Morgenmantel, um sein Gemächt und seine Unterwäsche als ironische und blasphemische Gegenüberstellung der heiligen Statue zu präsentieren, in welcher er vor allem Gold und Reichtum sieht.

Ein Ziel, für das Santo bereit ist, eine blutige Spur voller Gewalt zu ziehen. Ab sofort geht es um Drogenhandel, Raub, Entführung, Geldwäsche und Auftragsmorde. Santo will seine goldene Statue in Form von sozialer Anerkennung, einer Familie und einer leidenschaftlichen Geliebten.

Die Entwicklung der Kriminalität in Mailand von den 60er bis zu den 90er Jahren, wird über dubiose Bau- und Drogengeschäfte und durch die Lebensgeschichte eines Chamäleon-gleichen und ehrgeizigen Süd-Städters erzählt. Nichts Neues unter der Mafia-Sonne. Die Interpretationen, die Inszenierung und der Erzähl-Rhythmus funktionieren nur bis zu einem gewissen Grad.

Interessante Charaktere – fatale Erzählstruktur

De Maria bevölkert seinen Film mit ziemlich komischen Charakteren. Da wäre zum einen der stämmige Gangster mit dem Spitznamen „Slim“ auch wenn er nie dünn war und zum anderen, sein schnurrbärtigen Partner, der Kaugummi kaut. Die Dynamik dieses kriminellen Trios belebt den ersten Teil des Films, den zugleich besseren.

Mit der Nostalgie und den Zitaten des Polizisten spielend, erkundet Regisseur Renato De Maria nicht nur Mailand, sondern auch die lombardische Provinz „Lomellina“ mit einem Raubüberfall in „Mede“. Und katapultiert seinen bunten Haufen damit in eine triste Umgebung, die Reichtum und Luxus noch nicht kennt. Wir kommen so zum zweiten Part des Films, wo die Erzählung episodisch und schwungvoller zu werden scheint.

Wenn die Raubüberfälle und Entführungen sowie die Morde vorüber sind, versucht „Der Unbarmherzige“ durch die Anhäufung verschiedener Situationen das Tempo zu halten, verliert aber an Zusammenhang und deckt eine der interessantesten Passagen der Geschichte mit einer seltsamen Ellipsen-artigen Erzählung ab.

Der Unbarmherzige

Eine Spannungsarme Angelegenheit

Santo, der im Gefängnis landete, kommt ohne einen Cent heraus. Im Handumdrehen kommt er mit ein paar gestohlenen Autos zu dem Kapital, das er in ein Bauprojekt investieren kann. Kurzum: der Übergang von der Straßenkriminalität zur Wirtschaftskriminalität wird als zu selbstverständlich angesehen.

Die Story springt fast ohne Kontinuität von Situation zu Situation, wodurch der Protagonist, wie in einer Waschmaschine mit Schleudergang wirkt. Es wirkt alles sehr haltlos, unkoordiniert. Und wir befinden uns an einem Punkt des Films, wo wir uns fragen, was man bisher eigentlich gesehen hat.

Der Unbarmherzige wirkt wie ein natürliches Ventil für die Arbeit, die der Regisseur in dem Dokumentarfilm „Italian Gangsters“ geleistet hat, der dem italienischen Verbrechen der letzten dreißig Jahre gewidmet ist. Das wird dem Zuschauer nicht als Erklärung genügen und seinen Film unbarmherzig vergessen.

Fazit: Es ist unbestritten, dass De Maria das Metier perfekt beherrscht. Es ist nur schade, dass das Drehbuch nach einem aufregenden Anfang seinen Drive verliert und der Zuschauer am Ende dadurch den Kürzeren zieht. Man ist etwas verwirrt, was man denn nun gesehen hat.

Es hilft der Story nicht, dass sie auf wahren Begebenheiten beruht und blutig ist. Dafür ist der Film zu Spannungsarm erzählt. So wird der „Der Unbarmherzige“ beliebig, ohne groß in Erinnerung zu bleiben.

Wertung: 6 / 10

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