Misel maticevic auf einem Stuhl vor einer Holztür. Das Filmplakat zu Exile.

Film: Exile
Regie: Visar Morina
Im Kino ab: 4. Juni
Länge: 121 min
FSK: 12


Filmkritik:

von Nicola Scholz


Exile: Xhafer arbeitet schon seit zwei Jahren in der selben Firma. Plötzlich jedoch erreichen ihn Emails nicht mehr und tote Ratten hängen an seinem Gartenzaun. Auch so scheinen seine Kollegen ihm gegenüber feindlicher eingestimmt zu sein. Als sich die Vorfälle häufen will er Klarheit schaffen, aber das scheint gar nicht so einfach. Seine Frau blockt ab und rät ihm die Sache zu vergessen, sein Chef begreift das Ausmaß nicht und wundert sich wieso das nun auch erst zwei Jahre nachdem er seine Stelle angetreten ist, beginnen sollte.

Zudem hat Xhafer nichts festes gegen irgendjemanden in der Hand. Nur Urs scheint ihm Aufrichtig aus dem Weg zu gehen. Als dann noch der Kinderwagen vor Xhafers Haus brennt und die Polizei ihn nicht ernst nimmt, will er selber dem Täter auf die Schliche kommen.

Exile ist ein beklemmender Psycho Trip.
© Berlinale 2020 – Sandra Hüller – „Exile“

Dabei stellt sich Xhafer bald selber die Frage wie viel Einbildung ist und was tatsächlich statt findet. Mobbing am Arbeitsplatz gepaart mit der Vermutung das es gegen die Hauptfigur geht, weil sie Ausländer ist. Das sind zwei wichtige und große Themenfelder welche in Morinas Film angesprochen werden. Der sommerliche, beklemmende Look, verstärkt durch verschwitzte Gesichter und T-Shirts, enge Gänge und Räume im Büro und ebenfalls einer gewissen Enge bei Xhafer zu Hause, machen den Film zu einem sehr an den eigenen Nerven reißendem Film. Dadurch, das der Film aus der Sicht Xhafers erzählt wird, schlüpft man in seinen Part und bekommt somit Hautnah zu spüren – was es heißt Opfer von Mobbing zu werden.

Düstere Stimmung und eine starke Handlung

Die düstere Gesamtstimmung wird zudem noch verstärkt durch Musik, welche sich immer wieder aufbaut um dann abrupt abzubrechen. Der Musikalische Teil des Films ist tatsächlich auch der einzige Kritikpunkt am Gesamtwerk, denn die Musik nimmt in einigen Szenen fast schon einen zu großen Anteil an der emotionalen Stimmung des Zuschauers und damit auch viel Vorweg bzw. gibt dem Zuschauer viel vor wie er sich zu fühlen habe. Aber das hat der Film gar nicht nötig, denn die beklemmende und düstere Stimmung wird schon über die wahnsinnig gute Handlung erzählt und über die grandiose schauspielerische Leistung.

Es sind auch die kleinen Momente, wie wenn Xhafer einer Figur
nachrennt und immer wieder ihren Namen ruft und diese Person nicht reagiert oder wenn Xhafer als einziges immer wieder nach seinem Namen und dessen Herkunft gefragt wird. Minimale Einkerbungen in
seinem Alltag die ihn dazu bringen zu hinterfragen was sich plötzlich verändert hat.

Ein perfides Spiel mit der Psyche

Dazu kommen die Probleme in seiner Ehe, ein hergebracht mit seiner Arbeitssituation und auch die Zwietracht zwischen ihm und seiner Schwiegermutter.

Immer mehr bekommt man das Gefühl in einem Psycho Triller zu stecken, denn mit der Psyche wird auf jeden Fall gespielt. Doch der Film hat noch viel mehr Parat und weißt an den richtigen Stellen, geniale Schachzüge auf. Immer mehr verrennen wir und in unserem eignen Denken über Gut und Böse, richtig oder falsch.

Wie tragisch Mobbing am Arbeitsplatz sein kann und das ganze Ausmaß dessen wird in seiner ganzen Schrecklichkeit erzählt und dabei bleibt der Film so simpel und einfach. Exile weiß ohne große Gesten seinem Zuschauer genau das zu erzählen, was er zu erzählen hat. Teilweise wirkt der Film wie ein Kammerspiel, so beengt fühlt sich das Ganze Thema an. Großartige Leistung ob im Bild oder in der Geschichte und wie sie erzählt wird.


Meine Meinung: 9,5/10

Weitere Berlinale 2020 Filmkritiken: HIER

Berlinale 2020 Infos zum Film: HIER