Inhalt: Millionärssohn Christian lernt die Studentin Sigrid über eine Dating-App kennen. Nach einem kurzen Austausch über die App verabreden sich die beiden direkt. Als Sigrid am nächsten Morgen nach einem gelungenen Abend in Christians Bett aufwacht, wartet ein Mann im Hundekostüm auf sie. Während Sigrid zunächst verstört ist, versucht Christian ihr zu erklären, dass er Frank, der Person im Hundekostüm, nur helfen will.
Sigrid setzt sich mit dem Thema auseinander und erkennt in Christian einen aufopferungsvollen Freund. Immerhin ist er bereit, Franks Meister zu spielen. Die drei fahren gemeinsam in den Urlaub. Doch dort erkennt Sigrid sehr schnell, dass ihre erste Einschätzung zu Christian vielleicht etwas voreilig war.
Film Kritik
Im Alter von 26 Jahren ist der Regisseur Viljar Bøe bereits einer der aufregendsten Nachwuchsregisseure aus dem norwegischen Raum. Er hat etwas geschafft, wovon viele Filmstudenten in seinem Alter träumen: einen eigenen Film ins Kino zu bringen. Und das mit einem einfachen Konzept und recht rudimentären Mitteln. Seine Familie hat ihn unter anderem bei der Suche nach den Drehorten unterstützt.
Aber auch wenn das Bühnenbild wie aus einem Ikea-Katalog zusammengesetzt aussieht und die teuren Häuser, die eigentlich geplant waren, dadurch nicht so protzig wirken, steht hier die Handlung im Vordergrund. Und das wiederum ist ein spannendes Gedankenexperiment. Was wäre, wenn der Mann, den Sie gerade kennengelernt haben, einen Hund zu Hause hat, und dieser sich als Mensch in einem Kostüm entpuppt?
Und dieser Hund sowie sein Kostüm sorgen für den einen oder anderen gruseligen Moment. In der ersten Hälfte des Films sehen wir weder, wer in dem Kostüm steckt, noch spricht der betreffende Mensch. Nach und nach gelingt es dem Film sogar, so etwas wie ein natürliches Verständnis dafür zu schaffen. Wir nehmen den hechelnden und wimmernden Hund tatsächlich als solchen wahr und vergessen die Absurdität dahinter.
Ein studentischer Look mit starker Handlung im Vordergrund
Bøe zeigt, dass man kein großes Budget braucht, um erfrischende Ideen ins Kino zu bringen. Der Höhepunkt des Ganzen liegt in dem zunehmend absurden Spiel und seinen Darstellern, die auch das schlichte Set-Design vergessen lassen. Was hier aber vielleicht etwas durchdachter hätte sein können, ist die Kamera. Sie verstärkt den Studentenlook des Ganzen, ebenso wie das Set und die einfache Beleuchtung.
Man merkt, dass hinter all den Einstellungen noch junge Menschen stecken. Die Kamera steht oft einfach auf einem Stativ, um die Handlung durchgehend zu zeigen. Eine Übung, wie man sie aus Studentenfilmen kennt. Die Schnitte sind weniger dynamisch, als sie sein sollten, und die helle Beleuchtung bei fast allen Einstellungen verdeutlicht die Einfachheit hinter dem Film umso mehr.
Berlinale 2024 „The Stranger`s Case“
Durch die sehr strahlend hell beleuchteten Räume kommt nur selten ein echtes Horrorgefühl auf und es bleibt bei den wenigen Aufnahmen der Hundemaske, die durch einen Türspalt schaut, um uns den Schrecken des Spiels bewusst zu machen. Auch die Schauspieler wirken leider wie Jungtalente, welche ihre Rollen nicht immer so ausfüllen können, wie es für einen solchen Film nötig gewesen wäre. Das könnte aber auch an der unzureichenden Regie liegen.
So ist die Hauptfigur am Anfang proaktiv und am Ende für einige Momente sehr passiv, bevor sie wieder aus ihrem Schneckenhaus gekrochen kommt. Aber zum Glück belastet das den Film nicht so sehr. Manchmal bekommt man das Gefühl, Fifty Shades of Grey zu sehen, nur mit einem „Hund“ statt einem „Spielzimmer“. Bøe gibt zu, dass er sich unter anderem von diesem Film hat inspirieren lassen.
Interessante Wendung welche am Ende über die Schwächen hinwegtröstet
Vielleicht heißt seine Hauptfigur deshalb Christian und ist Millionär. Das Hundekostüm, das ebenso schlicht gehalten ist wie der Rest, wirkt dafür umso mehr. Bøe hätte gerne noch länger damit experimentieren können. Die Auflösung, wer im Kostüm steckt, hätte man noch länger hinauszögern können. Die Stimme der unbekannten Person hätte die Spannung noch erhöhen können.
Zum Glück findet Bøe am Ende eine wirklich interessante Wendung, die den Film abrundet und über die eine oder andere Schwäche oder Verfehlung schmunzeln lässt. Immerhin ist der Film nicht vorhersehbar und man hat als Zuschauer das Gefühl, dass jederzeit alles möglich ist. So gelingt es dem Film immer wieder, den Zuschauer bei der Stange zu halten. Die Psychothriller-Ebene ist überzeugend umgesetzt.
Obwohl der Film am Anfang etwas schleppend ist und die Szenen mit dem besten Freund wie unnötige Platzhalter wirken, hätte er das Gedankenspiel am Ende mehr ausreizen können. Eine professionelle Filmumsetzung hingegen hätten vor allem die technischen Aspekte gut getan. Allerdings wäre dann auch nicht mehr aus der Handlung herauszuholen gewesen.
Fazit: Insgesamt merkt man dem Film an, dass hier junge Köpfe am Werk sind, die vielleicht noch nicht immer alles genau durchdacht haben und mit dem Budget sparsam umgehen wollten. Dennoch ist hier etwas gelungen, was selbst millionenschweren Blockbustern nicht immer gelingt: etwas Neues und Spannendes zu erzählen, von dem man vielleicht gerne mehr sehen möchte.
Film Bewertung 6 / 10